Keine Entspannung der Finanzlage in Ostthüringer Unternehmen

IHK-Umfrage zeigt: Eigenkapitalrückgänge, Liquiditätsengpässe und Dokumentationspflichten sind größte Belastungsfaktoren

Etwa die Hälfte der Ostthüringer Unternehmen (54,6 Prozent) bezeichnet ihre Finanzlage im Frühjahr 2023 als unproblematisch. Umgekehrt belasten finanzielle Sorgen fast jedes zweite Unternehmen. Dabei berichten 27,0 (Vorjahr 31,9) Prozent der Unternehmen von Eigenkapitalrückgang und fast jedes fünfte Unternehmen klagt über Liquiditätsengpässe. Das zeigt eine aktuelle Befragung der IHK Ostthüringen zu Gera, an der sich 352 Unternehmen aus der Region beteiligt haben.
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Bemerkbar macht sich das deutlich gestiegene Zinsniveau. Nach Jahren einfacheren Zugangs zu Fremdkapital und vergleichsweise niedriger Zinsen wird Fremdkapitalfinanzierung wieder schwieriger. Betriebe, die bereits in der Corona-Pandemie vermehrt Fremdkapital aufgenommen haben, müssen nun steigende Kosten beispielsweise mit mehr Betriebsmittelkrediten auffangen. Die Zinswende spiegelt sich auch in den Aspekten wider, die die Finanzierung beeinträchtigen. So ist zum einen die Zahl der Unternehmen gesunken, die keine Beeinträchtigung wahrnehmen von 76,9 Prozent auf 66,4 Prozent. Gleichzeitig geben 18,9 Prozent (Vorjahr - 5,7 Prozent) der Befragten die Zinshöhe als erschwerenden Faktor an.
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Der Bedarf an Fremdkapital steigt indes auch wegen des Eigenkapitalrückgangs der letzten zwei Jahre. Betriebe haben einen höheren Verschuldungsgrad als in der Vergangenheit und bekommen die verschärften Kreditvergaberichtlinien der Banken sowie steigende Zinsen zu spüren. So berichten mit 9,5 Prozent der Befragten dreimal so viele Unternehmen von einer höheren Fremdkapitalbelastung als im Vorjahr. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim generellen Zugang zum Fremdkapital, den 11,3 Prozent der Unternehmen als „erschwert“ bezeichnen (Vorjahr - 4,7 Prozent).
Deutlich zugenommen haben auch die mit Finanzierungsmaßnahmen verbundenen Dokumentationspflichten - Stichworte Lieferkettengesetz und EU-CSR-Richtlinie - die von 11,4 Prozent (Vorjahr - 2,2 Prozent) der Unternehmen als zusätzliche Belastung wahrgenommen werden.
Als Begleiterscheinung der schleppenden Konjunktur melden zudem 7,7 Prozent der Unternehmen zunehmende Forderungsausfälle. 2,8 Prozent zu 1,6 Prozent im Vorjahr der Unternehmen sehen sich von einer Insolvenz bedroht.

Auch bei den Branchen zeigen sich Unterschiede:

So ist die Finanzierungslage in der Industrie und bei den Dienstleistern weiterhin am stabilsten und 62,0 Prozent (Vorjahr 55,3) bzw. 61,0 Prozent (Vorjahr 67,1) der Unternehmen bewerten ihre Finanzlage als unproblematisch. Im Verkehrsgewerbe liegt dieser Wert dagegen nur 30,0 Prozent (Vorjahr 12,5), im Handel bei 37,5 Prozent (Vorjahr 52,3) und im Gastgewerbe bei 37,8 Prozent (Vorjahr 30,8).
Bei den Faktoren, die die Finanzierung beeinträchtigen, dominiert in fast allen Branchen die Zinshöhe, die etwa von 55,6 Prozent der Verkehrsunternehmen und 29,7 Prozent der Händler genannt wird. Im Gastgewerbe und in der Bauwirtschaft werden die zunehmenden Dokumentationspflichten von 30,8 bzw. 22,2 Prozent der Unternehmen als wesentlich beeinträchtigender Faktor angegeben.
„Für die nächsten Monate ist keine spürbare Entspannung der Finanzlage zu erwarten. Vielmehr müssen Unternehmen infolge des anhaltenden Preisdrucks bei Energie, Rohstoffen und Vorleistungsgütern sowie den gestiegenen Arbeitskosten weiter mit einer hohen Kostenlast rechnen“, prognostiziert Almut Weinert, Leiterin des Geschäftsbereichs Wirtschaft und Technologie.
07.06.2023, ba