Gesellschaftsrecht

Die Genossenschaft als Unternehmensform

Die eingetragene Genossenschaft

Überblick

Die Genossenschaft ist eine Gesellschaft ohne geschlossene Mitgliederzahl mit dem Zweck, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Entsprechend dieser Zwecksetzung ist das ursprüngliche Ziel der Genossenschaft die Selbsthilfe der Mitglieder durch gegenseitige Förderung. Mitglieder können natürliche Personen, juristische Personen, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften sein.
Rechtsgrundlagen des deutschen Genossenschaftsrechts sind das Genossenschaftsgesetz (GenG) und das Handelsgesetzbuch (HGB). Ihrer Rechtsnatur nach ist die Genossenschaft ein wirtschaftlicher Verein, denn ihre Tätigkeit ist nicht direkt auf Gewinn ausgerichtet. Sie kann jederzeit auch ohne Zustimmung der bisherigen Mitglieder neue Mitglieder aufnehmen. Nach § 17 GenG ist die eingetragene Genossenschaft eine juristische Person und somit selbst Träger von Rechten und Pflichten. Auch gelten die Genossenschaften als Vollkaufleute.

Gründung der Genossenschaft

Zur Gründung einer Genossenschaft bedarf es nach § 4 GenG mindestens drei Mitglieder. Diese schließen nach § 5 GenG einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag (Satzung) hierfür ist keine notarielle Beurkundung nötig. Jedoch bedarf der Antrag auf Eintragung ins Genossenschaftsregister beim Amtsgericht die elektronische und notariell beglaubigte Form. Die Eintragung wirkt rechtsbegründend, das heißt die Genossenschaft erlangt erst mit Eintragung die Rechtsstellung einer eingetragenen Genossenschaft. Der Zusatz "eingetragene Genossenschaft" bzw. die Abkürzung "e.G." muss dann im Firmennamen enthalten sein. Wir prüfen vorab gern die Eintragungsfähigkeit des gewünschten Firmennamens. Der Vorstand hat die Genossenschaft bei dem zuständigen Amtsgericht zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden.
Die Genossenschaft hat kein festes Kapital. Jedes Mitglied zeichnet im Sinne des § 7 Nr. 1 GenG einen oder mehrere Geschäftsanteile, auf den Einzahlungen geleistet werden müssen (Mindesteinlage). Ihre Höhe ist ist in der Satzung festgelegt. Da sich das Kapital aus den Einlagen der Mitglieder zusammensetzt, ist es abhängig von der Mitgliederzahl. Die Satzung kann Sacheinlagen als Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zulassen

Mitgliedschaft

Der Erwerb der Mitgliedschaft erfolgt entweder durch Teilnahme an der Gründung oder durch späteren Beitritt. Verloren geht sie durch Tod, Austritt oder Ausschließung. Die Mitgliedschaft ist an sich nicht übertragbar. Lediglich Vererbung ist möglich.
Wichtigstes Mitgliedschaftsrecht ist das Recht auf Benutzung der gemeinschaftlichen Fördereinrichtungen. Dieses Recht erstreckt sich auch auf die Verteilung von Überschuss. Weiterhin haben die Mitglieder nach § 43 GenG das Recht, an der Generalversammlung teilzunehmen und ihr Stimmrecht auszuüben. Wichtigste Pflicht ist die Einzahlung von Einlagen.

Organe

Bei der Genossenschaft gilt das Prinzip der Selbstorganschaft, d. h. alle Organe können nur mit eigenen Mitgliedern besetzt werden. Insgesamt hat die Genossenschaft drei Organe:
  • Generalversammlung
  • Aufsichtsrat
  • Vorstand
Die Generalversammlung besteht aus allen Mitgliedern der Genossenschaft. Hat sie allerdings mehr als 1500 Mitglieder, kann gemäß § 43 a GenG eine Vertreterversammlung gebildet werden. Als oberstes Entscheidungsorgan wählt die Generalversammlung den Aufsichtsrat und beschließt über die Führung der Geschäfte und die Gewinnverteilung.
Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei von der Generalversammlung zu wählenden Mitgliedern. Die ihm zugewiesene arbeitsteilige Verantwortung wird durch § 38 GenG eindeutig definiert. Hauptaufgabe ist die Überwachung der Tätigkeit des Vorstands.
Der Vorstand wird je nach Satzung von der Generalversammlung oder vom Aufsichtsrat gewählt und besteht aus mindestens zwei Mitgliedern. Der Vorstand leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung. Er hat dabei jedoch die ihm durch die Satzung auferlegte Beschränkung und die Bindung seines Wirkens an die von der Generalversammlung gefassten Beschlüsse zu beachten. Dem Vorstand obliegt die Geschäftsführungs- und die Vertretungsbefugnis.

Haftung

Für Verbindlichkeiten der Genossenschaft haftet nach § 2 GenG grundsätzlich nur das Vermögen der Genossenschaft. Im Fall der Insolvenz kann allerdings eine Nachschusspflicht der Mitglieder in der Satzung vorgesehen werden, wenn die Gläubiger aus dem vorhandenen Vermögen der Genossenschaft nicht befriedigt werden können.

Jahresabschluss und steuerrechtliche Stellung

Der Vorstand hat innerhalb von fünf Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres den Jahresabschluss aufzustellen. Sodann wird dieser gemäß § 48 Abs. 1 GenG von der Generalversammlung festgestellt. Der Jahresabschluss ist zusammen mit dem Lagebericht und dem Aufsichtsratsbericht zum Genossenschaftsregister einzureichen.
Hinsichtlich der Körperschaftssteuer sind alle Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Befreit sind Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften, wenn sie lediglich einen Gewerbebetrieb als Nebenbetrieb unterhalten oder verpachten (§ 3 Abs. 2 KStG).
Bezüglich der Gewerbesteuer sind Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften wegen ihrer Rechtsform steuerpflichtig (§ 2 Abs. 2 S. 1 GewStG). Gemäß § 3 Nr. 8 GewStG gelten die Vorschriften des Körperschaftssteuergesetzes, die den Gewinn der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ganz oder teilweise von der Besteuerung freistellen, auch für die Gewerbesteuer. Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften, die lediglich einen Gewerbebetrieb als Nebenbetrieb unterhalten, sind nach § 8 Nr. 5 GewStG steuerfrei.

Auflösung der Genossenschaft

Eine Genossenschaft kann zum Beispiel durch Zeitablauf oder durch den Beschluss der Generalversammlung aufgelöst werden. Die Liquidation der Gesellschaft erfolgt dann in der Regel durch den Vorstand. Ist diese beendet, wird das Erlöschen der Genossenschaft angemeldet. Nach Ablauf eines Sperrjahres wird das Reinvermögen der Genossenschaft an die Mitglieder verteilt.

Die Europäische Genossenschaft

Überblick und Zweck

Die Europäische Genossenschaft ist eine Unternehmensform, die es den Unternehmen ermöglicht, bestimmte Tätigkeiten gemeinsam auszuüben und zugleich ihre Eigenständigkeit zu bewahren. Sie ist eine Gesellschaft des privaten Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit.
In der Gemeinschaft stößt die grenzübergreifende Zusammenarbeit von Genossenschaften zur Zeit auf rechtliche und administrative Schwierigkeiten. Durch die mit der Verordnung neu geschaffene Europäische Genossenschaft werden grenzübergreifende und transnationale wirtschaftliche Betätigungen wesentlich erleichtert. Sie bietet nunmehr auch kleinen- und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit einer sinnvollen transnationalen Kooperationsmöglichkeit mit verbesserten Wettbewerbschancen.

Gründung der Genossenschaft

Eine Europäische Genossenschaft kann gegründet werden
  • durch Neugründung von mindestens fünf natürlichen oder juristischen Personen, deren (Wohn)sitze in mindestens zwei Mitgliedstaaten liegen.
  • durch Verschmelzung von mindestens zwei bestehenden Genossenschaften (wenn die Genossenschaften in mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind)
  • durch Umwandlung einer bestehenden Genossenschaft, die seit mindestens zwei Jahren eine Niederlassung oder Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat hatte.
Sie erwirbt Rechtspersönlichkeit mit dem Tag ihrer Eintragung in dem Staat, in dem sie ihren Sitz hat. In Deutschland ist dazu eine Eintragung in das Genossenschaftsregister erforderlich. Der Sitz der Europäischen Genossenschaft kann in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden, ohne dass eine Auflösung und neue Eintragung erforderlich ist.
Eintragung und Löschung einer Europäischen Genossenschaft müssen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden.
Das Mindestkapital muss 30.000,- Euro betragen.

Organe

Auch hier gilt das Prinzip der Selbstorganschaft. Mindestens einmal jährlich muss eine Generalversammlung einberufen werden. Im übrigen kann die Einberufung jederzeit durch das Leitungs- oder Verwaltungsorgan oder auf Antrag von 5.000 Mitgliedern oder von Mitgliedern, die mindestens 10 % der Stimmrechte halten, erfolgen.
Neben der Generalversammlung muss die weitere Leitungsstruktur in der Satzung festgelegt werden, wobei zwei Möglichkeiten gegeben sind:
  • das dualistische System oder
  • das monistische System.
Beim dualistischen System gibt es ein Leitungs- und ein Aufsichtsorgan. Das sind z. B. der Vorstand und der Aufsichtsrat. Das Leitungsorgan führt die Geschäfte der Genossenschaft. Seine Mitglieder vertreten die Gesellschaft nach außen. Das Aufsichtsorgan überwacht hingegen die Geschäftsführung des Leitungsorgans. Dieses System wurde für die deutsche Genossenschaft gewählt.
Beim monistischen System gibt es demgegenüber nur ein Verwaltungsorgan, das die Geschäfte der Genossenschaft führt. Die Mitglieder des Verwaltungsorgans vertreten die Genossenschaft nach außen und wählen einen Vorsitzenden. Besteht das Verwaltungsorgan aus mehreren Mitgliedern, so nehmen sie die Vertretung gegenüber Dritten gemeinschaftlich war. Die Mitglieder des Verwaltungsorgans werden von der Generalversammlung bestellt.