Recht und Steuern
Abgrenzung Gewerbe und Freier Beruf
Bevor eine Gewerbeanmeldung erfolgt sollte überlegt werden, ob es sich bei der angestrebten Tätigkeiten um eine gewerbliche Tätigkeit oder möglicherweise um eine freiberufliche Tätigkeit handelt. Das ist wichtig, da für die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit keine Gewerbeanmeldung notwendig ist.
Allgemeines
Die Abgrenzung einer freiberuflichen Tätigkeit zur gewerblichen Tätigkeit ist aus mehreren Gründen für den betroffenen Selbstständigen von Bedeutung. Hier einige Beispiele:
- Die Berufsausübung ist bei Freiberuflern im Allgemeinen an strenge Ausbildungsvoraussetzungen gebunden. Gewisse Ausnahmen bilden zum Beispiel die künstlerischen, publizistischen und pädagogischen Berufe, bei denen zumindest keine formalrechtlichen Zugangsnormen festgeschrieben sind. Im gewerblichen Bereich gilt dagegen der Grundsatz der Gewerbefreiheit, wenn dieser auch bei zulassungspflichtigen Handwerken und in einigen anderen Bereichen durchbrochen wird.
- Jeder Gewerbebetrieb, der in Deutschland tätig ist, unterliegt der Gewerbesteuer. Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag. Der Gewerbeertrag ergibt sich aus dem einkommen- und körperschaftsteuerlichen Gewinn, der um gesetzlich bestimmte Kürzungen und Hinzurechnungen ergänzt wird. Werden bestimmte Freigrenzen nicht überschritten, braucht der Gewerbetreibende allerdings keine Gewerbesteuer zu bezahlen. Der Freiberufler kann dagegen das Privileg der Gewerbesteuerfreiheit in Anspruch nehmen. Dieses Privileg wird mit dem Charakter der Berufstätigkeit, der Stellung und Bedeutung der Freien Berufe und der längeren Ausbildungszeit gerechtfertigt.
- Angehörige der Freien Berufe haben keine kaufmännische Buchführungspflicht. Die einfache Erfassung von Einnahmen und Ausgaben genügt. Auf eine entsprechende Einnahme-Überschussrechnung ohne Verpflichtung zur Erstellung einer Bilanz können sich bei gewerblicher Tätigkeit nur die sog. Kleingewerbetreibenden beschränken, deren Gewinn 80.000 Euro und Umsatz 800.000 Euro nicht übersteigen.
- Die Gründung einer Partnerschaftsgesellschaft ist nur Angehörigen der Freien Berufe möglich. In einer solchen Gesellschaft müssen alle Gesellschafter in Freien Berufen tätig sein.
- Jeder Gewerbebetrieb ist Mitglied der IHK oder der Handwerkskammer. Die Freien Berufe sind dagegen in der Regel standesrechtlich in Berufskammern organisiert (Steuerberaterkammer, Wirtschaftsprüferkammer, Ingenieurkammer und so weiter).
Bei der Abgrenzung, ob im Einzelfall eine gewerbliche Tätigkeit oder eine Freiberuflichkeit ausgeübt wird, kommt es in der täglichen Praxis häufig zu Problemen.
Begriffsdefinitionen
Selbstständiger
Ein beruflich Selbstständiger ist entweder als Gewerbetreibender, als Freiberufler oder in der Land- und Forstwirtschaft tätig.
Gewerbetreibender
Der Gewerbebegriff ist in den einzelnen Rechtsgebieten (Gewerberecht, Zivilrecht, Steuerrecht) inhaltlich nicht voll deckungsgleich. Vielmehr richtet er sich nach dem jeweiligen Gesetzeszweck der einzelnen Rechtsgebiete. So stimmt der Gewerbebegriff innerhalb des Einkommensteuergesetzes nicht vollumfänglich mit dem Gewerbebegriff des Gewerbesteuergesetz oder der Gewerbeordnung überein.
Allerdings hat sich im Laufe der Jahre im Kern ein ähnliches Grundverständnis mit vergleichbaren Streitfragen entwickelt. Insofern gibt die nachfolgende steuerliche Gesetzesdefinition einen gewissen Anhaltspunkt auch für andere Rechtsgebiete.
Im Einkommensteuergesetz findet sich eine ausdrückliche gesetzliche Definition zum Gewerbebegriff:
Gemäß § 15 EStG ist eine
- selbstständige,
- nachhaltige (auf Dauer ausgerichtete) Betätigung,
- die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und
- die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt ein Gewerbe, wenn diese Betätigung nicht nach §§ 13, 18 EStG als Ausübung
- von Land- und Forstwirtschaft
- eines Freien Berufs
- einer sonstigen selbstständigen Arbeit (zum Beispiel Verwaltung eigenen Vermögens) anzusehen ist.
Freiberufler
Auch für den Begriff des Freiberuflers gibt es keine rechtsgebietsübergreifende Definition. Die steuerliche Wertung entfaltet allenfalls Indizwirkung und hat keine Bindungswirkung für andere Rechtsgebiete. Vielmehr richtet sich die Begriffsdefinition auch hier immer nach den Wertungen des jeweiligen Gesetzes.
Im Einkommensteuerrecht gehören gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu der freiberuflichen Tätigkeit insbesondere
- die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit,
- die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigten Bücherrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen (sogenannte Katalogberufe) und
- den Katalogberufen ähnliche Berufe.
Damit ein Beruf dem Katalogberuf ähnlich ist, muss er in wesentlichen Punkten mit diesem übereinstimmen. Dazu gehört, dass Ausbildung und die berufliche Tätigkeit selbst mit dem Katalogberuf vergleichbar sind.
Ob eine unternehmerische Tätigkeit als gewerblich oder freiberuflich einzustufen ist, ist im Einzelfall zum Teil gar nicht so einfach zu beurteilen. Einen ersten Überblick mit zahlreichen Abgrenzungsbeispielen verschafft das BMWi (https://www.existenzgruender.de/DE/Gruendung-vorbereiten/Gruendungswissen/Freie-Berufe/inhalt.html) und das amtliche Einkommensteuerhandbuch 2016 des Bundesministeriums der Finanzen unter § 15 H 15.6 Hinweise (https://esth.bundesfinanzministerium.de/esth/2016/A-Einkommensteuergesetz/II-Einkommen/8-Die-einzelnen-Einkunftsarten/b-Gewerbebetrieb/Paragraf-15/inhalt.html).
Besonders problematisch wird es bei der Ausübung sogenannter gemischter Tätigkeiten, wo sich eine Person sowohl freiberuflich als auch gewerblich betätigt und zwischen den beiden Betätigungen gewisse sachliche und wirtschaftliche Berührungspunkte bestehen. Hier erfolgt regelmäßig eine getrennte Beurteilung, wenn dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist. Sofern die Tätigkeiten jedoch derart miteinander verbunden sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, liegt eine einheitliche Tätigkeit vor. Die gemischte Tätigkeit ist dann einheitlich danach zu qualifizieren, welche der einzelnen Tätigkeiten der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt (Achtung: Besonderheiten gelten bei Gesellschaftern einer Personengesellschaft).