Recht
Werbung per Telefon, Brief und E-Mail
Die Direktansprache potenzieller Kunden eignet sich besonders, um auf das eigene Waren- oder Dienstleistungsangebot aufmerksam zu machen. Allerdings ist diese Form der Werbung nicht in jeder Form zulässig. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) schützt Mitbewerber, Verbraucher und andere Marktteilnehmer vor unlauteren Handlungen und regelt, unter welchen Voraussetzungen Werbemaßnahmen zulässig sind.
§ 7 UWG verbietet Werbemethoden, durch die Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt werden; darunter fallen verschiedene Kommunikationsformen, wie zum Beispiel Briefe, Telefonanrufe, Faxe, E-Mails oder Direktnachrichten in Messengern.
I. Telefonwerbung
1. Einwilligung, Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten
Werbeanrufe gegenüber Verbrauchern ohne deren vorherige ausdrückliche Einwilligung sind stets unzulässig gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 UWG. Anrufe zur Neukundengewinnung (Kaltakquise) sind daher unlauter und verboten.
Ausnahmen gelten nur dann, wenn die angesprochene Person selbst um den Anruf gebeten hat. Verbraucher müssen vor einem Werbeanruf ausdrücklich ihre Einwilligung erklärt haben. Diese Einwilligung setzt eine gesonderte, nur auf die Einwilligung in die Telefonwerbung bezogene Zustimmungserklärung der betroffenen Person voraus. Bezieht sich die Einwilligungserklärung hingegen noch auf andere Inhalte wie z. B. die telefonische Benachrichtigung über einen Gewinn, ist diese unwirksam (BGH, Beschluss vom 14.04.2011 - I ZR 30/10). Auch eine mutmaßliche Einwilligung genügt bei Verbrauchern nicht.
Im Interesse eines wirksamen Verbraucherschutzes sind vorformulierte Einwilligungen für Werbeanrufe nur innerhalb des jeweiligen Vertragszwecks zuzulassen. Eine zu weit gehende Klausel benachteiligt die Angerufenen in unangemessener Weise und ist unwirksam (BGH, Urteil vom 14.04.2011 – I ZR 50/09).
Für den Nachweis der Einwilligung ist es gemäß § 7a UWG erforderlich, dass der Werbende die ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form dokumentiert und für fünf Jahre ab Erteilung der Einwilligung aufbewahrt. Die Aufbewahrungsfrist verlängert sich jeweils um fünf Jahre in jedem Fall, in dem von der Einwilligung Gebrauch gemacht wird, insbesondere also nach jedem Telefonanruf. Werbende sind verpflichtet, die dokumentierten Einwilligungserklärungen der zuständigen Verwaltungsbehörde auf Verlangen unverzüglich vorzulegen.
Bei Verstößen gegen das Verbot der unerlaubten Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern droht gemäß § 20 UWG eine Geldbuße bis zu 300.000 Euro, bei Verstoß gegen die Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten der Einwilligung eine Geldbuße bis zu 50.000 Euro.
Für Werbeanrufe gegenüber sonstigen Marktteilnehmern, die nicht Verbraucher sind, ist nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG die mutmaßliche Einwilligung des Adressaten ausreichend. Dabei ist bei der Frage, ob von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen werden kann, auf die Umstände vor dem Anruf sowie auf die Art und den Inhalt der Werbung abzustellen. Der allgemeine Sachbezug mit den von dem angerufenen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen reicht für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung nicht aus. Anderenfalls wäre Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden nahezu unbeschränkt zulässig (BGH, Urteil vom 16.11.2006 – I ZR 191/03). Auch kann eine mutmaßliche Einwilligung nicht daraus hergeleitet werden, dass die beworbene Leistung für den Gewerbebetrieb der angerufenen Person nützlich ist. Dabei kommt es auch nicht auf ein späteres Verhalten des Angerufenen an, sondern darauf, ob die mutmaßliche Einwilligung im Vorhinein gegeben ist (OLG Hamm, Urteil vom 25.02.2010 – 4 U 189/09).
Erforderlich ist, dass auf Grund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse der anzurufenden Person an der Telefonwerbung vermutet werden kann. Maßgeblich ist, ob der Werbende bei verständiger Würdigung der Umstände annehmen durfte, die anzurufende Person erwarte einen solchen Anruf oder werde ihm jedenfalls positiv gegenüberstehen (BGH, Urteil vom 11.03.2010 – I ZR 27/08). Eine mutmaßliche Einwilligung kann auch dann nicht angenommen werden, wenn lediglich eine „Kundenzufriedenheitsabfrage“ durchgeführt werden soll, auch dann nicht, wenn dieser eine Handlung wie z. B. eine Portoerstattung voranging (KG Berlin, Urteil vom 15.09.2021 – 5 U 35/20).
2. Rufnummernunterdrückung
Generell darf bei der Telefonwerbung die Rufnummer nicht unterdrückt werden, um die Identität des Anrufers zu verschleiern (§ 15 Abs. 2 Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG)). Dabei kann entweder die Rufnummer eines beauftragten Call-Centers oder des werbenden Unternehmens selbst angezeigt werden.
Verstöße gegen das Verbot der Rufnummernunterdrückung können mit Geldbußen bis zu 300.000 Euro geahndet werden.
II. Faxwerbung
Da Empfänger ein Faxgerät einschließlich Papier und Toner/ Tinte ständig betriebsbereit halten müssen, um Faxe empfangen zu können und das Gerät beim Eingang von Werbeschreiben vorübergehend blockiert ist, stellt auch die Versendung von Werbefaxen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 Fall 2 UWG grundsätzlich eine unzumutbare Belästigung dar.
Die Zusendung von Werbefaxen ist lediglich ausnahmsweise zulässig, wenn der Adressat zuvor ausdrücklich seine Einwilligung erklärt hat. Dabei ist es unerheblich, ob diese Unternehmer oder Verbraucher sind. Insbesondere kann bei Adressaten, die nicht Verbraucher sind, nicht auf eine mutmaßliche Einwilligung abgestellt werden. Fehlt ein ausdrückliches Einverständnis, so ist die Fax-Werbung grundsätzlich wettbewerbswidrig und daher unzulässig. Dies gilt auch für Computerfaxe (BGH, Urteil vom 1.6.2006 - I ZR 167/03).
III. Werbung per E-Mail bzw. „elektronischer Post”
Die häufigste Form der Direktansprache ist die Werbung per E-Mail. Der vom Gesetz verwendete Begriff „elektronische Post“ ist allerdings weit zu verstehen und umfasst z. B. auch SMS-, Facebook- und WhatsApp-Nachrichten.
E-Mail-Werbung ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Sie ist zulässig, wenn der Empfänger, wie bei der Faxwerbung, sein Einverständnis vorher ausdrücklich erklärt hat (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG).
Darüber hinaus ist die E-Mail-Werbung auch ohne Einwilligung zulässig, wenn alle folgenden vier Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG zusammen erfüllt werden:
- Der Unternehmer muss die elektronische Postadresse des Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden erhalten haben,
- der Unternehmer verwendet die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen,
- der Kunde hat der Verwendung nicht widersprochen und
- der Kunde wird bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist die E-Mail-Werbung auch zulässig, wenn der Empfänger sich auf eine Verteilerliste des Absenders hat setzen lassen und ein direkter thematischer Bezug der konkreten E-Mail-Werbung zum Gegenstand dieser Liste besteht. Unzulässig ist hingegen eine Werbung via E-Mail, wenn der Empfänger sich beispielsweise in eine Verteilerliste für Computerspiele hat eintragen lassen und ihm daraufhin Werbung für eine Kapitalanlageberatung übermittelt wird.
Nicht ausreichend für die Annahme eines Einverständnisses ist nur die Angabe der E-Mail-Adresse in Briefköpfen oder auf der Visitenkarte, da hiermit keine ausdrückliche Einwilligung erklärt wird, Werbung zu erhalten. Dies gilt unter Privatpersonen ebenso wie im Geschäftsverkehr (LG Baden-Baden, Urteil vom 18.01.2012 – 5 O 100/11). Dabei liegt eine unzulässige E-Mail-Werbung bereits bei einem einmaligen Versand einer Werbemail vor (BGH, Beschluss vom 20.05.2009 – I ZR 218/07).
Die erforderliche Einwilligung lässt sich auch nicht dadurch erlangen, dass der Empfänger in der E-Mail aufgefordert wird, dem Absender die Übermittlung weiterer Mails zu untersagen, sofern er diese nicht wünscht (Opt-Out-Verfahren).
Das Einverständnis der Empfänger hat der Werbende darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (OLG Hamburg, Urteil vom 29.07.2009 - 5 U 226/08). Er hat zudem durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass es nicht zu einer fehlerhaften Zusendung einer E-Mail zu Werbezwecken an Dritte aufgrund des Schreibversehens kommt (BGH, Urteil vom 11.03.2004 - I ZR 81/01).
Verschleiert oder verheimlicht ein Werbender den kommerziellen Charakter einer E-Mail-Werbung, stellt dies gemäß § 11 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG) eine Ordnungswidrigkeit dar. Auch der Verstoß gegen die Informationspflichten aus § 5 Abs. 1 TMG stellt gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 2 TMG eine Ordnungswidrigkeit dar. Diese können mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
IV. Werbung per Brief
Werbung per Brief bzw. Werbewurfsendung (z. B. auch Flyer, Prospekte) ist grundsätzlich zulässig. Hat allerdings der Empfänger einer individuell gestalteten Briefwerbung den Werbenden aufgefordert, von weiteren Werbesendungen abzusehen, ist dieser Wunsch zu respektieren, § 7 Abs. 1 Satz 2 UWG (LG Lüneburg, Urteil vom 04.11.2011 - 4 S 44/11). Auch ein Aufkleber am Briefkasten muss beachtet werden, mit dem sich eine Person gegen den Einwurf von Werbematerial und Anzeigenblättern wehrt.
Eine Werbung per Brief ist irreführend, wenn dem Empfänger suggeriert wird, es handle sich nicht um eine werbliche Maßnahme, sondern die persönliche Empfehlung eines Bekannten oder Freundes, z.B. durch eine handschriftliche Haftnotiz. Auch ein falscher Aufdruck wie „Vertraulicher Inhalt“, „Eilige Terminsache“ oder ähnliches stellt eine unzumutbare Belästigung dar (KG Berlin, Urteil vom 19.06.2015 - 5 U 7/14).
V. Widerspruchsmöglichkeiten
1. Widerruf der Einwilligung
Bei allen Werbemethoden, die auf einer Einwilligung basieren (z. B. Telefonwerbung, Faxwerbung oder allgemeine E-Mail-Werbung ohne vorheriges Vertragsverhältnis), kann die betroffene Person ihre Einwilligung widerrufen.
Der Widerruf kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft erklärt werden. Er kann formlos über übliche Kommunikationsmittel erfolgen, also auch über andere Kanäle als die ursprüngliche Werbung. Der Widerruf der Einwilligung muss genauso einfach wie die Erteilung der Einwilligung sein. Unzulässig ist zum Beispiel, Widersprüche nur per Brief oder Fax zuzulassen oder unnötig komplizierte Verfahren wie die Angabe von Vorgangsnummern oder eine Rückrufpflicht zu erzwingen.
2. Widerspruch gegen Direktwerbung per elektronischer Post
Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG haben Kunden, deren elektronisch Postadresse im Rahmen eines Waren- oder Dienstleistungsverkaufs bekannt wurde und zur Direktwerbung verwendet wird (siehe oben III.), ein Widerspruchsrecht.
Der Widerspruch kann jederzeit erklärt werden. Er muss nicht zwingend durch elektronische Post, sondern kann auf jedem Weg, beispielsweise auch per Telefon oder Kontaktformular, erfolgen.
3. Widerspruch gegen Briefwerbung
Hat der Empfänger einer Briefwerbung die Absender aufgefordert, von weiteren Werbesendungen abzusehen, ist dieser Wunsch zu respektieren, § 7 Abs. 1 Satz 2 UWG (LG Lüneburg, Urteil vom 04.11.2011 - 4 S 44/11). Auch ein Aufkleber am Briefkasten muss beachtet werden, mit dem sich eine Person gegen den Einwurf von Werbematerial und Anzeigenblättern wehrt.
VI. Konsequenzen wettbewerbswidriger Werbung
Ebenso wie alle anderen unlauteren Werbemethoden begründet auch der Verstoß gegen die oben genannten Grundsätze der unzumutbaren Belästigung einen Unterlassungsanspruch gegen den Werbenden.
Der Anspruch steht seit Dezember 2021 nur noch Mitbewerbern zu, die Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen. Damit sollen insbesondere Abmahnungen durch Unternehmen verhindert werden, die de facto nur (noch) zur Generierung von Massenabmahnungen existieren, aber selbst nicht tatsächlich am Markt teilnehmen. Zusätzlich abmahnberechtigt sind qualifizierte Wirtschaftsverbände, qualifizierte Einrichtungen des Verbraucherschutzes sowie berufsständische Körperschaften öffentlichen Rechts und Gewerkschaften – letztere aber nur im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.
Der Unterlassungsanspruch kann zunächst durch eine (in der Regel kostenpflichtige) Abmahnung geltend gemacht werden. Der Abmahnende (Unterlassungsgläubiger) kann in diesem Fall innerhalb einer Frist von meist nur wenigen Tagen die Abgabe einer sog. strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung verlangen. Darin verpflichtet sich der Abgemahnte (Unterlassungsschuldner), eine angemessene Vertragsstrafe zu zahlen, falls er den abgemahnten Verstoß zukünftig noch einmal begehen sollte. Die Höhe der Vertragsstrafe hängt vom Einzelfall ab, beträgt aber regelmäßig mehrere Tausend Euro.
Kommt es auf die Abmahnung hin nicht zu einer Einigung, kann der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden. Bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten sind in erster Instanz die Landgerichte zuständig. Da sich die Parteien dort zwingend durch Rechtsanwälte vertreten lassen müssen und die Streitwerte regelmäßig über 5.000 Euro liegen, ist das Kostenrisiko relativ hoch. Bei einer Abmahnung sollte in jedem Fall sofort kompetenter rechtlicher Rat eingeholt werden, bevor z. B. eine Unterlassungserklärung abgegeben wird.
Stand: März 2022