Recht

Kündigungsgründe und Kündigungsschutz

I. Allgemeines

Unternehmen, die vom Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) erfasst werden, unterliegen bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen strengeren Voraussetzungen als Kleinstunternehmen. Eine Kündigung darf immer nur das letzte Mittel sein (sogenanntes Ultima-Ratio-Prinzip). Zuvor muss der Arbeitgeber versuchen, die Kündigung durch mögliche und geeignete Maßnahmen zu vermeiden. Es muss stets eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und denjenigen des Arbeitnehmers vorausgehen. Sobald eine Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer – gegebenenfalls auf einem anderen Arbeitsplatz – weiter zu beschäftigen, muss diese wahrgenommen werden.
Diejenigen Arbeit­nehmer, für die das KSchG keine Anwendung findet, können sich gegen eine Kündigung nur unter dem Aspekt eines Verstoßes gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben wehren.
Immer zu beachten sind die Kündigungsbestimmungen zugunsten besonders schutzwürdiger Arbeitnehmergruppen (Schwangere, Mütter, Schwerbehinderte und so weiter).
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen, um wirksam zu sein. Die Angabe eines Kündigungsgrundes ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Der Arbeitnehmer hat jedoch einen Anspruch auf Mitteilung eines Kündigungsgrundes, um feststellen zu können, ob die Kündigung rechtmäßig erfolgt ist.

II. Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

  1. Geltungsbereich
    Das KSchG gilt, wenn ein Betrieb eine bestimmte Anzahl Arbeitnehmer hat und der zu kündigende Arbeitnehmer länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt war. Bis zum 31. Dezember 2003 war das KSchG auf alle Betriebe anwendbar, die mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigten. Seit dem 1. Januar 2004 gilt das KSchG in Betrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern nicht für diejenigen Mitarbeiter, die nach dem 1. Januar 2004 eingestellt werden. In diesem Fall greift das Kündigungsschutzgesetz also erst ab 10,25 Mitarbeitern. Für die bereits zuvor beschäftigten Arbeitnehmer verbleibt es beim bisherigen Recht. Allerdings besteht der Kündigungsschutz nur solange, wie die Anzahl der „Altarbeitnehmer“ den Schwellenwert von fünf Mitarbeitern noch überschreitet.
    Auszubildende bleiben bei der Zahl der Arbeitnehmer unberücksichtigt. Teilzeitbeschäftigte - zu denen auch Minijobber gehören - werden entsprechend ihrer Wochenarbeitszeit in die Berechnung einbezogen: bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5; bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75. Aushilfskräfte werden also nur dann eingerechnet, wenn diese regelmäßig im Betrieb beschäftigt werden; Vertretungsfälle zählen also nicht hinzu.
  2. Soziale Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung
    Zweck des KSchG ist es, sozial ungerechtfertigte Kündigungen zu verhindern. Eine Kündigung ist in jedem Fall sozial ungerechtfertigt, wenn sie gegen die Auswahlrichtlinie nach § 95 Betriebsverfassungsgesetz verstößt, der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz des Betriebes weiterbeschäftigt werden kann oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeit­nehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat und der Betriebsrat der Kündigung aufgrund des Vorliegens einer dieser Gründe innerhalb einer Woche schriftlich widersprochen hat.

    Darüber hinaus ist eine Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Gründe oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

    Gründe für eine Kündigung können daher nur
    • ​​​​​personenbedingt,
    • verhaltensbedingt oder
    • betriebsbedingt sein .

      Diese Gründe müssen so erheblich sein, dass die Kündigung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips nach einer umfassenden Interessensabwägung im Einzelfall als billigenswert und angemessen erscheint.
a) Personenbedingte Kündigungsgründe
Personenbedingte Kündigungsgründe liegen vor, wenn der Arbeitnehmer objektiv nicht (mehr) in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, wenn er also die Fähigkeit oder Eignung zur Erbringung der Arbeitsleistung verloren hat. Ein Verschulden des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich.
In Betracht kommen beispielsweise
  • eine fehlende Arbeitserlaubnis,
  • fehlende fachliche oder persönliche Eignung (Nichtbestehen von Prüfungen, mangelhafte Kenntnisse),
  • Arbeitsverhinderung wegen Haft,
  • Verlust der erforderlichen Berufsausübungserlaubnis (Führerschein/ Flugschein).
Auch eine Krankheit kann ein Grund für eine personenbedingte Kündigung sein. Eine Kündigung wegen Krankheit ist aber nur dann sozial gerechtfertigt, wenn eine negative Zukunftsprognose vorliegt und dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann, die von der Krankheit ausgehenden Beeinträchtigun­gen der betrieblichen Interessen (zum Beispiel Störung des Arbeitsablaufs, wirtschaftliche Belastung) noch länger hinzunehmen. Vor einer Kündigung wegen Krankheit ist jedoch immer zu überprüfen, ob die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung, auch nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen, besteht, wenn auch eventuell zu schlechteren Bedingungen („Änderungskündigung vor Beendigungskündigung“), oder ob der zeitweilige Ausfall des Arbeitnehmers durch andere Maßnahmen, zum Beispiel eine Aushilfskraft, überbrückt werden kann.
Diese Überprüfungspflicht könnte nunmehr durch ein Urteil des EuGH (Urt. v. 10.02.2022; Az: C-485/20) auch bereits während der Probezeit bei Beschäftigten mit Schwerbehinderung Anwendung finden. Der EuGH hat entschieden, dass vor einer Kündigung auch schon in der Probezeit zu überprüfen ist, ob die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung besteht. Wie das Urteil des EuGH letztlich in Deutschland von den Arbeitsgerichten umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.
Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs von 20. Januar 2009 (Az C-350/06) muss vom Arbeitgeber auch beachtet werden, dass im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Krankheit des Arbeitnehmers auch dann ein Abgeltungsanspruch bezüglich des noch offenen Urlaubs für den Arbeitnehmer besteht, wenn dieser während des gesamten Urlaubsjahres sowie des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig krankgeschrieben war bzw. immer noch krankgeschrieben ist. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu noch festgestellt, dass dies ebenfalls für tariflich oder einzelvertraglich gewährten Mehrurlaub gilt, soweit keine Regelung bezüglich einer Differenzierung zwischen gesetzlichem und nicht gesetzlichem Urlaubsanspruch getroffen wurde. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, im Arbeitsvertrag zwischen gesetzlichem und nicht gesetzlichem Urlaubsanspruch zu unterscheiden.
Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof allerdings eine Grenze für das Ansammeln von Urlaub gesetzt (Urteil vom 22.11.2011, Az. C-214/10). Er hat entschieden, dass der Verfall von Mindesturlaubsansprüchen langzeiterkrankter Arbeitnehmer gesetzlich oder tariflich angeordnet werden kann, wenn der entsprechende Übertragungszeitraum hinreichend lang ist, um den Erholungszweck des Urlaubs für den Arbeitnehmer sicherzustellen. Hinreichend lang ist der Übertragungszeitraum bei einer Dauer von 15 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, für das der Mindesturlaub entstanden ist. Vertiefende Informationen hierzu finden Sie im Artikel „Urlaubsrecht“.
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)
Es besteht eine gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Wiedereingliederung arbeitsunfähig erkrankter Mitarbeiter im Rahmen des sogenannten Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM).
Ziel des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es, Arbeitsunfähigkeit möglichst zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Beschäftigten zu erhalten.
§ 167 Absatz 2 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber, für Beschäftigte, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Ob die Arbeitsunfähigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz steht, spielt dabei keine Rolle. Die Regelung gilt für alle Arbeitnehmer, unabhängig von einer Behinderung.
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist eine Teamaufgabe. Der Arbeitgeber nimmt zunächst Kontakt mit dem Betroffenen auf, klärt mit ihm die Situation und bespricht die Ziele des Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Lehnt der Arbeitnehmer die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ab, so ist der Arbeitgeber von seiner Verpflichtung frei.
Mit Zustimmung des Betroffenen schaltet der Arbeitgeber den Betriebsrat oder den Personalrat und bei schwerbehinderten oder gleichgestellten behinderten Mitarbeitern die Schwerbehindertenvertretung sowie bei Bedarf den Betriebsarzt ein und klärt mit ihnen, mit welchen Hilfen eine schnelle Rückkehr in den Betrieb oder die Dienststelle möglich ist. Hierunter können verschiedene Maßnahmen wie beispielsweise Arbeitsreduzierung oder Umbau des Arbeitsplatzes, aber auch Versetzung an eine andere Stelle fallen. Das Konzept für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement wird in einem Großbetrieb anders aussehen als in einem mittelständischen Betrieb. In keinem Fall erfüllen jedoch einfache Krankenrückkehrgespräche die Anforderungen.
Nach § 167 Absatz 3 SGB IX können die Rehabilitationsträger (z. B. Rentenversicherungsträger und Berufsgenossenschaften) und die Integrationsämter Arbeitgeber, die ein Betriebliches Eingliederungsmanagement einführen, durch Prämien oder einen Bonus fördern.
Arbeitgeber sollten die Auswirkungen der Vorschrift nicht unterschätzen: Auch wenn das Gesetz keine unmittelbaren Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Vorschrift vorsieht, wurden mit Einführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements die Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung verschärft. Zwar ist die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung.
Hat der Arbeitgeber jedoch kein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt, so muss er in einem etwaigen Kündigungsschutzprozess umfassend vortragen und beweisen, dass es keinen leidensgerechten Arbeitsplatz für den betroffenen Arbeitnehmer gibt. Kann er dies nicht, ist die Kündigung unwirksam. Wichtig ist es daher, eine Ablehnung des Arbeitnehmers, das Betriebliche Eingliederungsmanagement durchzuführen, gut zu dokumentieren.
Keine personenbedingten Kündigungsgründe sind
  • Alter des Arbeitnehmers, auch nicht das Erreichen des Renteneintrittsalters
  • Wehr- oder Zivildienstzeiten
  • Ehrenämter oder politische Mandate.
Eine personenbedingte Kündigung erfordert keine vorherige Abmahnung.
b) Verhaltensbedingte Kündigungsgründe
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, die ein verständig urteilender Arbeitgeber zum Anlass für eine Kündigung nehmen würde. Erforderlich ist eine erhebliche Verletzung von Vertragspflichten. Durch das Verhalten des Arbeitnehmers müssen beispielsweise konkrete Störungen im Leistungs- beziehungsweise im Vertrauensbereich auftreten.
Dies ist der Fall bei Verletzung von vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten, zum Beispiel Schlechtleistung, ständiges Zuspätkommen, Verletzung von Anzeige- oder Nachweispflichten im Krankheitsfall, Nebentätigkeit trotz Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, eigenmächtiger Urlaubsantritt, private unerlaubte Telefonnutzung für Ferngespräche, Verstöße gegen die betriebliche Ordnung (Alkohol­missbrauch während der Arbeitszeit, Rauchen in gefährdeten Arbeitsbereichen), Verstöße gegen Verschwiegenheitspflicht, rechtswidrige Arbeitsverweigerung, Beleidigungen und Tätlichkeiten gegenüber Arbeitskollegen, sexuelle Belästigung, strafbare Handlungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (zum Beispiel Diebstahl im Betrieb, Betrug bei der Zeiterfassung) oder vielfache Lohnpfändungen, wenn durch den Arbeitsaufwand die Lohnbuchhaltung gestört wird.
Die verhaltensbedingte Kündigung ist nicht als Sanktion für die vergangene Pflichtverletzung zu verstehen. Vielmehr muss sich die vergangene Pflichtverletzung auch zukünftig negativ auswirken.
Die Rechtsprechung verlangt vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung im Regelfall je nach Schwere des Verstoßes mindestens eine, gegebenenfalls auch mehrere vorherige einschlägige Abmahnungen.
Die idealerweise schriftlich erfolgende Abmahnung hat die Funktion, dem Arbeitnehmer die ihm vorgeworfenen Verfeh­lungen zu benennen und ihm Gelegenheit zu einer Verhaltensänderung zu geben. Dem Arbeitnehmer wird durch die Abmahnung angezeigt, worin sein Fehlverhalten lag, wie er sich korrekt zu verhalten hat und dass er mit einer Kündigung zu rechnen hat, wenn sich sein Verhalten nicht ändern sollte. In jedem Fall muss vor der verhaltensbedingten Kündigung überprüft werden, ob die Möglichkeit der Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz besteht und eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände vorgenommen werden.
Keine verhaltensbedingten Kündigungsgründe sind
  1. der Abkehrwille, das heißt ein Arbeitnehmer hat das Recht, sich nach einem anderen Arbeitsplatz umzuschauen,
  2. außerbetriebliches Verhalten, es sei denn, das Arbeitsverhältnis wird dadurch konkret gestört.
c) Betriebsbedingte Gründe
Eine betriebsbedingte Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn dringende betriebliche Gründe der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Grundlage der Kündigung muss eine unternehmerische Entscheidung sein.
Dies kann sich auf Grund innerbetrieblicher (zum Beispiel notwendige Rationalisierung, Produktionseinschränkung) oder außerbetrieblicher Umstände (zum Beispiel Absatzrückgang, Ausbleiben von Krediten) ergeben. Diese Umstände müssen zur Folge haben, dass die Erforderlichkeit einer Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer auf lange Sicht entfällt.
Gibt es für den Betrieb weniger harte Maßnahmen (zum Beispiel Abbau von Überstunden), fehlt es an der Voraussetzung der dringenden Erforderlichkeit. Kann der Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz eingesetzt werden, so ist eine Kündigung ausgeschlossen, auch dann, wenn eine zumutbare Umschulung, Fortbildung oder Änderung der Arbeitsbedingungen erforderlich ist.
Die betriebsbedingte Kündigung ist nur dann sozial ge­rechtfertigt, wenn bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer ausreichend soziale Gesichtspunkte berücksichtigt wurden („Sozialauswahl“).
Die Sozialauswahl ist auf die folgenden fünf Kriterien beschränkt:
  1. Dauer der Betriebszugehörigkeit,
  2. Lebensalter,
  3. Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers und
  4. Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.
  5. Ob das Kriterium des „Lebensalters“ nach der Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes noch zulässig ist, ist zweifelhaft. Hier ist eine Entscheidung der Gerichte abzuwarten.
    Bei berechtigtem betrieblichem Interesse können Leistungsträger und solche Personen, die für die Erhaltung einer ausgewogenen Sozialstruktur erforderlich sind, von der Sozialauswahl ausgenommen werden.
    Der Arbeitnehmer hat bei einer betriebsbedingten Kündigung ein Wahlrecht zwischen einer Kündigungsschutzklage oder einer Abfindung von einem halben Monatsgehalt je Beschäftigungsjahr, wenn der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung darauf hinweist, dass die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe gestützt ist und der Arbeitnehmer im Falle des Verstreichenlassens der Klagefrist eine Abfindung (in Höhe von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses) beanspruchen kann.

III. Außerordentliche (fristlose) Kündigung

Bei einer außerordentlichen Kündigung sieht das KSchG keinen Kündigungsschutz vor. Es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienst­verhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienst­verhältnisse nicht zugemutet werden kann („wichtiger Grund“).
Die Kündigung muss schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnis von den die Kündigung rechtfertigenden Tatsachen erfolgen. Zwar ist die Angabe des Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben gesetzlich nicht zwingend notwendig, dennoch kann es sinnvoll sein, den Kündigungsgrund aufzuführen. Zum einen, damit der Arbeitnehmer nachvollziehen kann, warum die Kündigung aus wichtigem Grund erfolgte, zum anderen, damit der Arbeitgeber sich wirklich sicher ist, dass auch tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt. Die Arbeitsgerichte stellen hohe Anforderungen an einen „wichtigen Grund“. Spätestens auf Verlangen des Arbeitnehmers muss der Kündigungsgrund angegeben werden. Ob eine Abmahnung erforderlich ist, richtet sich nach Art und Schwere des Kündigungsgrundes.

IV. Rechte des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer, der eine Kündigung für sozial ungerechtfertigt hält, kann binnen einer Woche nach Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einlegen. Zudem kann er die Unwirksamkeit der Kündigung vor dem Arbeitsgericht geltend machen. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung unwirksam ist, muss er innerhalb von drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung Klage erheben.

V. Kündigungsfristen

Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung sind Kündigungsfristen einzuhalten. Diese können sich aus Tarifvertrag, aus Gesetz oder aus dem individuellen Arbeitsvertrag ergeben. Zunächst ist zu klären, ob auf das Arbeitsverhältnis, welches gekündigt werden soll, ein Tarifvertrag Anwendung findet. Dessen Kündigungsfristen sind vorrangig zu beachten. Nur wenn im Arbeitsvertrag eine für den Arbeitnehmer günstigere Kündigungsfrist vereinbart ist, gilt diese. Wird im Arbeitsvertrag keine Kündigungsfrist genannt oder wird auf die gesetzliche Kündigungsfrist verwiesen, gilt § 622 BGB.
Die gesetzliche Grundkündigungsfrist nach § 622 BGB beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Diese Frist gilt grundsätzlich, wenn der Arbeitnehmer kündigt. Kündigt der Arbeitgeber, kommt es zusätzlich auf die Beschäftigungsdauer an.
Eine Staffelung der Kündigungsfristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit verstößt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung
(BAG Urteil vom 18.09.2014, AZ 6 AZR 636/13).
Art der Frist
Dauer der Frist
Während der
vereinbarten Probezeit
2 Wochen zum Ende des Kalendertages
(max. 6 Monate)
Regelfrist
4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende
Beschäftigt seit:
Mindestens 2 Jahren
1 Monat zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 5 Jahren
2 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 8 Jahren
3 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 10 Jahren
4 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 12 Jahren
5 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 15 Jahren
6 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 20 Jahren
7 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Eine Verlängerung der Kündigungsfristen – auch für den Arbeitnehmer – ist möglich. Die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer darf jedoch nicht länger sein als die für den Arbeitgeber.
Eine Verkürzung der Kündigungsfristen ist nur durch Tarifvertrag möglich – oder durch Einzelvertrag, wenn es sich lediglich um eine bis zu dreimonatige Aushilfstätigkeit handelt.
Ferner kann bei Betrieben mit nicht mehr als 20 Arbeitnehmern (beachte: Teilzeitbeschäftigte zählen lediglich anteilig) die Grundkündigungsfrist für die ersten zwei Jahre des Bestehens des Arbeitsverhältnisses einzelvertraglich auf vier Wochen verkürzt werden. Anschließend greifen die gesetzlich gestaffelten Kündigungsfristen (siehe Tabelle).

VI. Hinweis- und Mitteilungspflichten

Arbeitgeber sollen Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung sowie über die Verpflichtung zur Meldung bei der Agentur für Arbeit informieren (§ 2 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 Drittes Sozialgesetzbuch).
Wurde für die Beschäftigung ein Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit erteilt, muss der Arbeitgeber innerhalb von vier Wochen ab Kenntnis der zuständigen Ausländerbehörde mitteilen, dass die Beschäftigung vorzeitig beendet wurde.
Bei Massenentlassungen ist § 17 des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten.

VII. Arbeitsrechtliche Auswirkungen des “Gesetzes zum Schutz hinweisgebender Personen”

Das „Gesetz zum Schutz hinweisgebender Personen“, das im Wesentlichen zum 2. Juli 2023 in Kraft getreten ist, hat als Ziel den Schutz hinweisgebender Personen vor Repressalien. Danach wird vermutet, dass eine Benachteiligung (also zum Beispiel eine Abmahnung oder Kündigung) einer hinweisgebenden Person eine Repressalie für die Meldung ist, soweit die hinweisgebende Person dies selbst geltend macht. Unternehmen sollten daher dokumentieren, dass nicht Hinweise zu der jeweiligen arbeitsrechtlichen Maßnahme geführt haben, sondern es dafür andere Gründe gab.
Stand: Juli 2023