Kein Beweiswert der AU?

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) hatte zu entscheiden, was ein Arbeitnehmer vortragen muss, um seine Erkrankung nachzuweisen, wenn der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) in Frage steht ist.

Erschütterung der AU

Arbeitnehmer weisen Ihre Arbeitsunfähigkeit durch eine Bescheinigung nach, die sie von ihrem behandelnden Arzt erhalten. Im Normalfall reicht diese Bescheinigung aus, um die Erkrankung nachzuweisen. Haben Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, können sie die AU infrage stellen. Dazu müssen Sie aber konkrete Umstände darlegen und auch beweisen (können), die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben. Außerdem ist der Beweiswert einer AU regelmäßig dann erschüttert, wenn der Arbeitnehmer sie zeitgleich mit seiner Kündigung oder auf die Arbeitgeberkündigung hin einreicht und die AU genau den Zeitraum der Kündigungsfrist abdeckt.

Ausgangsfall

Im vorliegenden Fall wollte der Arbeitgeber, ein Wursthersteller, seinem Arbeitnehmer, einem Fleischer, das Entgelt nicht fortzahlen. Denn der Arbeitnehmer war bereits seit Oktober 2022 mehrfach arbeitsunfähig erkrankt. Am 9. Dezember 2022, dem letzten Tag der Krankschreibung, kündigte der Arbeitnehmer fristgemäß zum 15. Januar 2023. Nachdem er die Kündigung am Montag übergeben hatte, war er ab Dienstag wieder krankgeschrieben. Sein Arzt schrieb ihn zunächst bis 6. Januar 2023 krank und verlängerte die Krankschreibung am 2. Januar 2023 bis zum 16. Januar 2023. Die Krankschreibung erfolgte wegen einer Anpassungsstörung. Der Arzt verschrieb ihm Antidepressiva und überwies ihn an einen Psychiater. Der Arbeitnehmer nahm weder die Medikamente noch machte er einen Termin beim Psychiater.

Entscheidung des Gerichts

Das LAG wies die Klage auf die Entgeltfortzahlung ab, da es eine Erkrankung des Arbeitnehmers als nicht erwiesen ansah. Das Gericht nahm an, dass der AU aufgrund der zeitlichen Übereinstimmung mit der Kündigungsfrist kein Beweiswert zukomme. Die vom Arbeitnehmer vorgelegte AU zusammen mit der pauschal behaupteten Anpassungsstörung könne die Arbeitsunfähigkeit nicht beweisen. Dass der Arbeitnehmer weder die Medikamente eingenommen noch einen Facharzttermin ausgemacht habe, weckten zudem Zweifel an einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.

Was müssen Arbeitnehmer nun vortragen

Das Gericht erteilte zudem Hinweise, was Arbeitnehmer vorbringen müssen, um eine Arbeitsunfähigkeit zu beweisen: Arbeitnehmer müssen konkrete Anhaltspunkte für eine Erkrankung darlegen und beweisen. Dabei muss er zu den ärztlichen Diagnosen erklären, welche gesundheitlichen Einschränkungen er hat und wie diese sich auf die Arbeitsfähigkeit in Bezug auf seinen Arbeitsplatz auswirken. Dabei reicht allerdings eine laienhafte Darstellung aus.

Stand: 10. Juli 2024