Pressemeldung Nr. 68 vom 22.11.2023
Frauen gründen anders – aber wie?
Aktuelle Studie zeigt Hintergründe und Handlungsbedarf auf
Immer noch gründen in Deutschland deutlich weniger Frauen als Männer ein Unternehmen.
Die Gründe dafür sind vielfältig und werden in der heute erscheinenden Studie „Gründen und Nachfolgen durch Frauen in NRW“ analysiert.
Adelheid Lüring ist 40 Jahre alt, verheiratet, Mutter von drei Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter und hat sich mit ihrem Düsseldorfer Taschenlabel TASCALI selbstständig gemacht. Als Unternehmerin weiß sie, welche Herausforderungen eine Existenzgründung – insbesondere als Frau – mit sich bringt. „Zu Beginn habe ich mir vor allem die Frage gestellt, ob ich es schaffe, Kinder, Job und Privatleben unter einen Hut zu bekommen“, sagt sie. „Obwohl mein Mann in einem herausfordernden Umfeld in Vollzeit tätig ist, hat er mich und TASCALI von Anfang an uneingeschränkt unterstützt. Wir bilden ein Team, das sich gegenseitig ergänzt und stärkt, und diese partnerschaftliche Dynamik ist uns beiden von großer Bedeutung.“ Trotz der erheblichen Unterstützung im privaten Umfeld ist sie davon überzeugt, dass das Prinzip des "Have it all" für viele Frauen, insbesondere solche mit Kindern, entweder sehr herausfordernd oder nur durch zahlreiche Kompromisse zu verwirklichen ist. In der Studie, die rund 1.400 Gründerinnen und Nachfolgerinnen befragt hat, findet Lüring sich deshalb wieder.
Das Ergebnis zeigt: „Gründerinnen legen häufig Wert auf eine gründliche Vorbereitung ihrer Selbständigkeit. Besonders wichtig sind ihnen konkrete Beratungsleistungen, zum Beispiel zu den Themen Geschäftsidee, Businessplan und Finanzierung“, erklärt Dr. Nikolaus Paffenholz, Leiter Unternehmensservice der IHK Düsseldorf.
„Wir achten deshalb darauf, diesen Bedarf stets im Blick zu haben und unser Beratungsangebot darauf zuzuschneiden“, so Paffenholz weiter. Der Anteil von Frauen in der Beratung der IHK Düsseldorf liege leicht über deren Anteil am Gründungsgeschehen insgesamt. Dass die Gründungslandschaft in NRW nach wie vor stark männlich dominiert sei, zeige sich allerdings auch im IHK-Bezirk. Die IHK Düsseldorf sei deshalb daran interessiert, das Gründungs- und Nachfolge-Klima für Frauen in Düsseldorf sowie im Kreis Mettmann zu verbessern.
Zudem nimmt bei gründenden Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine zentrale Rolle ein. Die Untersuchungsergebnisse zeigen deutlich den Zusammenhang zwischen Gründungsneigung und der Vereinbarkeit von Familie und Selbstständigkeit bzw. Beruf. „Das bedeutet: Will man das Gründungspotenzial von Frauen voll ausschöpfen, muss die Vereinbarkeit verbessert werden – es müssen flexiblere Lösungen geschaffen werden, die eine Kinderbetreuung auch über den Nachmittag hinaus ermöglichen“, so Paffenholz weiter.
Für die Gründerin Lüring steht fest: „Ich bin der Meinung, dass wir außerdem realistische weibliche Vorbilder brauchen, mit denen Frauen sich identifizieren können“. Auch die Qualität der Kinderbetreuungsmöglichkeiten sei ausbaufähig, die bürokratischen Hürden vor allem in der Anfangsphase der Gründung gleichzeitig recht hoch. „Es hat zum Beispiel vier Monate gedauert, bis ich meine Steuernummer zugewiesen bekommen habe“, erklärt sie. Geholfen habe ihr zu Beginn vor allem die Businessplanprüfung der IHK. Das Team Existenzgründung habe sie aber auch im Vorbereitungsprozess für den Pitch zum NRW-Gründungsstipendium begleitet. „Insgesamt konnte die IHK mir bei allen meinen Anliegen schnell und kompetent helfen und ist sogar selbst mit Ideen und Netzwerkpartnern der regionalen Wirtschaft auf mich zugekommen“, zieht Lüring ihr Fazit. Die Gründungsszene in Düsseldorf und Umgebung sei darüber hinaus zwar bereits sehr engagiert, für die Zukunft wünsche sie sich aber noch mehr Veranstaltungen, die sich gezielt an Frauen richten.
In Nordrhein-Westfalen liegt der Anteil der Start-up-Gründungen durch Frauen sogar unter dem Bundesdurchschnitt. Mit dieser Unterrepräsentation bleibt ein enormes unternehmerisches und volkswirtschaftliches Potenzial ungenutzt. Die heute vorgestellte Studie „Gründen und Nachfolgen durch Frauen in NRW“ ist ein Kooperationsprojekt von IHK NRW und der Bergischen Universität Wuppertal.
„Ein positives Umfeld und ein Netzwerk sind relevant für potenzielle Geschäftsbeziehungen sowie den Austausch untereinander. Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, nebenerwerbliche Gründungs- und Nachfolgemöglichkeiten sichtbar zu machen und grundsätzlich für weibliches Unternehmertum zu sensibilisieren“, erklärt Paffenholz abschließend. Das Aufzeigen dieser Modelle und das Präsentieren weiblicher Vorbilder, zum Beispiel bei Netzwerkveranstaltungen wie dem Frauen-Wirtschaftsforum women2BUSINESS, sei deshalb ein besonderes Anliegen der IHK Düsseldorf.