Kündigung in Kleinbetrieben

In Unternehmen, in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, kann grundsätzlich jedem Arbeitnehmer jederzeit gekündigt werden. Allerdings sind auch hier einige Regelungen zu beachten.

Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes

Das Kündigungsschutzgesetz ist nur dann anwendbar, wenn mehr als 10 Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt werden (§ 23 KSchG). Entscheidend für die Feststellung dieses betrieblichen Schwellenwertes ist also die Anzahl der Arbeitnehmer, die in der Regel im Betrieb beschäftigt werden.
Dabei werden Auszubildende nicht mitgezählt. Teilzeitbeschäftigung wird bei nicht mehr als 20 Arbeitsstunden pro Woche mit einem Zählwert von 0,5, bei nicht mehr als 30 Arbeitsstunden pro Woche mit 0,75 berücksichtigt.
Allerdings gilt für bereits vor dem 1. April 2004 im Betrieb Beschäftigte ein Bestandsschutz. Das bedeutet, dass Beschäftigte, die bereits 2003 in einem Betrieb mit mehr als 5 Mitarbeitern beschäftigt waren, ihren alten Kündigungsschutz solange behalten, wie mehr als fünf dieser „Alt-Arbeitnehmer” im Betrieb verbleiben.
Bei der Abgrenzung von Arbeitnehmern gegenüber solchen, die der neuen Regelung zum Kündigungsschutz unterliegen, ist ausschlaggebend, wann der Arbeitnehmer seine Arbeit aufgenommen hat. Auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses kommt es also nicht an.
Beispiel: Im Betrieb wurden vor dem 1. Januar 2004 sechs Arbeitnehmer beschäftigt. Nach dem 1. Januar 2004 wurden vier weitere Arbeitnehmer eingestellt, zwei davon sind jedoch teilzeitbeschäftigt mit jeweils 20 Arbeitsstunden pro Woche. Damit werden im Betrieb acht Arbeitnehmer voll beschäftigt, zwei Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt. Da die Teilzeitbeschäftigten jeweils mit 0,5 berücksichtigt werden müssen, arbeiten im Betrieb nun also regelmäßig 9 Arbeitnehmer. Kündigungsschutz genießen allerdings nur die sechs Alt-Arbeitnehmer, denn für sie besteht ein Bestandsschutz. Die vier Neu-Arbeitnehmer hingegen unterliegen nicht dem Kündigungsschutz, denn der betriebliche Schwellenwert von mehr als 10 Arbeitnehmern wurde nicht erreicht. Später kündigt Alt-Arbeitnehmer A, Alt-Arbeitnehmer B geht in Rente und ein weiterer Arbeitnehmer N wird neu eingestellt. Durch das Ausscheiden der beiden Alt-Arbeitnehmer A und B sinkt der Bestand der Alt-Arbeitnehmer auf vier. Damit besteht auch für die anderen im Betrieb verbleibenden Alt-Arbeitnehmer kein Kündigungsschutz mehr. Dass Arbeitnehmer N eingestellt wurde, um Alt-Arbeitnehmer B zu ersetzen, ändert daran nichts. Er wurde nach dem 1. Januar 2004 eingestellt und genießt damit keinen Bestandsschutz. Insgesamt verbleiben acht Arbeitnehmer im Betrieb, die alle keinen Kündigungsschutz (mehr) genießen.
Im Betrieb eingesetzte Leiharbeitnehmer sind bei der Bestimmung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG mitzuzählen, soweit mit ihnen ein regelmäßiger Beschäftigungsbedarf abgedeckt wird (BAG, Urt. v. 24.01.13 - 2 AZR 140/12).

Grenzen der Kündigungsmöglichkeit in Kleinbetrieben

Grundsätzlich kann zwar ein Arbeitsverhältnis im Kleinbetrieb von beiden Seiten unter Beachtung der Kündigungsfristen jederzeit wirksam gekündigt werden. Jedoch sind dabei folgende Grenzen zu beachten:
  • Verbot treuwidriger Kündigung: Die Kündigung darf nicht auf willkürlichen oder sachfremden Motiven beruhen. Beispielsweise kann das bei Kündigungen, die einen Arbeitnehmer wegen Geschlecht, Abstammung, ethnischer Herkunft oder Religion diskriminieren oder aber bei Kündigungen, die in ehrverletzender Form oder zur Unzeit vorgenommen werden, der Fall sein.
  • Verstoß gegen die guten Sitten: Die Kündigung darf nicht sittenwidrig sein. Beispielsweise sind verwerfliche Motive wie Rachsucht oder aber eine Kündigung wegen einer durch den Arbeitgeber selbst herbeigeführten Krankheit sittenwidrig.
  • „Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme”: Die betriebsbedingte Kündigung erfordert nach Ansicht des Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21.02.2001, Az. 2 AZR 15/ 00) ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme. Eine Kündigung eines erheblich schutzwürdigeren Arbeitnehmers vor der eines weniger schutzwürdigeren Arbeitnehmers ist ohne ein berechtigtes (betriebliches, persönliches oder sonstiges) Interesse nicht zulässig. Allerdings kommt bei der Abwägung dieser Gründe der unternehmerischen Freiheit gegenüber der sozialen Rücksichtnahme ein erhebliches Gewicht zu. Praktisch bleibt damit die betriebsbedingte Kündigung auch schutzwürdigerer Arbeitnehmer zulässig, so lange der Arbeitgeber ein sachbezogenes Motiv für die Auswahl gerade dieses Arbeitnehmers anführen kann. Beispielsweise ist die Kündigung eines 50-jährigen Familienvaters, der schon über 20 Jahre im Unternehmen arbeitet vor der Kündigung eines 30-jährigen Ledigen ohne ein berechtigtes Interesse (z. B. deutlich bessere Ausbildung und höherer Wissensstand des 30-jährigen) nicht zulässig. Zu beachten ist also, dass nach diesen Grundsätzen möglicherweise auch das Vorangehen einer Abmahnung, selbst wenn sie nicht gesetzlich vorgegeben ist, empfehlenswert oder sogar erforderlich sein kann. Der im Kleinbetrieb bestehende Kündigungsschutz muss jedoch immer schwächer als der des Kündigungsschutzgesetzes sein.

Sonderkündigungsschutz

Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gilt ein besonderer Kündigungsschutz. So ist bei der Kündigung von schwangeren Mitarbeiterinnen und Schwerbehinderten eine Genehmigung der zuständigen Behörde einzuholen. Ohne eine solche Genehmigung besteht ein absolutes Kündigungsverbot. Diese Genehmigungen werden nur in besonderen Ausnahmefällen erteilt. Mitarbeitern, die sich in der Ausbildung oder in der Elternzeit befinden, kann nicht ordentlich gekündigt werden. Dieser besondere Schutz gilt auch im Kleinbetrieb.

Kündigungsfristen

Bestehen keine besonderen vertraglich oder tariflich festgesetzten Kündigungsfristen, greifen die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB für die ordentliche Kündigung. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (z. B. schwere Beleidigung des Arbeitgebers, Verweigerung der Arbeit, eigenmächtiger Urlaubsantritt) kann auch im Kleinbetrieb fristlos gekündigt werden (außerordentliche oder fristlose Kündigung, § 626 BGB).
Mehr zu den Kündigungsfristen erfahren Sie hier.

Abfindungsansprüche im Kleinbetrieb

Ein gesetzlicher Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers besteht im Kleinbetrieb nicht. Voraussetzung dieses Anspruchs ist nämlich nach dem hier nicht geltenden § 1a KSchG eine betriebsbedingte Kündigung und das Angebot einer Abfindung seitens des Arbeitgebers. So steht Arbeitnehmern in einem Kleinbetrieb also selbst im Fall einer betriebsbedingten Kündigung keine Abfindung zu. Vertragliche oder tarifliche Abfindungsansprüche können jedoch auch im Kleinbetrieb bestehen.