Unternehmereigenschaft eines Aufsichtsrats

Die Frage der Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern ist seit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Jahr 2019 großen Unsicherheiten ausgesetzt und eine Einordnung als selbständige Tätigkeit von verschiedenen Faktoren abhängig. Nun hat das Finanzgericht Köln mit dem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 15.11.2023 (Az.: 9 K 1068/22) in diesem Zusammenhang entschieden, dass auch eine sitzungsabhängige Vergütung als variable Vergütung, nicht zwangsläufig zur Unternehmereigenschaft eines Aufsichtsratsvorsitzenden führt.

Aufsichtsrat erhält sitzungsabhängige Vergütung

Im zugrundeliegenden Streitfall war der Kläger in den Jahren 2015-2020 Aufsichtsratsvorsitzender verschiedener Gesellschaften einer Unternehmensgruppe. Hierfür erhielt er eine durch Hauptversammlungsbeschlüsse geregelte Vergütung. Diese beinhaltete Zahlungen pro Sitzungstag und den Ersatz von Reisekosten. Die Sitzungen sollten ausweislich der jeweiligen Satzungen nach Bedarf, mindestens jedoch einmal pro Halbjahr, stattfinden bzw. auf Antrag. Darüber hinaus schlossen die Gesellschaften eine D&O-Versicherung zugunsten des Klägers ab. Der Kläger behandelte die Vergütung nach damaliger Ansicht nächst als umsatzsteuerpflichtig. Im Oktober 2020 beantragte er dann mit Hinweis auf die neuere Rechtsprechung die Änderung seiner Umsatzsteuerfestsetzungen wegen fehlender Unternehmereigenschaft. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, es handele sich um eine variable und keine unabhängige Festvergütung. Damit sei die Unternehmereigenschaft gegeben.

Kein unternehmerisches Risiko bei sitzungsabhängiger Vergütung

Die Richter gaben dem Kläger recht. So könne nach Auffassung der Richter nicht von der Zahlung einer sitzungsabhängigen Vergütung auf das für die Unternehmereigenschaft erforderliche wirtschaftliche Risiko eines Aufsichtsrats geschlossen werden. Dies gelte besonders, da sich die Vergütung als gesetzlich vorgesehenes Organ der Gesellschaft nach der Geschäftsordnung richte und der Kläger in seiner Funktion nicht im eigenen Namen und nicht in eigener Verantwortung, sondern für die Gesellschaft tätig werde. Hinzu kommt nach Ansicht der Richter, dass auch kein wirtschaftliches Risiko aufgrund der für den Kläger abgeschlossenen D&O-Versicherung ersichtlich sei.

Enge Grenzen für Unternehmereigenschaft eines Aufsichtsrats

Das Urteil zeigt, dass zwischenzeitlich hohe Anforderungen an eine Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern gestellt werden. Bisher wurde generell eine variable Vergütung als ausreichend erachtet.
IHK-Tipp
Unternehmer sollten aktuell das bestehende Vergütungsmodell prüfen. Stellt die variable Vergütung ausschließlich auf die Anzahl der Sitzungstermine ab, reicht dies nicht zur Begründung der Unternehmerschaft. Notwendig wäre eine Anpassung des Vergütungsmodells unter Berücksichtigung des Unternehmenserfolgs, beispielsweise des Gewinns. Hierdurch wird ein unternehmerisches Risiko des Aufsichtsrats und damit die Unternehmereigenschaft gestützt.

Stand: 5. Juni 2024