Internationales VertragsRecht

Doppelbesteuerungs-Abkommen

Unternehmen, die im Ausland tätig sind oder tätig werden wollen, stellen sich häufig die Frage, in welchem Land die Unternehmenseinkünfte besteuert werden. Denn jede Pflicht, zusätzlich auch eine Steuererklärung bei einer ausländischen Behörde einreichen zu müssen, bedeutet mehr Potenzial für Konflikte und somit potentiell auch einen finanziellen Mehraufwand.

Prinzipien in Doppelbesteuerungsabkommen

Um zu bestimmen, wann man als Person oder Gesellschaft in einem Staat der jeweiligen Einkommensteuer unterliegt - also steuerpflichtig ist - berufen sich die Steuersysteme auf verschiedene Prinzipien:
Wohnsitzlandprinzip
Ein Staat bestimmt die Steuerpflicht danach, ob eine Person in dem Staat ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, beziehungsweise ob eine Gesellschaft in dem Staat ihren Sitz hat.
Quellenstaatprinzip
Ein Staat bestimmt die Steuerpflicht danach, ob die Einkünfte einer Person oder Gesellschaft aus diesem Staat stammen.
Nationalitätsprinzip
Ein Staat bestimmt die Steuerpflicht danach, ob eine Person die Nationalität dieses Staates besitzt; wird zum Beispiel durch die USA angewandt.
Welteinkommensprinzip
Ein Staat besteuert alle Einkünfte, die eine Person oder Gesellschaft weltweit erzielt hat.
Territorialitätsprinzip
Ein Staat besteuert nur die Einkünfte, die eine Person oder Gesellschaft auf dem Territorium dieses Staates erwirtschaftet hat.
Freistellungsmethode
Lediglich einer der beiden Staaten darf die Einkünfte besteuern, während dem anderen Staat gar keine Steuer zusteht.
Anrechnungsmethode
Einer der beiden Staaten darf die Einkünfte zuerst besteuern, der andere Staat nachfolgend ebenfalls, muss auf seine Steuerforderung aber die bereits dem ersten Staat gezahlte Steuer anrechnen.
Zum Vergleich: In Deutschland wird das Wohnsitzlandprinzip mit dem Welteinkommensprinzip verknüpft und das Quellenstaatprinzip mit dem Territorialitätsprinzip. Jedoch wird das Quellenstaatprinzip nur dann angewandt, wenn eine Person weder ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, beziehungsweise wenn eine Gesellschaft nicht ihren Sitz in Deutschland hat.

Doppelbesteuerungsabkommen als Schutz des Unternehmers

Durch unterschiedliche Prinzipien kommt es bei international tätigen Unternehmen regelmäßig dazu, dass durch verschiedene Tätigkeiten die Voraussetzungen der Steuerpflicht mehrerer Staaten erfüllt werden, die jeweils alle dieselben Einkünfte eines Unternehmens besteuern wollen.
Um eine solche „Doppelbesteuerung“ der Einkünfte zu verhindern, haben die meisten Staaten untereinander völkerrechtliche Verträge abgeschlossen, die Doppelbesteuerungsabkommen (Abkürzung: DBA) genannt werden. Diese regeln, welcher Staat bei welcher Tätigkeitsart die Einkünfte besteuern darf, beziehungsweise wie eine Doppelbesteuerung vermieden wird.
Durch ein DBA werden also keine zusätzlichen Möglichkeiten geschaffen, ein Unternehmen zu besteuern, sondern lediglich die nationalen Gesetze eingeschränkt, um vor zu hohen Zahlungsverpflichtungen zu schützen. Deutschland hat solche DBA mit fast allen Staaten der Welt abgeschlossen.

Einheitlicher Aufbau der Doppelbesteuerungsabkommen

Weltweit gibt es zwei bedeutsame Mustervorlagen für DBA, die von der UN und von der OECD stammen, und auf die alle Staaten bei ihren Verhandlungen zurückgreifen. Deutschland hat sich zudem eine eigene Verhandlungsgrundlage erstellt, die auf diesen Mustervorlagen basiert.
Aufgrund dieser Mustervorlagen sind der grobe Aufbau und die Systematik aller DBA weitestgehend einheitlich. Lediglich die speziellen Regelungen weichen voneinander ab, da die Staaten bei den Verhandlungen die Mustervorlagen an ihre Bedürfnisse anpassen. Dadurch lassen sich jedoch zumindest ein paar allgemeine Aussagen treffen, die für ein Unternehmen in allen DBA gelten.

Gesonderte Regelungen für unterschiedliche Arten von Unternehmensgewinnen

Unternehmensgewinne sind für Zwecke eines DBA in die unterschiedlichen Tätigkeiten und Quellen aufzuteilen, aus denen Gewinne erzielt wurden.
Insbesondere für zugeflossene Zinsen und Dividenden, für Gewinne aus Lizenzgebühren und aus der Veräußerung von Vermögen, gibt es häufig eigenständige Regelungen, für die jeweils gesondert bestimmt ist, welcher Staat diese Einnahmen besteuern darf.
Die restlichen allgemeinen Unternehmensgewinne sind im Regelfall nur in dem Staat zu besteuern, in dem das Unternehmen seinen Hauptsitz hat oder - bei Einzelunternehmen oder Personengesellschaften - in dem die dahinterstehende Person ihren Wohnsitz hat (sogenannten „Ansässigkeitsstaat“).
Eine wichtige Ausnahme hiervon greift für Unternehmen, die eine „Betriebsstätte“ in einem anderen Staat betreiben. Was genau eine „Betriebsstätte“ ist, ist dabei von DBA zu DBA unterschiedlich definiert. Klassische Beispiele, die aber immer als Betriebsstätte gelten, sind Zweigniederlassungen, Geschäftsstellen oder Fabrikationsstätten, die dem Unternehmen im anderen Staat selber gehören.
Für solch eine Betriebsstätte ist dann zu bestimmen, welcher Anteil am Gesamtgewinn des Unternehmens ihr zuzurechnen ist. Dieser Anteil ist, anders als die restlichen allgemeinen Unternehmensgewinne, nicht im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens zu versteuern, sondern nur in dem Staat, in dem sich die jeweilige Betriebsstätte befindet. Eine Betriebsstätte bedeutet folglich eine zusätzliche Steuerpflicht in dem ausländischen Staat, in dem sich diese befindet.

Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in einem Doppelbesteuerungsabkommen

Zur Vermeidung von Doppelbesteuerung, also gegen drohende Steuerzahlungen an alle involvierten Staaten, kennen alle DBA zwei Methoden:
Freistellungsmethode
Lediglich einer der beiden Staaten darf die Einkünfte besteuern, während dem anderen Staat gar keine Steuer zusteht.
Anrechnungsmethode
Einer der beiden Staaten darf die Einkünfte zuerst besteuern, der andere Staat nachfolgend ebenfalls, muss auf seine Steuerforderung aber die bereits dem ersten Staat gezahlte Steuer anrechnen.
Beispielsweise wird bei den oben genannten allgemeinen Unternehmensgewinnen meistens die Freistellungsmethode angewandt, sodass ausschließlich der Ansässigkeitsstaat des Unternehmens die Gewinne besteuern darf.
Bei Zinsen und Dividenden wird hingegen häufig die Anrechnungsmethode angewandt, sodass der Staat, aus dem die Einnahmen stammen, diese mit einer Abgeltungssteuer belegen darf. Im Ansässigkeitsstaat eines Steuerpflichtigen dürfen die Zinsen und Dividenden dann ebenfalls noch einmal besteuert werden, wobei jedoch die bereits im anderen Staat gezahlte Abgeltungssteuer angerechnet wird.