International

Handelsvertreter- und Vertragshändlerverträge im grenzüberschreitenden Vertrieb

Unternehmen, die im weltweiten Handel tätig sind, brauchen gut ausgearbeitete internationale Vertriebsverträge.
Vor allem beim Vertriebsaufbau schalten Unternehmen häufig Dritte als Vertriebspartner im jeweiligen ausländischen Zielmarkt ein. Hierfür sprechen oft gute Gründe, wie zum Beispiel die Kenntnis des lokalen Marktes, Reputation des Vertriebspartners, Gründe der Kosten- und Risikominimierung oder direkte lokale Kundennähe und -betreuung.
Es gibt international nicht den einen Vertriebsvertrag. Gängige Vertriebsformen sind in Deutschland, in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie in vielen anderen Ländern allerdings der Handelsvertreter und der Vertragshändler. Allerdings gibt es kein einheitliches international akzeptiertes sowie durchsetzbares Handelsvertreter- und Vertragshändlerrecht.
Welche wichtigen rechtlichen Aspekte müssen bei einem Vertragsschluss mit einem Handelsvertreter und Vertragshändler insbesondere beachtet werden?

Wer ist Handelsvertreter?

Handelsvertreter innerhalb der Europäischen Union
In der Europäischen Union wurde bereits im Jahr 1986 das Handelsvertreterrecht durch die EU-Richtlinie 86/653/EWG harmonisiert. Trotz der Umsetzung der EU-Richtlinie ist zu beachten, dass weder die für Handelsvertreter maßgeblichen Gesetze der Mitgliedsstaaten vollumfänglich identisch sind noch diese Gesetze von der jeweiligen nationalen Rechtsprechung einheitlich ausgelegt werden.
Handelsvertreter im Sinne dieser Richtlinie ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für eine andere Person („Unternehmen“) den Verkauf oder den Ankauf von Waren zu vermitteln oder diese Geschäfte im Namen und für Rechnung des Unternehmens abzuschließen. Im deutschen Recht ist der Handelsvertreter in Umsetzung der Richtlinie in den §§ 84ff. HGB geregelt.
Der vermittelte Vertrag wird unmittelbar zwischen dem Unternehmen und dem Kunden abgeschlossen. Der Handelsvertreter ist nicht Partei des Vertrages. Er erhält regelmäßig eine Provision sowie bei Vertragsbeendigung einen Ausgleichsanspruch oder in manchen EU-Mitgliedstaaten stattdessen einen Schadensersatzanspruch (abhängig vom jeweiligen EU-Mitgliedstaat).
Handelsvertreter außerhalb der Europäischen Union
Das Handelsvertreterrecht weist in den verschiedenen Ländern der Welt gravierende Unterschiede – auch im Vergleich zu den Regelungen der EU-Mitgliedstaaten – auf, und zwar zum Beispiel im Hinblick
  • auf die Vergütung,
  • das Bestehen eines Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruchs bei Vertragsbeendigung,
  • die Zulässigkeit der Aufteilung des Vertriebsgebiets,
  • die Kündbarkeit des Vertrags,
  • der Exklusivität und
  • Wettbewerbsfragen.
In einzelnen Ländern können darüber hinaus sogar administrative Anforderungen, wie etwa zwingende oder nicht zwingende Registrierungspflichten bestehen, an die dann wiederum bestimmte Rechtsfolgen wie Ausgleichsansprüche oder Kündigungsmöglichkeiten geknüpft sind.
Diese Unterschiede können die Wettbewerbsbedingungen und die Berufsausübung der Handelsvertreter spürbar beeinflussen. Insbesondere können sie zum Beispiel den Schutz des Handelsvertreters betreffen, der diesem nach deutschem Recht eingeräumt wird, soweit es dem Unternehmen möglich ist, auf die Rechtsordnung eines anderen Staates mit niedrigerem Schutzniveau auszuweichen.

Handelsvertreter als Arbeitnehmer?

Unter bestimmten Voraussetzungen kann es vorkommen, dass eine nach den Vorstellungen der Parteien als Handelsvertreter tätige Person in dem jeweiligen Zielland oder in Deutschland als Arbeitnehmer mit arbeitsrechtlich und sozialversicherungspflichtig ungewollten Konsequenzen einzustufen ist.
In vielen Ländern sind Handelsvertreter in entsprechende Register eingetragen; dies kann bereits einen Anhalt über seine Eigenschaft als selbständiger Unternehmer bieten. Das Risiko der ungewollten Umqualifizierung des Handelsvertreters lässt sich unter Berücksichtigung der lokalen Gesetze und Rechtsprechung meist durch bestimmte Maßnahmen reduzieren. Dazu können insbesondere gehören, dass er nicht in die eigene Unternehmens- und Arbeitsorganisation wie ein Arbeitnehmer eingebunden wird, er weitgehende Freiheiten hat und nicht durch zu enge Vorgaben / Weisungen eingeschränkt wird.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor Beginn der Tätigkeit immer zu prüfen, ob die eingesetzte Person tatsächlich als Arbeitnehmer oder vielleicht doch als Handelsvertreter eingesetzt wird. Dies sollte dann in einem schriftlichen Vertrag entsprechend geregelt sein, wobei es nicht ausreichend ist den Vertrag als „Handelsvertretervertrag“ lediglich zu überschreiben. Letztlich wird es entscheidend auf die zwischen den Parteien gelebte Praxis ankommen.

Ist der Vertrieb im Zielmarkt durch Arbeitnehmer möglich?

Es kann auch gewollt sein, dass das Unternehmen gerade keinen Handelsvertreter, sondern einen Arbeitnehmer im Zielmarkt mit dem Vertrieb betrauen möchte. In der Europäischen Union besteht diese Möglichkeit. Die Gründung eines Unternehmens oder einer Niederlassung im EU-Zielmarkt ist hierfür unter Berücksichtigung gewisser Voraussetzungen nicht erforderlich.
Abhängig davon, wie der Vertrag mit dem Arbeitnehmer ausgestaltet ist und wie dieser konkret tätig wird, können Fragen des deutschen oder ausländischen Arbeitsrechts eine Rolle spielen sowie Fragen zur Mitarbeiterentsendung ins europäische Ausland. Informationen zur Mitarbeiterentsendung ins europäische Ausland stehen auf der Webseite der IHK Düsseldorf bereit.
Auch im Falle des Einsatzes eines Mitarbeiters außerhalb der Europäischen Union, ist es ratsam, im Vorfeld zu prüfen, ob dies im Zielmarkt und unter welchen Voraussetzungen möglich ist.

Wird durch den Handelsvertreter eine Betriebsstätte des Unternehmens im Ausland begründet?

Es sollte immer geprüft werden, ob durch den Einsatz eines Handelsvertreters eine Betriebsstätte des Unternehmens mit Bilanz- und Steuerpflichten im Zielmarkt ungewollt begründet werden kann und wie dies vermieden werden kann.

Welches Recht ist auf grenzüberschreitende Handelsvertreterverträge anwendbar?

Es erscheint verlockend für alle Zielländer mit dort ansässigen Handelsvertretern dasselbe Recht mit weitgehend gleich gestalteten Klauseln zu vereinbaren und somit auf einen Mustervertrag zurückgreifen zu können. Dies kann zwar in Bezug auf einzelne Rechtsordnungen und aus wirtschaftlicher Sicht des Unternehmens im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, sollte aber nicht unbedacht so gehandhabt werden. Vielmehr ist es wichtig, eine entsprechende Prüfung im Vorfeld durchzuführen, Verträge umsichtig abzufassen und alle Möglichkeiten, die die eigene Rechtsposition verbessern kann, zu kennen und nach Möglichkeit wahrzunehmen.
Zunächst ist festzustellen, welches Recht auf das Vertragsverhältnis anwendbar ist und ob eine Rechtswahl der Parteien zulässig ist.
Handelsvertreter mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Europäischen Union
Haben der Handelsvertreter und das Unternehmen ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ist nach Art. 3 Rom I-VO (EG) Nr. 593/2008 regelmäßig eine Rechtswahl in dem grenzüberschreitenden Vertrag zulässig und ratsam. Fehlt es vertraglich an einer Rechtswahl, greift Artikel 4 der sogenannten Rom-I-Verordnung ein, die für das anwendbare Recht an den Ort anknüpft, an dem der Handelsvertreter seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies wird regelmäßig der Staat sein, in dem sich der Sitz des Handelsvertreters befindet. Der gewöhnliche Aufenthaltsort ist der Sitz der Hauptniederlassung. Wenn der Vertrag aber im Rahmen des Betriebs einer Zweigniederlassung geschlossen wird, wird es auf den Ort dieser Zweigniederlassung ankommen. Für den Zeitpunkt der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts kommt es regelmäßig auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an.
Ausschließliche Tätigkeit des Handelsvertreters im Drittland
Namentlich bei Verträgen mit Handelsvertretern außerhalb der Europäischen Union ist zu fragen, ob überhaupt und unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Rechtswahl im Zielmarkt gebilligt wird. Selbst bei einer aus deutscher Rechtssicht unter Umständen zulässigen Wahl des deutschen Rechts besteht sonst bei Differenzen ein Risiko, dass das Gericht im lokalen Markt des Handelsvertreters angerufen wird und diese das dortige Recht anwenden.
Eine Besonderheit bildet nach deutschem Recht der Handelsvertreter, der seine Tätigkeit ausschließlich in Drittländern außerhalb des Gebiets der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ausübt. Im Falle der Anwendbarkeit deutschen Rechts sieht § 92 c HGB ausdrücklich vor, dass in Verträgen mit Handelsvertretern von allen Bestimmungen des deutschen Handelsvertreterrechts abgewichen werden kann. Handelsvertreter können also auch nicht immer damit rechnen, dass ihnen stets die Handelsvertreter-schützenden Regelungen des deutschen Rechts zu Gute kommen. Dies betrifft dann auch den sonst zwingenden Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters.
Für das Unternehmen kann es daher sogar attraktiv sein, die Geltung ausländischen Rechts mit dem Handelsvertreter zu vereinbaren. Hier sollte aber eine Gesamtbetrachtung erfolgen, da es zwar zum Beispiel zu einem Ausschluss eines Ausgleichsanspruchs oder anderer das Unternehmen nach deutschem Recht beschwerender Regelungen kommen kann, aber das ausländische Recht seinerseits neben vorteilhaften Regelungen auch durchaus andere Erschwernisse mit sich bringen kann. Zu nennen sind hier zum Beispiel Schriftformerfordernisse, Registrierungspflichten, eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten oder nur unter hohen Schadensersatzzahlungen, ausländische Gesetzesänderungen mit direkter Wirkung auf das Vertragsverhältnis als Dauerschuldverhältnis sowie Entscheidungen ausländischer Gerichte.
Änderungen der Geschäftsbeziehung und Folgen für das anwendbare Recht
Da auch der Handelsvertretervertrag auf eine langfristige Geschäftsbeziehung angelegt ist, kann es komplizierter werden, wenn zwar außereuropäisches Recht vereinbart wurde, sich aber das Vermittlungsgebiet ändert und zum Beispiel der Handelsvertreter nunmehr auch in der Europäischen Union für das Unternehmen vermittelt oder seinen Sitz in die Europäische Union verlegt. Es sollte dann geprüft werden, ob die vertraglich vereinbarten Regelungen noch Bestand haben oder es einer Anpassung der Vertragsverhältnisses bedarf.

Handelsvertreter: Fragenliste als Orientierungshilfe

Vor Abschluss eines Handelsvertretervertrages kann sich das Unternehmen an der folgenden Fragenliste orientieren, wobei diese Fragenliste einzelne wichtige Punkte enthält und nicht abschließend sein kann. Aufgrund lokaler Gegebenheiten können zudem andere Punkte für den jeweiligen Vertragsschluss wichtig sein, die hier nicht erfasst sind. Die Liste kann für den jeweiligen Zweck auch abgeändert oder ergänzt werden.
Fragenliste Handelsvertretervertrag
Welches Recht ist anwendbar? Gibt es zwingend anwendbares Recht?
Gibt es die Vertriebsform „Handelsvertreter“ im Zielmarkt und was wird darunter verstanden (Abgrenzung zu anderen Vertriebsformen im Zielmarkt)?
Wie ist die Rechtsstellung des Handelsvertreters?
Ist der Handelsvertreter als Arbeitnehmer zu qualifizieren?
Auf welche Produkte oder Produktgruppen bezieht sich der Vertrag?
Auf welche Kunden bezieht sich der Vertrag?
Sind bestimmte Kunden ausgeschlossen?
In welchem Gebiet bzw. Land soll der Handelsvertreter tätig sein (Vertragsgebiet)?
Welche Aufgaben / Pflichten hat der Handelsvertreter?
Welche Befugnisse hat der Handelsvertreter?
Soll der Handelsvertreter eine Abschlussvollmacht erhalten?
Darf der Handelsvertreter Dritte einsetzen oder Ausschluss?
Welche Pflichten hat das Unternehmen?
Wann entsteht ein Provisionsanspruch? Wann wird er fällig?
Wie wird die Höhe der Provision berechnet?
Wann endet die Provisionspflicht?
Werden Auslagen erstattet?
Wie ist die Vertragsdauer (Befristung) und Beendigung des Vertrages geregelt?
Unter welchen Voraussetzungen erhält der Handelsvertreter bei Vertragsbeendigung einen Ausgleichs- oder Schadensersatzanspruch?
Sind nach Vertragsbeendigung Unterlagen oder Informationen zu übergeben?
Soll es einen Gebietsschutz bzw. Exklusivität oder Wettbewerbsverbote während oder nach der Vertragslaufzeit geben?
Wie ist die Verjährung von gegenseitigen Ansprüchen geregelt?
Sollen Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten?
Kann eine Rechtswahl getroffen werden?
Gibt es eine mit dem anwendbaren Recht korrespondierende Gerichtsstandsklausel? Alternativ: Schiedsklausel?
Welche Vertragssprache ist bindend?
Besteht eine Formbedürftigkeit des Vertrages?
Besteht eine Registrierungspflicht, andere administrative Erfordernisse?
Wird durch den Einsatz des Handelsvertreters im Ausland eine Betriebsstätte begründet?

Wer ist Vertragshändler?

Abzugrenzen ist der Handelsvertreter vom Vertragshändler.
Eine entsprechende europäische Rechtsvereinheitlichung des Vertragshändlerrechts und einheitliche gesetzliche Definition des Vertragshändlers ist nicht vorhanden. Dies gilt ebenso weltweit.
Nur Belgien hat in der Europäischen Union das Vertragshändlerrecht gesetzlich geregelt. In einigen EU-Mitgliedstaaten wird unter bestimmten Voraussetzungen das Handelsvertreterrecht allerdings entsprechend auf Vertragshändler angewandt, insbesondere in Bezug auf den Ausgleichsanspruch, wie zum Beispiel im deutschen Recht.
Der deutsche Bundesgerichtshof versteht unter einem Vertragshändler:
„Unter einem Eigenhändlervertrag wird ein auf gewisse Dauer gerichteter Rahmenvertrag eigener Art verstanden, durch den sich der eine Teil (Eigenhändler oder Vertragshändler) verpflichtet, Waren des anderen Teils (des Herstellers oder Lieferanten) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu vertreiben, und durch den der Eigenhändler in die Verkaufsorganisation des Herstellers eingegliedert wird.“
Es wird also regelmäßig ein Rahmenvertrag zwischen Vertragshändler und Unternehmen geschlossen sowie in dessen Ausführung geschlossene Einzelverträge (zum Beispiel Kaufverträge). Eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen den Kunden des Vertragshändlers und dem Unternehmen besteht in aller Regel nicht.

Wichtig: Vertriebskartellrecht beachten!

Vereinbarungen in Vertragshändlerverträgen, wie zum Beispiel zur Exklusivität, der Aufteilung des Marktes sowie Wettbewerbsbeschränkungen schränken den freien Wettbewerb ein, so dass eine zentrale Rolle bei der Gestaltung und Prüfung von Vertragshändlerverträgen, aber teilweise auch erst bei künftigen Veränderungen der oft langjährigen Geschäftsbeziehung, auch das deutsche und ausländische Vertriebskartellrecht spielen kann.

Welches Recht ist auf grenzüberschreitende Vertragshändlerverträge anwendbar?

Hier besteht die Besonderheit, dass es regelmäßig einen Rahmenvertrag und Einzelverträge zwischen Vertragshändler und dem Unternehmen gibt, so dass sich die Vertragsparteien mit dem anwendbaren Recht für sämtliche im Rahmen der oft langjährigen Geschäftsbeziehung geschlossenen bzw. in Ausführung des Rahmenvertrages zu schließenden Einzelverträge sowie der Konsequenzen aufgrund des anwendbaren Rechts im Vorfeld befassen sollten.
Auch langjährige Geschäftsbeziehungen, die anfangs kaufvertraglich zu qualifizieren waren, verändern sich häufig stillschweigend oder auch durch schriftliche Regelungen die Vorgaben zum Vertrieb, Boni, Jahresziele oder Exklusivitätszusagen. Dies kann ungewollt im Laufe der Geschäftsbeziehung zur Änderung des anwendbaren Rechts mit unbekannten Folgen für das Unternehmen und den Vertragshändler führen, wenn im Vorfeld keine Rechtswahl getroffen wurde.
In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union können Vertragshändler und Unternehmen regelmäßig das anwendbare Recht nach Art. 3 der ROM-I-VO frei wählen. Allerdings ist das UN-Kaufrecht vorrangig vor der Rom-I-VO zu prüfen. Dieses kann dann (ergänzend) anwendbar sein, wenn der Vertrag kaufvertragliche Elemente zum Beispiel im Einzelvertrag oder auch im Rahmenvertrag enthält. Dies wird beim Rahmenvertrag zwar eher nicht der Fall sein, entscheidend ist aber letztlich immer die konkrete Vertragsformulierung bzw. die tatsächliche Praxis.
Weitere Informationen zum UN-Kaufrecht finden Sie auf unserer Webseite.
Ohne Rechtswahl verhält es sich bei einem grenzüberschreitenden Vertragshändlervertrag und in dessen Ausführung geschlossenen Einzelverträgen in der Europäischen Union regelmäßig so:
Regelmäßig wird der Rahmenvertrag ein Vertriebsvertrag im Sinne von Art. 4 ROM-I-VO sein, so dass das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Vertragshändler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Demgegenüber werden Einzelkaufverträge dem Recht am Sitz des Lieferanten (ggfls. einschließlich des UN-Kaufrechts) nach Art. 4 ROM-I-VO unterliegen. Eine Rechtswahl für den Rahmenvertrag und die in dessen Ausführung abzuschließenden Einzelverträge kann also vermeiden, dass abhängig von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung der Verträge auf den Rahmenvertrag ein anderes Recht als auf die Einzelverträge anzuwenden ist.
Ob eine Rechtswahl bei Verträgen mit Drittlandbezug möglich ist, muss im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung des Rechts des Drittlands geprüft werden.
Auch beim Vertragshändlervertrag sollten vor Vertragsschluss Vereinfachungen und Erschwernisse des ausländischen Rechts für das Unternehmen gegenüber dem deutschen Recht sorgfältig abgewogen werden. Insbesondere kann auch hier ein Ausschluss eines Ausgleichsanspruchs des Vertragshändlers relevant sein, der diesem unter bestimmten Voraussetzungen von der deutschen Rechtsprechung gewährt wird.

Praxistipps!

Wichtig ist vor einer schnellen Entscheidung einen Vertriebspartner einzuschalten, dass sich das Unternehmen vor dem Markteintritt über die möglichen Optionen der Vertriebsstrategie und insbesondere auch die rechtlichen Aspekte umfassend beraten lässt. Die rechtlich zulässigen Vertriebsarten sowie die vertraglichen Gestaltungsoptionen der Vertriebspartnerschaft variieren allerdings nach Zielmarkt. Die Unkenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen kann bei der Gestaltung der grenzüberschreitenden Verträge zu umsatzminimierenden Folgen und bei der Vertragsbeendigung unter Umständen sogar zu unbekannten kostspieligen Konsequenzen führen.
Vor einem Vertragsschluss sollte geprüft werden, welches Recht auf das Vertragsverhältnis anwendbar ist und welches Recht ggfls. vorteilhafter ist. Dies kann aus Sicht des Unternehmens und des Handelsvertreters bzw. Vertragshändlers durchaus unterschiedlich beurteilt werden und ist letztlich im Einzelfall zu bestimmen und zu verhandeln.
In Vertriebsverträgen ist zudem darauf zu achten, dass die wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen der Europäischen Union und der etwaig anwendbaren ausländischen Rechtsordnung beachtet werden.
Unternehmen sollten unbedingt einen schriftlichen Vertrag abschließen, in dem detailliert das Vertragsverhältnis geregelt wird, um sich im Streitfall auf die getroffenen Vereinbarungen berufen zu können. Regelmäßige Überprüfungen sind bei auf Dauer angelegten Vertragsbeziehungen unerlässlich.
Verschiedene Organisationen, wie zum Beispiel die vor Ort ansässigen Deutschen Auslandshandelskammern (AHK) können das Unternehmen unterstützen, den richtigen Vertriebspartner zu finden. Sofern es im Zielland ein Handelsvertreterregister geben sollte, können auch diese zur Hilfe bei der Handelsvertretersuche oder Online-Datenbanken, wie zum Beispiel die B2B-Plattform der IUCAB, genommen werden.
Informationen und Portale für die weltweite Handelsvertretersuche finden Sie für verschiedene Länder (zum Beispiel Indien, Korea (Rep.), Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Schweiz, Spanien) über unsere Webseite (www.ihk.de/duesseldorf – Suchwort: Handelsvertreter).
Stand/Letzte Aktualisierung: 19. Juni 2024