Fachkräfte

Warum sich Schüler*innen für eine duale Ausbildung entscheiden

Es ist noch immer so: Eltern haben einen wichtigen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder. Die Schule hingegen bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der IHK Darmstadt unter Auszubildenden aus Südhessen.
Text: Patrick Körber, Februar 2024
Welche Angebote der Berufsorientierung haben Ihnen bei der Berufswahl am meisten geholfen? © IHK Darmstadt
Der wesentliche Grund, warum sich Auszubildende aus Südhessen für eine duale Ausbildung entschieden haben, ist die Übereinstimmung mit den eigenen Interessen. Das ergibt die aktuelle Umfrage der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar unter 659 Auszubildenden aus Südhessen in diesem Jahr. So haben 87 Prozent der Befragten aus dem IHK-Bezirk Darmstadt ihr Interesse an den jeweiligen beruflichen Aufgaben an die erste Stelle gesetzt. Dicht dahinter mit 85 Prozent der Antworten folgt der Praxisbezug. Aber auch die Argumente »Karrierechancen« (78 Prozent), »schneller Einstieg in den Beruf« (72 Prozent) oder die Möglichkeit, »sofort Geld zu verdienen« (67 Prozent) wurden hoch bewertet. »Die Vielzahl der Argumente, die das Gros der Befragten anführt, zeigt, dass die Auszubildenden eine sehr überlegte und rationale Entscheidung getroffen haben, ohne die eigenen Neigungen hintenanzustellen«, sagt Dr. Marcel Walter, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung der IHK Darmstadt. »Und mich freut, dass sie bei der Berufswahl erkannt haben, dass eine Ausbildung der direkte und schnelle Start in die berufliche Karriere ist.« So denken heute schon 28 Prozent der Azubis über eine Weiterbildung nach der Ausbildung nach.

Große Mehrheit ist in der Wunschausbildung

Immerhin fast drei Viertel der südhessischen Auszubildenden (71 Prozent) können für sich in Anspruch nehmen, in ihrer Wunschausbildung zu sein. Von denjenigen, die sich nicht in ihrer Wunschausbildung wiederfinden, waren mit Abstand die meistgenannten Gründe »Ich habe keinen Platz in meiner Wunschausbildung bekommen« (29 Prozent) und »Ich weiß eigentlich nicht, was meine Wunschausbildung ist« (30 Prozent). In der Grundgesamtheit sind das zusammengenommen rund elf Prozent der Befragten. »Beide Antworten deuten auf ein Defizit in der Berufsorientierung hin«, sagt Walter. »Wer keinen Platz in der Wunschausbildung findet, hat viele Möglichkeiten, einen verwandten Ausbildungsberuf zu wählen. Bei insgesamt 250 IHK-Ausbildungsberufen und weiteren fast 100 Handwerksberufen findet man seine Interessen ganz sicher in vielen Berufsbildern wieder«, so Walter. »Nur brauchen wir dazu eine bessere und konsequentere berufliche Orientierung an Schulen, die die Breite der Perspektiven aufzeigt. Vor allem an Gymnasien.« Ein Viertel der Befragten hat vor der heutigen Ausbildung bereits eine Ausbildung oder ein Studium abgebrochen. »Das hätte eine zielgerichtete Berufsorientierung möglicherweise verhindern können.«
Die IHK-Umfrage: Für die im Sommer 2023 durchgeführte Umfrage wurden insgesamt rund 6.500 Auszubildende in den Kreisen Groß-Gerau, Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Odenwald und der Stadt Darmstadt angeschrieben. Mit 659 Antworten haben sich circa zehn Prozent der Auszubildenden aus allen drei Ausbildungsjahren beteiligt.
Die Umfrage veranschaulicht, dass die Berufsorientierung an Schulen deutlich Luft nach oben hat. Denn auf die Frage, welche Angebote der Berufsorientierung bei der Berufswahl am meisten geholfen haben, nannte nur ein Fünftel der Befragten den »Unterricht in der Schule«. »Aktionen in der Schule« gaben sogar nur zwölf Prozent an. Am hilfreichsten für die Berufswahl erwies sich für die jungen Erwachsenen die Recherche im Internet bzw. in sozialen Medien (67 Prozent). Darauf folgen bei den Mehrfachnennungen ziemlich gleichauf das Gespräch mit den Eltern (44 Prozent) und Betriebspraktika (44 Prozent). »Dieses Ergebnis ist der deutlichste Fingerzeig, dass die berufliche Orientierung an Schulen verbessert werden muss«, sagt der IHK-Geschäftsbereichsleiter für Aus- und Weiterbildung. So wichtig zum Beispiel Eltern auch seien, »sie haben verständlicherweise oft keinen aktuellen Überblick über die Ausbildungslandschaft. Das aber ist Aufgabe der Schule, diesen Überblick zu geben«, meint Walter. Angesichts der Situation, dass es zuletzt mehr offene Ausbildungsstellen als Bewerber*innen gab und der Fachkräftemangel weiter zunimmt, »hat die neue hessische Landesregierung hier eine Aufgabe vor sich, die dringend angegangen werden muss«, so Dr. Walter.
In der Umfrage gaben die Auszubildenden auch an, was für sie einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht. Die Top-3-Antworten: »Gutes Betriebsklima« (92 Prozent), »Gutes Verhältnis zum Ausbilder« (84 Prozent) und »Gute Karriere- und Aufstiegschancen« (76 Prozent).
Was die Befragung ebenfalls demonstrierte: Unternehmen müssen sich heute richtig ins Zeug legen, wenn Sie Bewerber*innen um einen Ausbildungsplatz für sich gewinnen wollen. Denn 62 Prozent der befragten Azubis gaben an, dass sie innerhalb eines Monats eine Zusage erhalten hätten.
Matthias Voigt
Bereich: Kommunikation und Marketing
Themen: IHK-Magazin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit