Recht

Arbeitsrechtliche Schwellenwerte

In vielen Gesetzen, die Sie als Arbeitgeber zu beachten haben, finden Sie sogenannte „arbeitsrechtliche Schwellenwerte“.
Darunter zu verstehen sind Formulierungen wie: „In Betrieben mit in der Regel mehr als x Beschäftigten muss der Arbeitgeber…“. Es geht also um Konsequenzen, die bei Erreichen einer bestimmten Betriebsgröße eintreten.
Der Gesetzgeber sieht Schwellenwerte vor, um kleine Betriebe und Unternehmen bei der Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten zu privilegieren, da hier die finanzielle Ausstattung begrenzter und das persönliche Zusammenwirken von Arbeitgeber und Beschäftigten in der Regel sehr viel enger sein wird, als dies bei einem Großunternehmen der Fall ist.
Aufgrund der Streuung auf viele verschiedene Gesetze, kann es leicht passieren, dass einzelne Schwellenwerte übersehen werden. Die Schwellenwerte sind gesetzlich festgelegt und daher von jedem Arbeitgeber, dessen Betrieb eine gewisse Anzahl von Beschäftigten überschreitet, einzuhalten.
Die nachfolgende Auflistung gibt einen Überblick über die wesentlichen Schwellenwerte, die Sie als Arbeitgeber kennen sollten. Sie ist allerdings nicht abschließend. Aus den gesetzlichen Regelungen können sich neben der Beschäftigtenzahl noch weitere inhaltliche Anforderungen ergeben.
Bitte beachten Sie, dass es auch Schwellenwerte über 1001 Beschäftigte gibt. Eine Auflistung dieser würde in diesem Rahmen allerdings zu weit gehen.

ab 1 Beschäftigten

  • Betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung, je nach Anforderungen der zuständigen Berufsgenossenschaft (§§ 2, 5 ASiG)
  • Benennung eines Datenschutzbeauftragten, wenn der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter Verarbeitungen vornehmen, die einer Datenschutz-Folgeabschätzung nach Art. 35 DSGVO unterliegen (§ 38 BDSG)

ab 2 Beschäftigten

  • Ersthelfer, wenn mindestens beide Beschäftigte anwesend und unfallversichert sind (§ 26 DGUV Vorschrift 1)

ab 5 Beschäftigten

  • Betriebsrat mit 1 Mitglied, vereinfachte Wahl möglich (§§ 9, 14a BetrVG)
  • minderjährigen Beschäftigten oder Auszubildenden unter 25 Jahren: Einrichtung einer Jugend- und Auszubildendenvertretung (§ 60 BetrVG)
  • Beschäftigten mit Schwerbehinderung: Wahl einer Schwerbehindertenvertretung (§ 177 SGB IX)

ab 5,25 Beschäftigten

  • Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis vor dem 01.01.2004 begonnen hat (§ 23 KSchG)

ab 9 Beschäftigten

  • Betriebsrat bildet einen Betriebsausschuss (§ 27 BetrVG)

ab 10 Beschäftigten

  • die leitende Angestellte sind: Wahl eines Sprecherausschusses (§ 1 SprAuG)

ab 10,25 Beschäftigten

  • Geltung des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 KSchG)

ab 11 Beschäftigten

  • Bereitstellung eines Pausenraums (Ziffer 4.2 Anhang ArbStättV)

ab 16 Beschäftigten

  • Gesetzlicher Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz (§ 8 TzBfG)
  • Beschäftigte sind von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen (§ 3 PflegeZG)
  • Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit in der Elternzeit (§ 15 Abs. 7 BEEG)

ab 20 Beschäftigten

  • Beschäftigungspflicht für wenigstens1 Beschäftigten mit Schwerbehinderung, anderenfalls Ausgleichsabgabe (§§ 154, 160 SGB IX)
  • die ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind: Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten (§ 38 BDSG)
  • weitere Ersthelfer nach Zahl der anwesenden Versicherten (§ 26 DGUV V1):
    • in Verwaltungs- und Handelsbetrieben 5%
    • in sonstigen Betrieben 10%
    • in Kindertageseinrichtungen ein Ersthelfer je Kindesgruppe
    • in Hochschulen 10% der Versicherten
  • unter Berücksichtigung der im Unternehmen für die Beschäftigten bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren und der Zahl der Beschäftigten: Sicherheitsbeauftragte bestellen (§ 22 SGB VII)

ab 20,25 Beschäftigten

  • Bildung eines Arbeitsschutzausschusses (§ 11 ASiG)

ab 21 Beschäftigten

  • Betriebsrat aus 3 Mitgliedern (§ 9 BetrVG)
  • Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung, Eingruppierung und Versetzung (§ 99 BetrVG)
  • Beratung bei Betriebsänderungen, Interessenausgleich und Sozialplan (§§ 111, 112a BetrVG)
  • Arbeitgeber muss Entlassungen von mehr als 5 Beschäftigten bei der Agentur für Arbeit anzeigen (§ 17 KSchG)
  • Mündliche Unterrichtung der Belegschaft über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens mindestens einmal im Kalendervierteljahr nach Abstimmung mit dem Betriebsrat (§ 110 BetrVG)

ab 26 Beschäftigten

  • Beschäftigte sind von der Arbeitsleistung für längstens 24 Monate teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen (§ 2 FPfZG)

ab 31 Beschäftigten

  • keine Teilnahme am Erstattungsverfahren bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall mehr möglich (§ 1 AAG)

ab 40 Beschäftigten

  • Beschäftigungspflicht für wenigstens 2 Beschäftigten mit Schwerbehinderung, anderenfalls Ausgleichsabgabe (§§ 154, 160 SGB IX)

ab 46 Beschäftigten

  • Anspruch auf Brückenteilzeit (§ 9a TzBfG)

ab 50 Beschäftigten

  • Einrichtung einer internen Meldestelle für hinweisgebende Personen (§§ 12, 42 HinSchG)

ab 51 Beschäftigten

  • Betriebsrat aus 5 Mitgliedern (§ 9 BetrVG)

ab 60 Beschäftigten

  • Arbeitgeber muss Entlassungen von 10% der Belegschaft oder mehr als 25 Beschäftigten bei der Agentur für Arbeit anzeigen (§ 17 KSchG)
  • 5 Prozent der Arbeitsplätze müssen mit Beschäftigten mit Schwerbehinderung besetzt sein, anderenfalls Ausgleichsabgabepflicht (§§ 154, 160 SGB IX)

ab 100 Beschäftigten

  • Einrichtung eines Sanitätsraums, wenn mit besonderen Unfallgefahren zu rechnen ist (ASR A4.3 Ziff. 6)

ab 101 Beschäftigten

  • Betriebsrat aus 7 Mitgliedern (§ 9 BetrVG)
  • Betriebsratsausschüsse möglich (§ 28 BetrVG)
  • Betriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder bestimmte Aufgaben auf Arbeitsgruppen übertragen (§ 28a BetrVG)
  • Vorschläge des Betriebsrats zur Sicherung und Förderung müssen vom Arbeitgeber schriftlich und begründet abgelehnt werden (§ 92a BetrVG)
  • Wahlvorstand und Arbeitgeber können vereinfachtes Wahlverfahren vereinbaren (§ 14a BetrVG)
  • Wirtschaftsausschuss (§106 BetrVG)

ab 200 Beschäftigten

  • Mindestens 1 Betriebsratsmitglied muss ohne Minderung des Entgelts von der Arbeit freigestellt werden (§ 38 BetrVG)

ab 201 Beschäftigten

  • Betriebsrat aus 9 Mitgliedern (§ 9 BetrVG)
  • Betriebsrat bildet einen Betriebsausschuss zur Führung der laufenden Geschäfte (§ 27 BetrVG)
  • Individueller Auskunftsanspruch Beschäftigter zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots (§§ 12, 10 EntGTranspG)

ab 300 Beschäftigten

  • Betriebsrat kann bei Betriebsänderungen einen Berater hinzuziehen (§ 111 BetrVG)

ab 401 Beschäftigten

  • Betriebsrat aus 11 Mitgliedern (§ 9 BetrVG)

ab 500 Beschäftigten

  • Arbeitgeber muss Entlassung von 30 oder mehr Beschäftigten bei der Agentur für Arbeit anzeigen (§ 17 KSchG)

ab 501 Beschäftigten

  • mindestens 2 Betriebsratsmitglieder müssen von der Arbeit freigestellt werden (§ 38 BetrVG)
  • Betriebsrat kann Aufstellung von Auswahlrichtlinien für Einstellungen für Einstellungen, Verletzungen, Umgruppierungen und Kündigungen verlangen (§ 95 BetrVG)
  • Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz für bestimmte Unternehmensformen, sofern die Unternehmensmitbestimmung nicht durch ein anderes Gesetz geregelt ist (§ 1 DrittelbG)
  • Aufforderung zu betrieblichen Prüfverfahren zur Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots und wenn zur Erstellung eines Lageberichts nach den §§ 264, 289 HGB verpflichtet: Erstellung eines Berichts zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit (§§ 17, 21 EntGTranspG)

ab 701 Beschäftigten

  • Betriebsrat aus 13 Mitgliedern (§ 9 BetrVG)

ab 901 Beschäftigten

  • mindestens 3 Betriebsratsmitglieder müssen von der Arbeit freigestellt werden

ab 1000 Beschäftigten

  • und mindestens 150 Beschäftigte in mindestens 2 Mitgliedstaaten - Grenzübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte (§§ 1, 3 EBRG)
  • Einrichtung eines Sanitätsraumes (ASR A 4.3 Ziff. 6)
  • Lieferkettensorgfaltspflichten-Risikomanagementsystem einrichten (§§ 1 ff. LKSG)

ab 1001 Beschäftigten

  • Betriebsrat mit 15 Mitgliedern (§ 9 BetrVG)
  • Belegschaft muss unter Abstimmung mit Wirtschaftsausschuss und Betriebsrat einmal im Kalendervierteljahr schriftlich über die wirtschaftliche Lage und die Entwicklung des Unternehmens unterrichtet werden (§ 110 BetrVG)
Gesetzestexte finden Sie auf der Seite Gesetze im Internet.
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer Kammer – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: Februar 2024