Arbeitszeit

Mehrarbeit und Überstunden bei Azubis

Überstunden sind alle Arbeitszeiten, die über die vertraglich vereinbarte oder tariflich festgelegte tägliche Dauer der Ausbildungszeit hinausgehen. Sie ergeben sich, wenn der Arbeitgeber anordnet, dass im Anschluss an die regelmäßige Ausbildungszeit die Arbeit fortzusetzen ist, oder wenn der Arbeitgeber vorgeschriebene Pausen nicht gewährt. Von Mehrarbeit im arbeitsrechtlichen Sinn spricht man, wenn die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.

Muss ein Auszubildender überhaupt Überstunden machen?

Der Auszubildende ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten.
Die im Vertrag vereinbarte Arbeitszeit reicht normalerweise aus, um die Lerninhalte zu vermitteln. Dementsprechend müssen Überstunden immer dem Ausbildungszweck dienen. Das bedeutet, es muss ein Ausbilder anwesend sein. Auch die Beschäftigung mit ausbildungsfremden Tätigkeiten während der Überstunden ist nicht zulässig. Die tägliche Ausbildungszeit ist vertraglich genau geregelt und kann daher nicht einseitig durch den Arbeitgeber geändert werden. Eine Pflicht zur Leistung von Überstunden besteht nur, wenn das im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Ausbildungsvertrag ausdrücklich geregelt ist.

Darf der Auszubildende Überstunden verweigern?

Unberechtigte Überstundenforderungen kann der Auszubildende zurückweisen. Eine Abmahnung oder Kündigung deshalb ist unwirksam. Bei Notfällen, wie zum Beispiel Naturkatastrophen, muss jeder Arbeitnehmer – Minderjährige nur, sofern erwachsene Arbeitnehmer nicht ausreichen – Überstunden leisten (arbeitsvertragliche Treuepflicht).

Darf die Höchstarbeitszeit überschritten werden?

Wenn Überstunden aufgrund ausdrücklicher tariflicher oder vertraglicher Vereinbarung zu leisten sind, darf die gesetzlich höchstzulässige Arbeitszeit in keinem Fall überschritten werden.
Unter 18-Jährige dürfen nicht mehr als 8 Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich an 5 Werktagen beschäftigt werden. Wenn an einzelnen Werktagen die Arbeitszeit auf weniger als 8 Stunden verkürzt ist, können Jugendliche an den übrigen Werktagen derselben Woche 8,5 Stunden beschäftigt werden. Eine weitere besondere Ausnahme: wenn in Verbindung mit einem Feiertag an Werktagen nicht gearbeitet wird, damit der/die Auszubildende eine längere zusammenhängende Freizeit erhält, so darf die ausfallende Arbeitszeit dieser Werktage auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage einschließenden Wochen, nur dergestalt verteilt werden, dass die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt dieser fünf Wochen 40 Stunden nicht überschreitet. Die tägliche Arbeitszeit darf hierbei 8,5 Stunden nicht überschreiten.
Für Erwachsene beträgt die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit 8 Stunden. Bei einer 6-Tagewoche sind daher 48 Wochenstunden maximal möglich. In Ausnahmefällen kann die tägliche Arbeitszeit bei Erwachsenen bis zu 10 Stunden betragen. Dann muss aber auch hier gewährleistet sein, dass innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 ArbZG).

Muss der Betrieb Überstunden bezahlen?

Überstunden müssen gemäß § 17 Abs. 7 BBiG besonders vergütet oder durch entsprechende Freizeit ausgeglichen werden. Einen Überstundenzuschlag sieht das Gesetz nicht vor. Das Wort “besonders” ist nur so zu verstehen, dass die Überstunden gesondert, das heißt zusätzlich vergütet werden müssen. Sofern nicht in dem jeweiligen (Mantel-)Tarifvertrag Mehrarbeitszuschläge geregelt sind, ist daher für die Überstunden mindestens der normale Stundensatz zu zahlen. Der Ausbildungsbetrieb kann gemäß § 262 BGB wählen, ob er die Überstunden vergüten oder durch Freizeitgewährung ausgleichen will. Auch unzulässige Überstunden müssen vergütet werden.

Ist der Betrieb verpflichtet, Überstunden zu protokollieren?

Gemäß § 16 Abs. 2 i. V. m. § 3 ArbZG muss der Ausbildungsbetrieb die über die tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinausgehende Arbeitszeit aufzeichnen und die Aufzeichnungen zwei Jahre verwahren. Verstöße hiergegen können mit Bußgeld von bis zu 15.000 Euro geahndet werden (§ 22 Abs. 1 Nr. 9 ArbZG).

Darf der Auszubildende Minusstunden machen?

Auszubildende haben den vertraglichen Anspruch, in der täglichen Ausbildungszeit vom Betrieb auch ausgebildet zu werden.
Minusstunden sind im Ausbildungsverhältnis generell nicht vorgesehen, sofern es nicht in gültigen Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen anderweitig geregelt ist.
Entfällt die Ausbildung ohne Verschulden des Auszubildenden (z. B. aufgrund von Hygienemaßnahmen oder weil im Betrieb wegen Absatzschwierigkeiten, Maschinenschäden oder Krankheit des Ausbilders wenig zu tun ist) darf der Betrieb des Auszubildenden nicht unter Anrechnung von Minusstunden vorzeitig nach Hause schicken. Wird der Auszubildende vorzeitig nach Hause geschickt, ist er vielmehr gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2a BBiG in vollem Umfang weiter zu vergüten (bezahlte Freistellung). Unzulässig ist auch eine Verrechnung dieser Minusstunden mit vorhandenen Überstunden.
Die Situation ist anders zu bewerten, wenn dagegen der Auszubildende wünscht, eher als üblich zu gehen. Somit kommt der Auszubildende nicht seiner vertraglich geschuldeten Leistung nach. Dies sollte jedoch die Ausnahme sein, zu der die Vertragsparteien eine gemeinsame Lösung erarbeiten. Sollte der Auszubildende Mehrarbeit für die fehlenden Arbeitszeiten leisten, sind in jedem Fall die arbeitszeitrechtlichen Regelungen aus den Jugendarbeitsschutz bzw. dem Arbeitszeitgesetz zu beachten.