Pressemeldung Nr. 6 vom 07.02.2023
IHK-Konjunkturbericht: Stabile Geschäftslage zu Jahresbeginn – aber Unsicherheit bleibt groß
Die Geschäftslage der Betriebe in der Region Düsseldorf/Mittlerer Niederrhein hat sich zum Jahresbeginn leicht verbessert und bleibt damit auf einem stabilen Niveau.
Der Geschäftslageindikator ist seit dem Herbst leicht von 7,2 auf 13,7 Punkten gestiegen.
„Die pessimistischen Erwartungen der Unternehmen aus dem Herbst des vergangenen Jahres sind bisher nicht eingetreten“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, bei der Vorstellung des Konjunkturberichts. „Dennoch befürchten immer noch viele Unternehmerinnen und Unternehmer, dass sich ihre Geschäftslage wegen der großen Belastungen durch die Energiepreise, die weltwirtschaftlichen Herausforderungen und die ungebrochene Inflation im Jahr 2023 verschlechtert.“ Unter diesen Vorzeichen sei vorerst nicht mit Wachstum zu rechnen. Die Industrie- und Handelskammern Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein hatten knapp 850 Unternehmen in der Region befragt.
Zwar werden die im Herbst größten Wirtschaftsrisiken – Energie- und Rohstoffpreise sowie der Fachkräftemangel – zum Jahresbeginn als etwas weniger gravierend eingeschätzt, die Risikobewertungen für beide Bereiche bleiben jedoch auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau. Weiter geben rund 66 Prozent der Unternehmen an, dass die Energiepreise für sie ein wesentliches Geschäftsrisiko darstellen. In der Industrie sind es sogar 76 Prozent. „Einige Worst-Case-Szenarien für den Energie-Sektor aus dem Herbst, sind nicht eingetreten.“ sagt Steinmetz. „Gleichzeitig bleibt die Energiekrise ungelöst.“
Verschiedene Faktoren haben die wirtschaftliche Situation positiv beeinflusst, sodass heute mehr Unternehmen als im Herbst eine gute Lage melden. So ist die befürchtete Gasmangellage ausgeblieben, und die Großhandelspreise für Gas sind von ihren Höchstständen wieder spürbar gesunken. „Dazu kommt: Die personenbezogenen Dienstleister können zum ersten Mal seit dem Jahreswechsel 2019/20 in einer kalten Jahreszeit ohne Corona-Restriktionen wirtschaften, und die verbesserte Kauflaune zum Weihnachtsgeschäft konnte den Einzelhandel zumindest vorübergehend stabilisieren”, benennt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf weitere Faktoren. Demzufolge berichten nun 32,3 Prozent der Betriebe über eine gute und 18,6 Prozent über eine schlechte Lage.“
Die Industrie- und Handelskammern führen das insgesamt positivere Geschäftsklima auch auf die Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesregierung zurück. Steinmetz mahnt jedoch: „Gerade für energieintensive Unternehmen sind die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichend, um hinsichtlich der Energiekosten die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu halten oder wieder zu verbessern.“ Die sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen zu gewährleisten, bleibe eine Hauptaufgabe der Politik.
Wie schon im Herbst meldet das produzierende Gewerbe einen Rückgang der Auftragseingänge. Dieser Trend verlangsamt sich jedoch deutlich. In der Bauwirtschaft, bei den Investitionsgüter- sowie den Ge- und Verbrauchsgüterproduzenten melden wieder mehr Unternehmen zunehmende als abnehmende Auftragseingänge. Dagegen bleibt der Rückgang bei den energieintensiven Vorleistungsgüterproduzenten wie der Chemie und der Metallindustrie groß.
Die Kapazitätsauslastung der Industrie hat sich auf einem durchschnittlichen Niveau stabilisiert. „Dies ist angesichts des seit Sommer zu beobachtenden Auftragsrückgangs ein Zeichen dafür, dass vielfach noch Auftragspolster abgearbeitet werden können“, so Steinmetz. Die Bauwirtschaft konnte dank eines weitgehend milden Winters ihre Auslastung auch in der kalten Jahreszeit stabilisieren. Die Branche bleibt nach dem starken Rückgang im ersten Halbjahr allerdings deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt.
Im Zuge der etwas nachlassenden Anspannung zeigt sich auch der regionale Arbeitsmarkt robust, und die Beschäftigungspläne der Unternehmen werden wieder leicht positiv. „Inwiefern Unternehmen mit offenen Stellen diese auch besetzen können, bleibt aber offen. Drei Viertel der Unternehmen mit Personalbedarf geben an, Schwierigkeiten beim Besetzen offener Fachkräftestellen zu haben“, sagt Steinmetz. So bleibt auch der Fachkräftemangel für 50 Prozent der Unternehmen ein wesentliches Geschäftsrisiko.
Dass die Zahlen noch keinen Anlass zur Entwarnung geben, zeigt ein Blick in die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Der Saldo aus den Anteilen der Unternehmen mit steigenden und mit sinkenden Investitionsplänen ist jetzt wieder leicht positiv, allerdings auf niedrigem Niveau. „Ein Wachstumsimpuls, der aufgrund der aktuellen und mittelfristigen Herausforderungen und dem daraus resultierenden Investitionsbedarf in den Bereichen Energieeffizienz und Klimaschutz eigentlich notwendig wäre, ist damit nicht absehbar“, so Steinmetz. „Der Investitionsbedarf ist eigentlich viel höher.“ Eine sich weiter vergrößernde Investitionslücke schade langfristig dem Wirtschaftsstandort.
Hinzu kommt: Es gibt kaum Anzeichen dafür, dass Impulse aus dem Ausland kommen könnten. So rechnen 30 Prozent der Unternehmen für das Jahr 2023 mit sinkenden Exporten, nur knapp 22 Prozent erwarten eine Steigerung. Zudem bleiben die geopolitischen Herausforderungen groß. Ein Ende es Angriffskriegs auf die Ukraine ist nicht abzusehen. „Außerdem beobachten wir eine Zurückhaltung der Wirtschaft mit Blick auf den wichtigen Handelspartner China“, berichtet Berghausen.
„Viele Faktoren entscheiden also über die wirtschaftlichen Entwicklungen der nächsten Monate. Es überwiegen weiterhin die belastenden Faktoren, Zudem sind die Risiken erheblich, und deshalb bleibt die Unsicherheit groß.“ In Summe rechnet die regionale Wirtschaft weiter mit einer Rezession – allerdings mit mildem Verlauf. Ein drastischer Wirtschaftseinbruch wird nicht mehr befürchtet. Konkret rechnet ein Drittel der Unternehmen mit einer Verschlechterung der Geschäftslage im laufenden Jahr, nur jedes sechste hat Hoffnungen auf eine kurzfristig bessere Entwicklung.