Gebrauchtwarenhandel

Differenzbesteuerung

1. Differenzbesteuerung im Gebrauchtwarenhandel

Unternehmen, die mit Gebrauchtwaren handeln, beziehen ihre Waren oftmals bei Privatpersonen oder umsatzsteuerbefreiten Unternehmen und damit ohne Umsatzsteuer. Das Umsatzsteuerrecht sieht für diese Geschäfte eine besondere Form der Umsatzbesteuerung vor: die Differenzbesteuerung. 
Da der Umsatzsteuer nur der Bereich der unternehmerischen Wertschöpfung unterliegt, wird bei der Differenzbesteuerung nur die Differenz zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufswert der Waren besteuert.

2. Sachlicher Anwendungsbereich

Die Differenzbesteuerung kann für bewegliche körperliche Gegenstände angewendet werden, sofern für diese Gegenstände kein Recht zum Vorsteuerabzug besteht und der Unternehmer ein sogenannter Wiederverkäufer ist (Vergleich Paragraf 25a Absatz 1 UStG). 
Auf Antrag kann die Differenzbesteuerung zudem angewendet werden für 
  • Kunstgegenstände (Nummer 53 der Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz) und/oder
  • Sammlerstücke (Nummer 49 Buchstabe f und Nummer 54 der Anlage 2) und/oder
  • Antiquitäten (Position 7406 0000 des Zolltarifs)
die er selbst eingeführt hat, oder
  • Kunstgegenstände, wenn die Lieferung an ihn steuerpflichtig war und nicht von einem Wiederverkäufer ausgeführt wurde. 
Dies hat der Wiederverkäufer bei der ersten Voranmeldung eines Kalenderjahres gegenüber dem Finanzamt erklärt. Die Erklärung bindet den Wiederverkäufer für zwei Kalenderjahre. 
Ausgeschlossen von der Differenzbesteuerung sind Edelsteine (Position 7102 und 7103 des Zolltarifs) und Edelmetalle (Position 7106, 7108, 7110 und 7112 des Zolltarifs).

3. Persönlicher Anwendungsbereich 

Um die Sonderregelung in Anspruch nehmen zu können muss der Händler ein sogenannter „Wiederverkäufer“ sein. Das heißt er handelt gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen, die er gebraucht ankauft und sie anschließend, gegebenenfalls nach Instandsetzung, weiter verkauft. Ebenso können Veranstalter von öffentlichen Versteigerungen, die Gebrauchtgegenstände im eigenen Namen auf eigene oder fremde Rechnung versteigern Differenzbesteuerung anwenden.
Keine Anwendung findet die Differenzbesteuerung, wenn zum Beispiel ein Freiberufler seinen Personenkraftwagen nach beruflicher Nutzung weiterverkauft.

4. Voraussetzungen

  1. Die Gegenstände müssen im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet erworben worden sein. Das heißt der Verkäufer ist innerhalb der Europäischen Union ansässig.
  2. Der Unternehmer muss die Gegenstände für sein Unternehmen erworben haben. Legt der Händler Gegenstände aus seinem Privatvermögen in das Unternehmen ist diese Voraussetzung nicht erfüllt.
  3. Wird aus mehreren Einzelgegenständen, die jeweils für sich die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung erfüllen, ein Gegenstand hergestellt beziehungsweise zusammengestellt, unterliegt die Lieferung des „neuen“ Gegenstands nicht der Differenzbesteuerung.
  4. Die Differenzbesteuerung kommt zudem nur in Frage, wenn für die Lieferung an den Wiederverkäufer die Umsatzsteuer im Gemeinschaftsgebiet nicht geschuldet, aufgrund der Kleinunternehmerregelung nicht erhoben oder die Differenzbesteuerung im Gemeinschaftsgebiet vorgenommen wurde.
  5. Dementsprechend ist die Regelung anwendbar, wenn er den Gegenstand im - Gemeinschaftsgebiet erworben hat von
    • einer Privatperson oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die nicht Unternehmer ist
    • einem Unternehmer aus dessen nichtunternehmerischen Bereich
    • einem Unternehmer, der mit seiner Lieferung des Gegenstands unter eine Steuerbefreiung fällt, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führt
    • einem Kleinunternehmer oder
    • einem anderen Wiederverkäufer, der auf die Lieferung ebenfalls die Differenzbesteuerung angewendet hat

5. Bemessungsgrundlage

Grundsätzlich ergibt sich die Bemessungsgrundlage aus der Differenz zwischen Verkaufspreis und Einkaufspreis.

5.1 Einzeldifferenz

Wird der Gebrauchtgegenstand durch den Wiederverkäufer geliefert ist die Bemessungsgrundlage die Differenz zwischen Verkaufspreis und Einkaufspreis. Die Umsatzsteuer, die in diesem Unterschiedsbetrag enthalten ist, ist herauszurechnen. Ist der Unterschiedsbetrag negativ, beträgt die Bemessungsgrundlage null Euro. Nebenkosten, die nach dem Erwerb des Gegenstandes anfallen wie zum Beispiel Reparaturkosten, mindern die Bemessungsgrundlage nicht. 
Beispiel:
Ein gewerblicher Händler kauft einen Computer zum Preis von 500 Euro von Privat. Er führt kleinere Instandsetzungsarbeiten im Wert von 50 Euro an dem Gerät aus und verkauft den Computer zu einem Preis von 750 Euro an eine Privatperson weiter.

Unterschiedsbetrag: Verkaufspreis – Einkaufspreis = 750 – 500 = 250 Euro
Herausrechnen der Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent: (250*19)/119 = 39,92 Euro
Bemessungsgrundlage: 250 – 39,92 = 210,08 €

5.2 Gesamtdifferenz bei Gegenständen bis 500 Euro Einkaufswert

Grundsätzlich ist die Bemessungsgrundlage für jeden Gegenstand einzeln zu ermitteln. Eine Ausnahme bilden Gegenstände, deren Einkaufspreis 500 Euro nicht übersteigt. Für sie kann die Bemessungsgrundlage nach der Gesamtdifferenz ermittelt werden. Auch hier ist die Umsatzsteuer aus dem Unterschiedsbetrag herauszurechnen. Entscheidet sich der Wiederverkäufer für die Gesamtdifferenz ist diese für sämtliche Lieferungen von Gegenständen bis zu einem Einkaufspreis von 500 Euro anzuwenden. Entsteht bei dieser Berechnungsmethode eine negative Gesamtdifferenz, beträgt die Bemessungsgrundlage null Euro. Sie kann innerhalb eines Kalenderjahres verrechnet werden, jedoch nicht mit späteren Kalenderjahren. Ein Wechsel zwischen Einzel- und Gesamtdifferenz ist nur zu Beginn eines Kalenderjahres zulässig.

5.3 Kauf von Sammlungen

Beim Kauf mehrerer Gegenstände unter einem einheitlichen Kaufpreis (zum Beispiel Aufkaufen eines Nachlasses oder einer Sammlung) und werden die Gegenstände später üblicherweise einzeln verkauft, kommen folgende Berechnungsmethoden in Betracht: 
  • Liegt der Gesamtkaufpreis unter 500 Euro, kann die Gesamtdifferenz angewendet werden
  • Übersteigt der Gesamtkaufpreis die 500-Euro-Grenze, ist eine Schätzung er einzelnen Gegenstände zu entnehmen, so lange bis der auf die restlichen Gegenstände entfallende Restbetrag nicht mehr als 500 Euro ausmacht und somit wieder die Voraussetzungen für die Ermittlung der Gesamtdifferenz vorliegen. 

5.4 Besonderheit Kunstgegenstände

Kann der Einkaufspreis für einen Kunstgegenstand nicht ermittelt werden oder ist der Einkaufspreis unbedeutend, wird der Betrag, nach dem sich der Umsatz bemisst, mit 30 Prozent des Verkaufspreises angesetzt.

6. Steuersatz, Steuerbefreiung

Die Steuer ist bei der Differenzbesteuerung grundsätzlich mit dem allgemeinen Steuersatz zu berechnen. Dies gilt auch für Gegenstände, für die bei der Besteuerung nach allgemeinen Vorschriften der ermäßigte Steuersatz in Betracht käme. Wird der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht, ist Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen ausgeschlossen. Die Steuerbefreiungen zum Beispiel für Exporte, bleiben allerdings bestehen.

7. Rechnungsstellung

In der Rechnung darf die Steuer nicht gesondert ausgewiesen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Wiederverkäufer den Gegenstand an ein anderes Unternehmen liefert, der eine gesondert ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abziehen könnte. 
Auf die Anwendung der Differenzbesteuerung ist zudem gesondert hinzuweisen: 
  • „Gebrauchtgegenstände / Sonderregelung“
  • „Kunstgegenstände / Sonderregelung“
  • „Antiquitäten / Sonderregelung“

8. Aufzeichnungspflichten

Für die Aufzeichnungen des Wiederverkäufers gilt Paragraf 22 Umsatzsteuergesetz (UStG) mit der Maßgabe, dass aus den Aufzeichnungen getrennt für jeden Gegenstand der Verkaufspreis, der Einkaufspreise und die Bemessungsgrundlage hervor geht.
Aus Vereinfachungsgründen kann der Wiederverkäufer in Fällen, in denen er lediglich einen Gesamtpreis für mehrere Gegenstände bezahlt hat, den Gesamtpreis aufzeichnen, wenn
  1. der Gesamtpreis den Betrag von 500 Euro nicht übersteigt, oder
  2. der Restbetrag nach Abzug der Einkaufspreise einzelner Gegenstände den Betrag von 500 Euro nicht übersteigt
Der Wiederverkäufer hat die Aufzeichnungen für die Differenzbesteuerung zudem getrennt von den übrigen Aufzeichnungen zu führen.

9. Differenzbesteuerung im innergemeinschaftlichen Warenverkehr

Generell ist die Differenzbesteuerung uneingeschränkt anwendbar im Binnenmarkt der Europäischen Union. Es gilt dabei allerdings einige Besonderheiten zu beachten: 
  • Die Differenzbesteuerung ist ausgeschlossen, wenn die Lieferung an den Wiederverkäufer unter Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen erfolgt ist. 
  • Für die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs ist die Anwendung der Differenzbesteuerung ebenfalls ausgeschlossen
  • Der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen, für die bereits im übrigen Gemeinschaftsgebiet die Differenzbesteuerung angewendet wurde, unterliegt im Inland nicht der Erwerbsbesteuerung. 
  • Für Lieferungen in das übrige Gemeinschaftsgebiet, für die die Differenzbesteuerung angewendet werden soll, kann keine Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen in Anspruch genommen werden. Ebenso ausgeschlossen ist die Anwendung der sogenannten Versandhandelsregelung.
Stand: Februar 2024