Recht
Gewerbeuntersagung
Allgemeines
Bei finanziellen Engpässen wird die Zahlung von Löhnen und Gehältern oder von Lieferanten oftmals als vorrangig angesehen; abzuführende Steuern, Beiträge an die Sozialversicherungsträger und an die Berufsgenossenschaften können dann nicht mehr zeitgleich bzw. gar nicht entrichtet werden. Die Nichteinhaltung öffentlicher Pflichten bzw. die Nichtzahlung öffentlicher Abgaben kann als Indiz einer mangelnden persönlichen Zuverlässigkeit gewertet werden, so dass die zuständige Gewerbebehörde ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen den Gewerbetreibenden einleiten kann.
Voraussetzungen
Gründe für Unzuverlässigkeit können sein:
- Missachtung steuerrechtlicher Pflichten, z. B. Steuererklärungen werden nicht oder ständig verspätet eingereicht und/oder Zahlungen an das Finanzamt werden nicht oder ständig verspätet getätigt.
- Missachtung sozialversicherungspflichtiger Pflichten, z. B. Sozialversicherungsbeiträge werden nicht oder ständig verspätet abgeführt.
- Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit einer Gewerbeausübung stehen oder Auswirkung auf eine Gewerbetätigkeit haben könnten, wie beispielsweise Verurteilungen wegen Erpressung, Betruges, Untreue, etc.
- Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehlt, d. h. die für die Gewerbeausübung notwendigen finanziellen Mittel sind nicht vorhanden. Indiz dafür sind beispielsweise Eintragungen in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis, erfolglose Vollstreckungsversuche, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, Fehlen der für eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung erforderlichen Geldmittel.
Verfahren
Als unzuverlässig im Sinne der Gewerbeordnung (GewO) gelten Gewerbetreibende, wenn sie nach dem Gesamtbild ihres Verhaltens keine Gewähr dafür bieten, dass sie ihr Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben werden. Davon können auch eine GmbH und deren Geschäftsführer/in betroffen sein.
Zum Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten kann die zuständige Gewerbebehörde bei Bekanntwerden von Tatsachen die Erforderlichkeit einer Untersagung der Gewerbetätigkeit prüfen und in begründeten Fällen ein Untersagungsverfahren einleiten. Es besteht die Möglichkeit, jede gewerbliche Tätigkeit und die Tätigkeit als Geschäftsführerin bzw. Geschäftsführer, Betriebsleiterin bzw. Betriebsleiter oder nur bestimmte Gewerbe oder die Beschäftigung sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu untersagen.
Betroffene werden schriftlich von der Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens in Kenntnis gesetzt und ihnen wird die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Hinweis: Bereits bei der Einleitung eines Untersagungsverfahrens sollten Sie die Situation auf jeden Fall ernst nehmen und unbedingt reagieren – schriftlich oder mündlich!
Mitwirkung IHK
Die IHK soll vor der Untersagung einer Gewerbeausübung durch die zuständige Gewerbebehörde angehört werden. Die betroffenen Unternehmer werden durch die IHK angeschrieben und um Kontaktaufnahme gebeten, um mehr Informationen für eine sachgerechte Stellungnahme zu erhalten. Gleichzeitig soll nach Maßnahmen gesucht werden, um das Untersagungsverfahren noch abwenden zu können. Selbstverständlich werden alle Angaben vertraulich behandelt. Wenn keine Kontaktaufnahme erfolgt, kann nur nach Aktenlage Stellung genommen werden.
Mitwirkung Betroffener
Um Schwierigkeiten zu vermeiden, empfehlen wir:
- Öffnen Sie unverzüglich Ihre Post, holen Sie auf jeden Fall niedergelegte Schriftstücke so schnell wie möglich bei der Post ab. Sorgen Sie auch bei Abwesenheit für die Entgegennahme und Bearbeitung der Post.
- Reagieren Sie auf Schreiben zur Einleitung oder Durchführung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens. Sie sollten schriftlich oder telefonisch innerhalb der genannten Frist mit dem zuständigen Bearbeiter Kontakt aufnehmen.
- Nehmen Sie vereinbarte Gesprächstermine wahr bzw. informieren Sie den Ansprechpartner, wenn Sie diese verschieben müssen.
- Halten Sie getroffene Absprachen wie z. B. die Vorlage eines Sanierungsplans bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt ein bzw. teilen Sie mit, weshalb Sie es nicht können.
- Sprechen Sie mit Ihren Gläubigern (Finanzamt, Berufsgenossenschaft, Krankenkassen). Signalisieren Sie Ihren Willen zur Tilgung der Schulden und versuchen Sie, Ratenzahlungen zu vereinbaren. Auch wenn Sie vielleicht Kommunikationsschwierigkeiten mit dem zuständigen Sachbearbeiter haben, suchen Sie weiterhin das Gespräch, möglicherweise mit einem anderen Mitarbeiter bzw. Vorgesetzten. Versuchen Sie, eine für Sie erfolgreiche Lösung herbeizuführen.
- Halten Sie sich unbedingt an vereinbarte Zahlungstermine und/oder Ratenzahlungen!
- Nehmen Sie Kontakt mit Ihrer IHK auf. Dort werden Sie über mögliche Unterstützungsleistungen im Rahmen der Sanierung beraten.
- Informieren Sie zeitnah den zuständigen Sachbearbeiter sowohl über positive als auch negative Ergebnisse Ihrer Gespräche mit den Gläubigern und belegen Sie diese wenn möglich schriftlich. Werden Sie von sich aus aktiv!
- Beachten Sie, dass eine Gewerbeuntersagung den Bestand von laufenden Verträgen (Mietverträge, Lieferantenverträge, etc.) nicht berührt wird und diese Verträge weiter bedient werden müssen.
Insolvenz
Während eines Insolvenzverfahrens gibt es einen besonderen Schutz für das Gewerbe, welches aktuell bei der Stellung des Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ausgeübt wird. Eine Gewerbeuntersagung darf wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht durchgeführt werden, wenn die Unzuverlässigkeit allein mit ungeordneten Vermögensverhältnisse begründet wird. Damit soll der Zielsetzung des Insolvenzverfahrens, eine Sanierung des Betriebes zu ermöglichen, Rechnung getragen werden. Dieser Schutz gilt auch während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 Insolvenzordnung). Wird jedoch die selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden durch den Insolvenzverwalter freigegeben und treten danach erneut Außenstände bei Steuern, Sozialabgaben oder sonstigen öffentlichen Abgaben auf, kann das Gewerbeuntersagungsverfahren aufgrund der erneuten Schulden wieder durchgeführt werden.
Verfahrensende
Die Entscheidung über eine Untersagung trifft die zuständige Gewerbebehörde. Ernsthafte ausreichende Bemühungen (wie z. B. der Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern, die Vorlage eines tragfähigen Sanierungsplans) können zur Aussetzung für einen angemessenen Zeitraum oder sogar Abwendung eines Verfahrens führen.
Sollten die Bemühungen nicht ausreichend oder die Schulden angestiegen und dadurch die zuständige Gewerbebehörde von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit weiterhin überzeugt sein, kann ein Bescheid erlassen werden, durch den die Ausübung des Gewerbes untersagt wird. Gegen diesen Bescheid können innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Rechtsmittel eingelegt werden. Wenn der sofortige Vollzug angeordnet wurde, haben Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung, d. h. die Gewerbetätigkeit muss sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden.
Hinweis: Rechtsbehelfsbelehrung und Fristen in dem Bescheid unbedingt beachten und einhalten! Bei einem Widerspruch gegen den Bescheid unbedingt darauf achten, dass Sie den Zugang bei der zuständigen Behörde nachweisen können.
Wird gegen den Bescheid kein Rechtsmittel eingelegt, ist nach Ablauf der Monatsfrist die Gewerbeuntersagung rechtskräftig. Betroffene sind verpflichtet, die Gewerbetätigkeit unverzüglich einzustellen und bei dem zuständigen Gewerbeamt abzumelden.
Über eine rechtskräftige Untersagung erhalten die im Untersagungsverfahren mitwirkenden Gläubiger (z. B. Finanzamt, Krankenkassen) sowie andere Gewerbebehörden, sofern weitere Betriebsstätten bestehen, von der zuständigen Gewerbebehörde eine entsprechende Mitteilung. Weiterhin wird die Gewerbeuntersagung bzw. -teiluntersagung im Gewerbezentralregister eingetragen.
Wiederaufnahme des Gewerbes
Frühestens nach einem Jahr (in Ausnahmefällen auch eher) kann ein Antrag auf Wiedergestattung der Ausübung der selbständigen Tätigkeit gestellt werden. Für eine erfolgreiche Antragstellung müssen Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt (positive Zukunftsprognose).
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass - auch nach Ablauf von mehreren Jahren - bei der beabsichtigten Wiederaufnahme einer Gewerbetätigkeit ein Antrag auf Wiedergestattung der Gewerbeausübung gestellt werden muss.