„Eine realistische Alternative zur Flucht“
Mit einem Diskussionspapier zur Fachkräfteeinwanderung gibt die IHK Darmstadt einen starken Impuls zum Thema Fachkräftemangel. Grundidee ist, aus dem Kreis der Asylbewerber Fachkräfte zu gewinnen. Von dem vereinfachten Arbeitsmarktzugang würden nicht nur Unternehmer und Asylbewerber profitieren.
Pressemeldung vom 21. Juni 2023
Porträtaufnahme Hauptgeschäftsführer Robert Lippmann
© IHK Darmstadt / Klaus Mai
Indes suchen jährlich über 100.000 Menschen Asyl in Deutschland und nehmen dafür teils lebensgefährliche Zugangsrouten auf sich. Die Ablehnungsquoten für Asylanträge von Personen, die Deutschland erreicht haben, lagen dabei bis 2022 regelmäßig bei über 50 Prozent. Eine Vollanerkennung als Flüchtling, die im Allgemeinen mit einer besseren Bleibeperspektive einhergeht, erhalten im Schnitt nur rund 20 Prozent der Antragsstellenden. „Für einen Teil der Geflüchteten wäre der Zugang nach Deutschland auch als potenzielle Arbeitskraft denkbar“, sagt Hauptgeschäftsführer Lippmann. „Ein optimierter Prozess der Fachkräfteeinwanderung könnte für potenziell Flüchtende eine realistische Alternative zur Flucht aufzeigen.“
„Die fehlende Verfügbarkeit von Fachkräften bremst längst die wirtschaftliche Entwicklung. Uns drohen nachhaltige Wohlstandsverluste“Robert Lippmann
Vor diesem Hintergrund setzt sich die IHK Darmstadt Rhein Main Neckar für einen vereinfachten Arbeitsmarktzugang und damit einhergehend für erleichterte Verfahren zur Erteilung von Visa und der Anerkennung von in der Heimat erworbenen Qualifikationen ein. Das Positionspapier hat die Vollversammlung der IHK Darmstadt auf ihrer jüngsten Sitzung am Dienstag, 20. Juni, einstimmig beschlossen.
Das Papier zur Fachkräfteeinwanderung enthält konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik. So setzt der Impuls der IHK Darmstadt auf eine starke Verantwortung der Unternehmen: Ob die geforderten und notwendigen Kompetenzen für den Arbeitseinsatz erfüllt sind, sollten vor allem die Betriebe entscheiden. Der Verzicht auf den Nachweis über die Gleichwertigkeit eines Abschlusses als Zugangskriterium könnte dabei ein zentraler Hebel sein, die Erwerbsmigration zu erleichtern. Nach dem Vorschlag der IHK Darmstadt käme auf die Unternehmen auch mehr Verantwortung bei der Integration der ausländischen Fachkräfte zu. „Klar ist, dass es keine Zuwanderung in die Sozialsysteme geben darf“, betont Robert Lippmann. „Im Zweifelsfall muss das Unternehmen Sorge tragen, dass die Kosten eines gescheiterten Arbeitsverhältnisses nicht von der Allgemeinheit übernommen werden.“
Ein Schlüssel für den erfolgreichen Zugang zum Arbeitsmarkt sind ausreichende Sprachkenntnisse. Daher regt die IHK an, dass bereits im Herkunftsland ein bestimmtes Sprachniveau (mindestens B1) erreicht wird. Zudem muss sichergestellt sein, dass weitere Sprachkenntnisse vor Ort (in Deutschland) nachgeholt werden können.
„Es muss sich aber auch einiges im Bereich Verwaltung und Bürokratie tun“, unterstreicht der IHK-Hauptgeschäftsführer. Statt Verfahren systematisch zu vereinfachen, haben die letzten Änderungen der Regelungen zur Fachkräfteeinwanderung zusätzliche Verfahren etabliert. Das sorgt für eine zunehmende Komplexität, die selbst von erfahrenen Behördenmitarbeitern kaum noch zu bewältigen ist. In jedem Fall sollten ausländerrechtliche Aufgaben aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz in zentralen Ausländerbehörden gebündelt werden, um ausreichend Personalressourcen für die komplexe Rechtsmaterie vorzuhalten.
Um zu testen, ob neue Konzepte zur Arbeitsmarktintegration tauglich sind, plädiert die IHK Darmstadt zudem für die Einführung von „Reallaboren“. Konkret würde beispielsweise in einem Landkreis exemplarisch ausprobiert, wie erfolgreich die Integration in den Arbeitsmarkt von Menschen mit Fluchthintergrund funktioniert, wenn ein vereinfachtes Verfahren verfolgt wird. „Aus den Ergebnissen ließe sich im Idealfall ableiten, wie viele der aktuell im Land befindlichen Menschen mit Fluchthintergrund grundsätzlich in der Lage wären, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.“, so Lippmann. „Reallabore bringen schnell Klarheit und kosten wenig.“
Kontakt
Patrick Körber
Geschäftsbereichsleiter, Pressesprecher
Bereich: Kommunikation und Marketing