Unternehmertum ist Verantwortung

Schritt für Schritt ein Stückchen besser

Es begann mit stilvollen Wickeltaschen, die das Frausein und nicht das Muttersein betonen sollten. Heute ist der Erstausstatter und Kinderbekleidungshersteller Lässig aus Babenhausen international erfolgreich. Der Kern der Marke: schöne und funktionale Produkte zu entwickeln, die man mit gutem Gewissen tragen kann. Nachhaltigkeit geht Lässig dabei nie dogmatisch, sondern immer pragmatisch an.
Autorin: Veronika Heibing, 5. April 2021
Als Claudia Lässig ihren Sohn zur Welt bringt, schaut sie sich nach einer Wickeltasche um. Doch was der Markt zu bieten hat, ist so gar nicht ihr Stil. „Taschen gab es in Hellblau, Rosa oder mit Bärchen verziert. Das hat mir nicht gefallen. Man ändert nicht auf einmal seinen Modegeschmack, nur weil man Mutter wird. Ich wollte auch als Mutter etwas tragen, was schick und stylisch ist“, sagt sie. In ihr entstand der Wunsch, eine eigene Wickeltasche herauszubringen, die modisch und funktional zugleich ist. Die das Frausein und nicht nur das Muttersein betont. Denn sie war sich sicher, dass es anderen ähnlich geht wie ihr.
Gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Stefan gründet sie 2006 das Unternehmen Lässig. „Unsere erste Idee war eine Wickeltasche, bei der man die Klappe vorne abnehmen und austauschen konnte. Für verschiedene Anlässe und Geschmäcker gab es unterschiedliche Klappen. Die Tasche ließ sich so individuell gestalten – lieblich, neutral oder aber sehr männlich, falls der Vater die Tasche tragen möchte“, erzählt Claudia Lässig.
„Das war damals ziemlich neu.“ Der Nachhaltigkeitsgedanke, für den die Marke heute bekannt ist, war von Anfang an mit dabei. Schon bei den ersten Produkten setzte der Wickeltaschenhersteller aus Babenhausen neue Maßstäbe und verwendete beispielsweise als Erster in der Branche recyceltes Polyester. Das wurde laut Claudia Lässig zuvor nur im Outdoor-Bereich gemacht. „Ich wollte schon damals nicht nur Einfluss auf das Design, sondern auch auf die Materialien haben“, sagt die Unternehmerin. „Schließlich geht es bei werdenden Müttern und Kindern um eine besonders schutzbedürftige Gruppe. Da will man ein gutes Gefühl haben, bei den Produkten, die man verwendet.“
Das Konzept war nicht ohne Risiko: Nachhaltig und fair zu produzieren, schlägt sich im Preis nieder. Die preissensiblen Verbraucher überlegten sich damals genau, ob sie dafür mehr Geld ausgeben wollen.

Im Ausland zu produzieren, erfordert vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen

Weil Claudia Lässig bereits Erfahrung darin hatte, Waren aus dem Ausland einzukaufen, suchte sie in China nach einem geeigneten Partner, mit dem sie eine nachhaltige Produktion umsetzen könnte. Ein mutiger Schritt, denn Erfahrung in der Produktion und im Produktdesign hatte sie keine. Auch kannte sie sich auf dem asiatischen Markt nicht aus. „Heute würde ich das so nicht noch mal machen“, erinnert sie sich und lacht. „Ich wollte das keinem Agenten überlassen und nicht auf Zertifikate vertrauen. Also war ich mehrere Wochen selbst vor Ort. Mit den ersten Papierzeichnungen unterm Arm habe ich Produktionen besucht und geschaut, wo die Stoffe herkommen. Ich wollte eine Fabrik finden, die von der Philosophie her zu mir passt.“
Sie wurde fündig: Ein Familienunternehmen im Raum Shenzhen glaubte an ihre Geschäftsidee und entwickelte gemeinsam mit Claudia Lässig die ersten Muster – ohne zu wissen, wie es danach weitergeht. „Das war wie ein Sechser im Lotto, jemanden zu finden, der einem so viel Vertrauen entgegenbringt. Und wo es menschlich einfach passt, denn man kann nicht alles kontrollieren.“ Noch heute arbeiten beide Familien zusammen und sind gut miteinander befreundet. Nur zwei Jahre nach dem Start vertrieb Lässig seine Produkte bereits in sieben Ländern. Heute sind es über 50.
Damit gehört das Unternehmen zu den wenigen deutschen Marken im Erstausstattungs- und Kinderbekleidungsbereich, die international erfolgreich sind. Das Sortiment umfasst längst nicht mehr nur Wickeltaschen, sondern alles für werdende Eltern und für Kinder bis ins Grundschulalter. „Alles im Softbereich“, ergänzt Claudia Lässig, „von der Tasche oder dem Organizer für Mutter und Vater, Lätzchen oder Mulltücher fürs Baby über die Kindergartentasche bis hin zum Schulranzen.“ Auch Babykleidung und Home-Accessoires hat das Unternehmen mittlerweile im Programm. So hat der stationäre Handel die Möglichkeit, ganze Wohn- und Erlebniswelten von Lässig im Laden präsentieren zu können.
Alle Produkte folgen weiterhin dem Grundsatz, Design, Funktionalität und Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden. Sie werden aus hochwertigen, langlebigen Materialien möglichst energieeffizient, ressourcenschonend, schadstoffarm und fair produziert. Produkte wie Wickeltaschen und -rucksäcke werden so designt, dass sie sich auch als Hand- oder Umhängetaschen verwenden lassen. Dafür gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Auszeichnungen – vom Red Dot Design Award über den German Brand Award, den Plus X Award und mehr.
Um die hohe Qualität zu halten, geht Lässig langjährige Partnerschaften ein. Neben den gängigen Zertifikaten nach internationalen Standards müssen Fabriken und Lieferanten zusätzlich interne Audits bestehen, um den Ansprüchen zu genügen. Eine Niederlassung in Hongkong kümmert sich um die Qualitätssicherung der Produktion in China.

Glaubwürdig ist nur, wer offen über Verbesserungspotenzial spricht

Wenn neue Produkte ins Sortiment aufgenommen werden, wird zunächst geprüft, ob sich das in der bestehenden Lieferkette abbilden lässt und ob es aus verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekten heraus Sinn macht, ein solches Produkt überhaupt herzustellen, erläutert Claudia Lässig. Auch hat das Unternehmen eine Analyse aller Bestandsprodukte erstellen lassen, wie nachhaltig diese sind und wo es noch Luft nach oben gibt. „Was uns die Verbraucher hoch anrechnen: Wir hatten nie den Anspruch zu sagen, wir sind in allem, was wir tun, einhundert Prozent öko“, sagt Claudia Lässig. „Wir sind nicht perfekt. Doch wir haben den Anspruch, uns schrittweise in diese Richtung zu verbessern. Und wir kommunizieren das auch sehr transparent nach außen.“
Zur Geschäftsleitung gehören neben Claudia Lässig ihr Ex-Mann Stefan Lässig und Karin Heinrich – eine Freundin, die die Lässigs in der Gründungsphase sehr unterstützt hat. „Die Aufgabenbereiche sind nach unseren Stärken aufgeteilt, wir können uns somit gut ergänzen und unterstützen“, erzählt Claudia Lässig. Zum Team gehören außerdem rund 100 Mitarbeitern, von denen der Großteil am Hauptsitz in Babenhausen arbeitet. Das Team dabei so divers wie möglich aufzustellen, war und ist für das Geschäftsführungstrio wichtig. „Wir denken, mit einem breit aufgestellten Team bekommt man einfach die besten Ergebnisse.
Allerdings muss man auch sagen, dass wir aufgrund unserer Branche natürlich einen sehr hohen Frauenanteil haben“, sagt die Geschäftsführerin und grinst. Die Mitarbeiter sind am Gewinn des Unternehmens beteiligt. Sie sind der Garant für den Erfolg und sollen deshalb auch am Erfolg teilhaben. Auch die Werte des Unternehmens werden gemeinsam weiterentwickelt. Transparenz in der Kommunikation und ein vertrauensvoller Umgang haben sich auch hier immer ausgezahlt.
„Wir haben ein engagiertes Team, vertrauensvolle Geschäftspartner und einen loyalen Kundenstamm“, sagt Claudia Lässig. Man empfinde es zum Start eines Unternehmens ja häufig als Glück, wenn sich diese Dinge irgendwie fügen, ergänzt sie. „Aber vielleicht ist es eher so: Wenn man mit vollem Engagement an die Sache herangeht und sich sicher ist, dass man das hinbekommt, dann überzeugt das auch andere von der eigenen Idee und man findet die Menschen, die bereit sind, diese mitzutragen.“
Zukunftsmut: Ideen für mehr Nachhaltigkeit
Von der Chancengleichheit am Arbeitsplatz über ressourcenschonende, umweltfreundliche Produktion, neue Geschäftsideen, die Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen präsentieren, bis hin zu Sponsoring von Sportvereinen, Kultureinrichtungen und mehr: Unternehmerische Verantwortung hat viele Facetten. In dieser Artikelserie stellen wir Ihnen Good-Practices in Sachen ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit aus der Region Rhein-Main-Neckar und darüber hinaus vor, die beweisen, warum wir auch in Zeiten multipler Krisen mehr Optimismus wagen sollten.

Was macht verantwortungsvolle Teilhabe im Wirtschaftsleben aus?
Im Jahr 2020 haben rund 20 Unternehmerinnen und Unternehmer dazu ein neues Leitbild für verantwortungsbewusste, vertrauenswürdige Geschäftsleute erarbeitet. Dieses Leitbild stellen wir Unternehmen in deutscher und englischer Sprache kostenfrei zum Download bereit.

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Matthias Voigt
Bereich: Kommunikation und Marketing
Themen: IHK-Magazin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit