„Die Berufsorientierung an Schulen muss verbessert werden“
Es ist noch immer so: Eltern haben einen wichtigen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder. Die Schule hingegen bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der IHK Darmstadt unter Auszubildenden aus Südhessen. Die Befragung legt auch offen, warum sich Schülerinnen und Schüler für eine duale Ausbildung entscheiden.
Pressemeldung vom 18. Dezember 2023
Dr. Marcel Walter, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung
© IHK Darmstadt / Klaus Mai
Große Mehrheit ist in der Wunschausbildung
Immerhin fast drei Viertel der südhessischen Auszubildenden (71 Prozent) können für sich in Anspruch nehmen, in ihrer Wunschausbildung zu sein. Von denjenigen, die sich nicht in ihrer Wunschausbildung wiederfinden, waren mit Abstand die meistgenannten Gründe „Ich habe keinen Platz in meiner Wunschausbildung bekommen“ (29 Prozent) und „ich weiß eigentlich nicht, was meine Wunschausbildung ist“ (30 Prozent). In der Grundgesamtheit sind das zusammengenommen rund 11 Prozent der Befragten. „Beide Antworten deuten auf ein Defizit in der Berufsorientierung hin“, sagt Walter. „Wer keinen Platz in der Wunschausbildung findet, hat viele Möglichkeiten, einen verwandten Ausbildungsberuf zu wählen. Bei insgesamt 250 IHK-Ausbildungsberufen und weiteren fast 100 Handwerksberufen findet man seine Interessen ganz sicher in vielen Berufsbildern wieder“, so Walter. „Nur dazu brauchen wir eine bessere und konsequentere berufliche Orientierung an Schulen, die die Breite der Perspektiven aufzeigt. Vor allem an Gymnasien.“ Ein Viertel der Befragten hat vor der heutigen Ausbildung bereits eine Ausbildung oder ein Studium abgebrochen. „Das hätte eine zielgerichtete Berufsorientierung möglicherweise verhindern können.“
Wer keinen Platz in der Wunschausbildung findet, hat viele Möglichkeiten, einen verwandten Ausbildungsberuf zu wählen.Dr. Marcel Walter
Die Umfrage veranschaulicht deutlich, dass die Berufsorientierung an Schulen deutlich Luft nach oben hat. Denn auf die Frage, welche Angebote der Berufsorientierung bei der Berufswahl am meisten geholfen haben, nannte nur ein Fünftel der Befragten den „Unterricht in der Schule“. „Aktionen in der Schule“ gaben sogar nur 12 Prozent an. Am hilfreichsten für die Berufswahl erwies sich für die jungen Erwachsenen die Recherche im Internet bzw. in Sozialen Medien (67 Prozent). Darauf folgen bei den Mehrfachnennungen ziemlich gleichauf das Gespräch mit den Eltern (44 Prozent) und Betriebspraktika (44 Prozent). „Dieses Ergebnis ist der deutlichste Fingerzeig, dass die berufliche Orientierung an Schulen verbessert werden muss“, sagt der IHK-Geschäftsbereichsleiter für Aus- und Weiterbildung. So wichtig zum Beispiel Eltern auch seien, „sie haben verständlicherweise oft keinen aktuellen Überblick über die Ausbildungslandschaft. Das aber ist Aufgabe der Schule, diesen Überblick zu geben“, meint Walter. Angesichts der Situation, dass es zuletzt mehr offene Ausbildungsstellen als Bewerber*innen gab und der Fachkräftemangel weiter zunimmt, „hat die neue hessische Landesregierung hier eine Aufgabe vor sich, die dringend angegangen werden muss“, so Dr. Walter.
In der Umfrage gaben die Auszubildenden auch an, was für sie einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht. Die Top 3-Antworten: „Gutes Betriebsklima“ (92 Prozent), „Gutes Verhältnis zum Ausbilder“ (84 Prozent) und „Gute Karriere- und Aufstiegschancen“ (76 Prozent).
Was die Befragung auch demonstrierte: Unternehmen müssen sich heute richtig ins Zeug legen, wenn Sie Bewerber*innen um einen Ausbildungsplatz für sich gewinnen wollen. Denn 62 Prozent der befragten Azubis gaben an, dass sie innerhalb eines Monats eine Zusage erhalten hätten.
Für die im Sommer 2023 durchgeführte Umfrage wurden insgesamt rund 6.500 Auszubildende in den Kreisen Groß-Gerau, Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Odenwald und der Stadt Darmstadt angeschrieben. Mit 659 Antworten haben sich circa 10 Prozent der Auszubildenden aus allen drei Ausbildungsjahren beteiligt. Alle Ergebnisse im Überblick. (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 324 KB)
Kontakt
Patrick Körber
Geschäftsbereichsleiter, Pressesprecher
Bereich: Kommunikation und Marketing