Voraussetzungen
Öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen
Die IHK Elbe-Weser kann Sachverständige für bestimmte Sachgebiete öffentlich bestellen und vereidigen. Die öffentliche Bestellung ist keine Berufszulassung. Die Erstellung von Gutachten ist also nicht ausschließlich den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vorbehalten. Vielmehr ist sie ein Gütesiegel für das Vorliegen einer besonderen Sachkunde.
Für die öffentliche Bestellung muss ein abstraktes Bedürfnis vorliegen. Das abstrakte Bedürfnis liegt vor, wenn eine häufige, nachhaltige oder verbreitete, nicht unbedeutende oder nur gelegentliche Nachfrage von Gerichten und privaten Auftraggebern nach Sachverständigenleistungen auf dem beantragten Sachgebiet in Deutschland besteht.
Die Bestellung kann nur auf schriftlichen Antrag erfolgen. Dazu muss der Antragsteller der IHK Elbe-Weser folgende Angaben machen bzw. Unterlagen in elektronischer Form vorlegen (USB-Stick oder per Cloud zum Download – E-Mail eignet sich in der Regel aufgrund des Umfanges der Unterlagen nicht):
1. Nennung des Sachgebietes, für das der Antragsteller die öffentliche Bestellung begehrt mit eingehender Darstellung der besonderen Sachkunde
Eine öffentliche Bestellung und Vereidigung darf nach den gesetzlichen Vorschriften nur dann erfolgen, wenn der Bewerber seine besondere Sachkunde nachgewiesen hat. Der Antragsteller muss auf dem Sachgebiet, für das er öffentlich bestellt werden möchte, erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse nachweisen (BverwG U.v. 11.12.1972, GewArch 1973, 263, BVerwG U.v. 26.06.1990 GewArch 1990, 355, OVG Lüneburg, U.v.31.07.2009, GewArch 2009, 452). Des Weiteren muss er praktische Erfahrungen und die Fähigkeit nachweisen, Gutachten zu erstatten und andere Leistungen gem. § 2 (2) MSVO zu erbringen. Die allgemein vorausgesetzte Berufssachkunde genügt demnach nicht.
Es ist Sache des Antragstellers, Nachweise hierfür vorzulegen, dass er weit überdurchschnittliche Erfahrungen und überragende Fachkenntnisse auf seinem Sachgebiet besitzt.
Die IHK Elbe-Weser überprüft das Vorliegen der besonderen Sachkunde nach Beratung mit ihrem Sachverständigenausschuss und bedient sich dabei in der Regel der Hilfe eines übergeordneten Fachgremiums. Im Falle einer erstmaligen Bestellung muss der Antragsteller ggf. eine schriftliche und mündliche Überprüfung ablegen. Die Gebühr beträgt bei Erstbestellung 500,- EUR und bei erneuter Bestellung 250,- EUR. Besondere Auslagen, die z. B. bei Überprüfung durch ein übergeordnetes Fachgremium entstehen, muss der Antragsteller erstatten. Diese Kosten belaufen sich, je nach Aufwand und Teilnehmerzahl, auf einen Betrag zwischen 500,- EUR und 2.000,- EUR. Die IHK Elbe-Weser kann hierfür einen angemessenen Vorschuss vom Antragsteller anfordern.
Der Nachweis der besonderen Sachkunde erfordert im Allgemeinen auch eine mehrjährige Tätigkeit als Sachverständiger in einem Sachverständigenbüro.
2. Erklärungen darüber, ob und an welchen Schulungsseminaren für Sachverständige der Bewerber teilgenommen hat (mit Belegen)
3. Vollständiger Lebenslauf
Unter besonderer Berücksichtigung des Ausbildungsweges und beruflichen Werdeganges einschließlich der gegenwärtigen Tätigkeit.
- Fotokopien von Abschlusszeugnissen und Diplomen
- Fotokopien von Zeugnissen über die praktische Tätigkeit, aus denen sich Art und Dauer sowie eine Beurteilung der Tätigkeit ergibt.
4. Angabe von sechs Referenzen
Mit zustellungsfähiger Anschrift, die über die Kenntnisse und Erfahrungen des Antragstellers auf dem Gebiet, für das die öffentliche Bestellung beantragt wird, seine persönliche Eignung als Sachverständiger und seine persönlichen Verhältnisse gehört werden können.
5. Ggf. Zugehörigkeit zu einem Verband bzw. Fachverband
6. Vorlage von mindestens fünf Gutachten,
die der Antragsteller auf dem Sachgebiet erstattet hat, für das er seine Bestellung beantragt. Erwünscht sind vor allem Gerichtsgutachten, die eine herausragende Qualifikation des Antragstellers auf seinem Fachgebiet erkennen lassen. Der Antragsteller muss jedem eingereichten Gutachten die Erklärung mit Datum und Unterschrift beifügen, dass er es eigenhändig und persönlich erstellt hat.
Die von uns angeforderten Gutachten oder Arbeitsproben legen Sie bitte in nicht anonymisierter Form vor. Weder ist eine Schwärzung der Daten noch die Einholung einer Einwilligung der betroffenen Personen erforderlich. Eine Anonymisierung ist lediglich bei Daten unbeteiligter Dritter notwendig. Zum Beispiel: Sind auf einem Foto auch die Nummernschilder von Fahrzeugen unbeteiligter Halter zu erkennen, müssen Sie diese unkenntlich machen. Die IHK Elbe-Weser kann aufgrund ihres gesetzlichen Auftrages als öffentliche Stelle Nachforschungen bei den Auftraggebern anstellen, wenn dies zur Überprüfung Ihrer besonderen Sachkunde erforderlich ist.
7. Wohnsitz und berufliche Niederlassungen
Insbesondere muss der Antragsteller deutlich machen, wo der Mittelpunkt seiner Sachverständigentätigkeit liegt. Dieser ist maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit der jeweiligen IHK. Weitere Niederlassungen können in anderen IHK-Bezirken bestehen. Der Antragsteller ist verpflichtet, der IHK Elbe-Weser die Orte sämtlicher weiteren Niederlassungen mitzuteilen.
8. Erklärung,
ob und bei welchen Industrie- und Handelskammern oder sonstigen Körperschaften bzw. Verwaltungsstellen oder Behörden der Antragsteller bereits einen ähnlichen Antrag gestellt hat und wie über diesen Antrag entschieden worden ist. Für welches Fachgebiet wurde ein solcher Antrag gestellt? Ist ein solcher Antrag zurzeit anhängig?
9. Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen
Daneben muss der Antragsteller angeben, ob Folgendes vorliegt:
a) Leistung der eidesstattlichen Versicherung über die Vollständigkeit des Vermögensverzeichnisses im Sinne des § 807 Zivilprozessordnung (ZPO) (früher sog. Offenbarungseid);
a) Leistung der eidesstattlichen Versicherung über die Vollständigkeit des Vermögensverzeichnisses im Sinne des § 807 Zivilprozessordnung (ZPO) (früher sog. Offenbarungseid);
b) Erlass einer Haftanordnung zur Erzwingung der vorgenannten Versicherung (§ 901 ZPO);
c) Stellung eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens;
d) ist ein Verfahren nach a), b) oder c) anhängig, ggf. seit wann und bei welchem Gericht?
e) Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 26 Abs. 1 Insolvenzordnung); bzw. die Versicherung abzugeben, dass Verfahren der vorgenannten Art gegen ihn nicht anhängig sind oder waren.
10. Erklärung über Vorstrafen,
so weit sie im Bundeszentralregister noch nicht getilgt sind, mit Angaben, wann und aus welchem Grund die Verurteilung erfolgt ist, oder Erklärung, dass keine Vorstrafen vorliegen.
Bitte Führungszeugnis nach dem Bundeszentralregistergesetz beifügen. Dieses Zeugnis wird bei der Wohnsitzgemeinde beantragt.
11. Körperliche Leiden,
die eine Besichtigung der zu begutachtenden Objekte (z. B. Bauten, Schiffe usw.) ausschließen oder erschweren könnten.
12. Zur Verfügung stehende Zeit für die Sachverständigentätigkeit
a) bei Bewerbern, die nicht selbstständig tätig sind, die Vorlage folgender verbindlicher Erklärung des Arbeitgebers:
„Als Arbeitgeber von Frau/Herrn … bestätigen wir, dass die/der Genannte nebenberuflich berechtigt ist, die Tätigkeit als öffentlich bestellte(r) und vereidigte(r) Sachverständige(r) für das Sachgebiet auszuüben. Die Genehmigung erfolgt unbefristet (oder auf die Bestellungsdauer – regelmäßig fünf Jahre – befristet) und unwiderruflich. Uns ist bekannt, dass Frau/Herr … nach der öffentlichen Bestellung und Vereidigung als Sachverständige(r) grundsätzlich jeden Gutachtensauftrag übernehmen muss. Wir sichern ausdrücklich zu, dass wir nach einer öffentlichen Bestellung keinen Einfluss auf diese Tätigkeit aufgrund des Arbeitsverhältnisses oder in sonstiger Weise ausüben werden. Frau/Herr … kann ihre/seine Aufgaben als öffentlich bestellte/r Sachverständige/r unter Einhaltung der Pflichten aus der Sachverständigenordnung der IHK … unabhängig und ohne Bindung an Interessen unseres Unternehmens persönlich erfüllen. Sie/Er kann schriftliche Leistungen selbst unterschreiben und mit dem Sachverständigenrundstempel versehen. Wir erklären außerdem, dass Frau/Herr … nach einer öffentlichen Bestellung und Vereidigung im Rahmen dieser Tätigkeit von der Einhaltung der üblichen Arbeitszeiten (Arbeitsbeginn und Arbeitsdauer) sowie von der Anwesenheit im Betrieb befreit ist.“
b) Bei Beamten, Genehmigung der Dienstbehörde zur Aufnahme der Sachverständigentätigkeit als Nebenbeschäftigung gegen Vergütung (das gilt auch für Beamte im Ruhestand).
13. Bestehende Bindungen
(z. B. aufgrund von Daueraufträgen) zu bestimmten Lieferanten, Alleinverkäufern, Versicherungsgesellschaften und Banken, Zusammenschlüssen, Arbeitsgemeinschaften und ähnlichen Einrichtungen von Sachverständigen sind der Kammer mitzuteilen. Eine öffentliche Bestellung und Vereidigung kommt nur dann in Betracht, wenn absolute Gewähr für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit besteht.
14. Einrichtungen für die Sachverständigentätigkeit,
z. B. Laboratorium für Handelschemiker.
15. Ausdrückliche Erklärung, dass
a) der Antragsteller von der Sachverständigenordnung und den hierzu ergangenen Richtlinien Kenntnis genommen hat und
b) die Bereitschaft besteht, diese Bestimmungen als verbindliche Rechtsgrundlage zwischen dem Sachverständigen und der Kammer anzuerkennen. Das gilt auch für zukünftige Änderungen der Bestimmungen, die von der IHK Elbe-Weser ordnungsgemäß verabschiedet werden.
Sofern alle Voraussetzungen vorliegen, erfolgt die öffentliche Bestellung unter Rücknahmevorbehalt. Die erste öffentliche Bestellung wird grundsätzlich auf drei Jahre befristet. Im Übrigen erlischt die öffentliche Bestellung gemäß § 22 SVO. Weitere erneute Bestellungen sind möglich. Diese werden in Regel auf fünf Jahre befristet, es sei denn, dass außerordentliche Umstände eine kürzere Befristung rechtfertigen. Der Antragsteller soll seinen etwaigen Antrag auf erneute öffentliche Bestellung spätestens sechs Monate vor Ablauf der jeweiligen Bestellungsperiode stellen. Der Antrag muss schriftlich erfolgen.