Pressemeldung Nr. 60 vom 06.11.2023
IHK zur Konjunktur im Kreis Mettmann: Strukturprobleme nehmen zu
Die IHK Düsseldorf hat heute ihren Konjunkturbericht für den Kreis Mettmann vorgestellt. Befragt wurden 180 Unternehmen mit insgesamt 15.500 Beschäftigten, wie sich ihre Geschäfte entwickeln.
Das Fazit: Die Wirtschaft im Kreis Mettmann bewertet ihre Geschäftslage erstmals seit Jahresbeginn 2021 wieder negativ, wenn auch nur knapp. Bei 26,1 Prozent der Betriebe laufen die Geschäfte gut, bei 26,6 Prozent dagegen schlecht. Der Geschäftslageindex als Differenz beider Werte sinkt seit dem Frühjahr um gut 18, gegenüber Jahresbeginn sogar um fast 20 Punkte auf aktuell minus 0,5 Punkte. Auch die Erwartungen der Unternehmen sind wieder düsterer als zuvor: Mit 38 Prozent geben nun deutlich mehr negative Geschäftserwartungen zu Protokoll als zuvor, denen nur ein kleiner Anteil von nach wie vor um die 15 Prozent Optimisten gegenübersteht.
„Der Geschäftserwartungen im Kreis Mettmann fallen damit zurück auf ein so niedriges Niveau wie es in den letzten fünfzehn Jahren mit Ausnahme auf den Höhepunkten der Energiesorgen vor einem Jahr und der Corona-Beschränkungen im Frühsommer 2020 nicht mehr verzeichnet worden ist“, beschreibt IHK-Konjunkturexperte Gerd Helmut Diestler das Ergebnis der aktuellen IHK-Konjunkturbefragung.
„Weder von der Inlandsnachfrage noch vom Export erwartet die Wirtschaft im Neanderland im kommenden Jahre Impulse“, erläutert Diestler. Die Inlandsnachfrage bezeichnen dabei gut 40 Prozent der Betriebe aller Branchen als großes Wirtschaftsrisiko, im Einzelhandel sind es mit zwei von drei so viele wie in den letzten sechs Jahren nicht mehr. Die Auslandsnachfrage wird zwar nur von einem Viertel der exportierenden Betriebe als besonderes Risiko gesehen, also sogar etwas weniger als bei den letzten Umfragen. Gleichwohl überwiegen die Betriebe mit negativen Exporterwartungen. Denn, die Weltwirtschaft schwächelt und ihr Wachstum ist absehbar zu gering, als dass Exporteure aus Deutschland davon besonders profitieren können.
„Zu dieser Wirtschaftsschwäche kommen immer mehr geopolitische Krisen hinzu, die den internationalen Waren- und Dienstleistungsaustausch hemmen und weiter gefährden. Die deutsche Wirtschaft büßt zudem immer mehr an internationaler Wettbewerbsfähigkeit ein. Und nicht zuletzt werden die absehbar weiter hohen Energiepreise als gravierender Standortnachteil immer offensichtlicher“, zählt Diestler die zunehmenden Schwierigkeiten auf, denen sich international aufgestellte Betriebe nicht nur im Kreis Mettmann ausgesetzt sehen.
Aus Sicht vieler Betriebe droht sich deshalb die derzeitige Wirtschaftsschwäche über eine vorübergehende Konjunkturphase hinaus zu einer grundlegenden Strukturkrise auszuwachsen. „Neben der Energiepolitik wird vor allem die belastende Bürokratie besonders oft angeführt, wenn es um Kritik an den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen geht“, weist Diestler auf eine steigende Unzufriedenheit der Wirtschaft mit der Wirtschaftspolitik hin. Angesichts der trüben Stimmung geht in allen Wirtschaftsbereichen die Investitionsneigung zurück, und nirgends überwiegen mehr positive Beschäftigungspläne. Immerhin bezeichnen mit immer noch gut 60 Prozent aller Betriebe etwa so viele wie vor einem Jahr und kaum weniger als im bisherigen Jahresverlauf ihre Finanzlage als unproblematisch.
Mit Ausnahme der Bauwirtschaft schätzen alle übrigen Branchen ihre Lage im Herbst 2023 teils erheblich schlechter ein als noch im Frühjahr dieses Jahres. Auch der Einzelhandel, der sich bis zuletzt besser als in vielen anderen Regionen geschlagen hatte, kann sich nun nicht mehr den dämpfenden Einflüssen von Inflation, hohen Energiepreisen und großer Zukunftsskepsis entziehen. Die Absatzerwartungen für das kommende Jahr sind bei mehr als je-dem zweiten Einzelhändler negativ. Immerhin berichten fast 80 Prozent noch über eine aktuell unproblematische Finanzlage, was hoffen lässt, dass sie die Zeit überstehen, bis eine nachlassende Inflation, ein weiter robuster Arbeitsmarkt und zumindest stabile Energiepreise die Konsumneigung wieder ankurbeln.
„Die Konjunkturschwäche hat nun auch weite Teile der verarbeitenden Industrie erfasst“, analysiert Diestler weiter. Das gilt besonders für die Produzenten von Vorleistungsgütern, etwa in der Metallindustrie, und dort vor allem für die im Nordkreis bedeutende Schloss- und Beschlagindustrie. Hier wie auch von den Produzenten von Investitionsgütern beklagt mehr als die Hälfte der Betriebe einen Rückgang ihrer Auftragseingänge. Das gilt auch in Summe für die Dienstleister sowie die Bauwirtschaft.
Letztere konnte trotz der verschlechterten Bedingungen durch die gestiegenen Zinsen sowie Material- und Arbeitskosten eine Branchenrezession aber noch vermeiden. Altaufträge und der Tiefbau wie das Ausbaugewerbe tragen die Baukonjunktur noch ein wenig weiter. Aber die Auslastung der Baubranche insgesamt ist bereits um gut 2 Punkte auf unter 79 Prozent gesunken, was rund zweieinhalb Punkte unter dem langjährigen Durchschnitt liegt. Die Großhandelskonjunktur wird noch gestützt durch seine produktionsverbindende Sparte, und das trotz der bereits erheblich stockenden Industriekonjunktur. Von Umsatzrückgängen berichten aber sowohl in der konsumorientierten Sparte wie auch bei den produktionsverbindenden Großhändlern mehr Betriebe, als sich über eine Umsatzsteigerung freuen können.
In den Dienstleistungsbranchen hat sich die Geschäftslage zwar merklich eingetrübt, wird aber insgesamt noch als zufriedenstellend beurteilt. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen groß: Die Logistiker können sich immer weniger den Schwierigkeiten ihrer industriellen Kunden entziehen. Sie werden außerdem stark durch die hohen Treibstoffpreise, die drohende Anhebung der Straßenverkehrsmaut und einen Arbeitskräftemangel belastet. IT-Dienstleister oder auch die Beratungsbranche haben hingegen noch eine hohe Nachfrage, auch dank des anhaltenden Trends zur Digitalisierung.