Umfrageergebnisse

Kreislaufwirtschaft wird zur Chefsache

Während Verbraucher unter Kreislaufwirtschaft meist das Recyceln von Wertstoffen aus Abfall verstehen, haben die südhessischen Unternehmen einen geweiteten Blick auf das Thema. Das unterstreicht eine aktuelle Umfrage der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar in Kooperation mit der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Für 78 Prozent der Befragten ist Kreislaufwirtschaft darüber hinaus Chefsache.  

Pressemeldung vom 19. Juni 2024 

Kreislaufwirtschaft ist in der südhessischen Wirtschaft angekommen, das zeigt die aktuelle DIHK-Umfrage zu Circular Economy, an der rund 250 Unternehmen aus dem IHK-Bezirk Darmstadt teilgenommen haben. Zwei Drittel der befragten Unternehmen sind mit dem Konzept der sogenannten R-Strategien (reuse – wiederverwenden; repair – reparieren und warten; remanufacture – wiederaufbereiten; refurbish – aufarbeiten; recyceln usw.) sehr vertraut bzw. wenden sie innerhalb ihrer Unternehmensstrategie an. „Doch es gibt hinsichtlich der Kreislaufwirtschaft auch noch Potenzial nach oben“, betont Dr. Daniel Theobald, Leiter des Geschäftsbereichs Unternehmen und Standort der IHK Darmstadt. Denn 20 Prozent der Befragten kennen die R-Strategien laut eigener Aussage nicht. „Wir unterstützen daher vor allem kleine und mittlere Unternehmen bei der Transformation hin zu einem zirkulären Wirtschaften“, so Theobald.
Die Kreislaufwirtschaft ist ein Wirtschaftsmodell, das darauf abzielt, Ressourcenverbrauch und Abfall zu minimieren, indem Materialien und Produkte so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf gehalten werden. Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene wird an Strategien zur Förderung der Kreislaufwirtschaft gearbeitet, da die zirkuläre Wertschöpfung als ökologische Notwendigkeit und zugleich als Innovationstreiber für mehr Resilienz in den Rohstofflieferketten gesehen wird.
Die Umfrage bringt auch zutage, dass sich eine Mehrheit der Unternehmen bereits systematisch mit den Potenzialen der Kreislaufwirtschaft auseinandersetzt und prüft, wie das eigene Geschäftsmodell mit Elementen der Kreislaufwirtschaft angepasst werden kann. So überrascht es nicht, dass fast jedes zweite befragte Unternehmen die Kreislaufwirtschaft überwiegend als Chance für das eigene Geschäftsmodell sieht (45 Prozent). Für 9 Prozent der Befragten überwiegen jedoch die Risiken. Knapp der Hälfte der Befragten fällt es allerdings schwer, überhaupt eine Einschätzung zu treffen. „Das verstehen wir durchaus als Auftrag an uns, verstärkt Aufklärungsarbeit zu den Potenzialen für unsere Mitgliedsunternehmen zu leisten“, sagt Geschäftsbereichsleiter Dr. Theobald und verweist auf die zahlreichen Informations- und Netzwerkangebote der IHK Darmstadt.
Auf die Frage „Welche Maßnahmen der Circular Economy haben Sie bereits umgesetzt beziehungsweise planen Sie umzusetzen?“ wurde von 28 Prozent der geänderte Materialeinsatz im Hinblick auf die Recyclingfähigkeit genannt. 27 Prozent haben „digitale Lösungen für effizientere und ressourcenschonendere Prozesse eingeführt“. 23 Prozent haben ihren Lieferanten gewechselt, um zu nachhaltigen Einsatzstoffen und Produkten zu kommen. Immerhin 19 Prozent setzen auf zirkuläre Geschäftsmodelle (R-Strategien). Neue Geschäftsmodelle ergaben sich für 10 Prozent der Befragten (Mehrfachnennungen waren möglich).
Das wesentliche Motiv, sich mit der Transformation zur Kreislaufwirtschaft zu beschäftigen, ist für zwei Drittel der Betriebe der Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz durch Steigerung der Ressourceneffizienz (73 Prozent). Weitere Chancen werden in der Gewinnung neuer Kundengruppen (37 Prozent), in der Senkung von Kosten (31 Prozent), in der verbesserten Resilienz durch den Einsatz von nachhaltigeren Einsatzstoffen sowie in der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle (25 Prozent) gesehen.
Das Risiko der fehlenden Planungssicherheit ist hausgemacht. Mit einer KMU-freundlichen Regulierung ließen sich hier sicher viele Mittelständler überzeugen, Kreislaufwirtschaft noch mehr als Chance zu verstehen.

Dr. Daniel Theobald

Doch sehen die Unternehmen auch Risiken auf sich zukommen, wenn die Entwicklung zu einer zirkulären Wirtschaft voranschreitet. Als größtes Risiko nennen die Befragten einen größeren Dokumentationsaufwand (56 Prozent), des Weiteren höhere Kosten beim Einkauf von Produktionsstoffen (42 Prozent) und an dritter Stelle den Fachkräftemangel, um die Transformation umzusetzen (29 Prozent). Außerdem fehlt 27 Prozent eine Planungssicherheit, weil sich Vorgaben immer wieder ändern.
Das Risiko der fehlenden Planungssicherheit ist hausgemacht. Mit einer KMU-freundlichen Regulierung ließen sich hier sicher viele Mittelständler überzeugen, Kreislaufwirtschaft noch mehr als Chance zu verstehen“, sagt Daniel Theobald. Überhaupt müsse man mehr „out of the box“ denken, wenn es darum geht, den Rechtsrahmen anzupassen. „Bevor hunderte von Gesetzen und Regelwerken am grünen Tisch angepasst werden, könnte man beispielsweise Reallabore als Experimentierräume ins Auge fassen, um Lösungen zu finden, die die unternehmerische Praxis angemessen berücksichtigen“, sagt Theobald. Hier weiß er auch die Mehrheit (52 Prozent) der befragten Unternehmer hinter sich und freut sich, dass die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, die heute in Berlin im Entwurf veröffentlicht wurde, das Thema aufgreift.  
Die IHK Darmstadt bietet eine Reihe an Informationen und Formaten zur Kreislaufwirtschaft an, die Unternehmen helfen, den Überblick über die anstehenden Vorgaben zu behalten, passende Förderprogramme zu identifizieren und sich fachlich auszutauschen und zu vernetzen. Weitere Informationen finden Sie auf der Themenseite Kreislaufwirtschaft.
Velina Schmitz
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Technologietransfer, Innovation, Netzwerke