Versendungslieferungen an nicht-steuerpflichtige Abnehmer

One-Stop-Shop für Online-Händler/ Erwerbs- und Lieferschwellen in der EU

Änderungen ab 1. Juli 2021

Für Onlinehändler, die an Privatpersonen innerhalb der EU Waren verkaufen, fallen die bisherigen unterschiedlichen Lieferschwellen weg. Der innergemeinschaftliche Handeln soll vereinfacht werden und die Besteuerung soll einheitlich ab einem Wert von 10.000 Euro im Bestimmungsland erfolgen. Ab dem 1. Juli 2021 startet das One-Stop-Shop (OSS) Verfahren. Mit OSS ist nur noch eine zentrale Registrierung im Heimatland des Unternehmens notwendig, einzelne Umsatzsteuermeldungen in einzelnen Ländern würden damit weitgehend entfallen.
Das Bundeszentralamt für Steuern informiert über die neue EU Regelung. Alle Formulare und Registrierungszugänge finden Sie hier.

eCommerce - Codierungsanforderungen bei Zollanmeldungen

In seiner „ATLAS – Info 0182/21“ vom 12. Mai 2021 informiert der Zoll nun über die Codierungsanforderungen in Zollanmeldungen. Die Hinweise betreffen die Anmeldung von „IOSS“ und „Special Arrangement“ in ATLAS. Zudem wird die temporäre Nutzung einer Übergangsregelung für große Sendungsvolumen (> 3.000 Sendungen täglich) skizziert, bis das für die automatisierte Abfertigung der Low Value Consignments LVC-Sendungen vorgesehene Modul "ATLAS-IMPOST" am 15. Januar 2022 fertiggestellt ist.
Weiterführende Informationen enthält die Homepage des Zolls.

Nicht steuerpflichtige Abnehmer

Nicht steuerpflichtige Abnehmer sind neben Privatpersonen auch „andere Rechtssubjekte“, für die die gleichen Regelungen bei der Umsatzbesteuerung von Warenlieferungen gelten, wie für Privatpersonen. Andere Rechtssubjekte sind: Unternehmer, die ausschließlich Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, Unternehmer, die der Kleinunternehmerregelung (Paragraf 19 Absatz 1 UStG) unterliegen, Land- und Forstwirte, die die Umsatzsteuer pauschalieren, juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die Ware nicht für ihr Unternehmen beziehen (zum Beispiel Vereine in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben). Sie werden auch als sonstige umsatzsteuerliche Letztverbraucher bezeichnet und sind im Binnenmarkt Privatpersonen so lange gleichgestellt, wie nicht die Ausnahmeregelungen zur Erwerbsschwelle greifen.

Lieferschwelle

Für Versendungslieferungen an nicht-steuerpflichtige Abnehmer gilt das Ursprungslandprinzip, also die Besteuerung im Ursprungsland, solange eine gewisse Lieferschwelle nicht überschritten wird. Die Lieferschwelle legt den Warenwert abzüglich des Steuerbetrags (Entgelt) im vorangegangenen oder im laufenden Kalenderjahr fest, bis zu dem Versendungs- und Beförderungslieferungen an Abnehmer ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des betreffenden Mitgliedsstaates mit der Steuer des Abgangslandes abgerechnet werden können (Vergleiche Paragraf 3c UStG). Wird dieser Wert überschritten, hat der Lieferant sich im Bestimmungsland umsatzsteuerlich zu registrieren und mit der Steuer dieses Landes abzurechnen. Hinweis: Für die umsatzsteuerliche Behandlung des Verkaufs und der Übergabe von Waren an Privatpersonen in Deutschland ist es für den Verkäufer nicht relevant, ob die Ware in Deutschland verbleibt oder vom Abnehmer in einen anderen EU-Mitgliedsstaat verbracht wird. Er stellt die Rechnung mit deutscher Umsatzsteuer aus und führt diese ans Finanzamt ab.

Innergemeinschaftliche Versendungslieferung

Eine innergemeinschaftliche Versendungslieferung ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
  • Die Ware gelangt von Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedsstaat.
  • Der Transport der Ware wird vom deutschen Unternehmer veranlasst.
Dies ist gegeben, wenn:
  • die Ware selbst transportiert oder
  • ein selbständiger Dritter mit dem Transport beauftragt wird (zum Beispiel Post, Spediteur et cetera)
Beispiel
Ein deutscher Unternehmer darf an Privatkunden in Kroatien jährlich Waren im Wert von bis zu 270.000 HRK liefern und mit deutscher Umsatzsteuer abrechnen. Überschreitet er diesen Betrag, muss er sich in Kroatien steuerlich registrieren und mit kroatischer Umsatzsteuer abrechnen. Er muss dort auch eine Umsatzsteuererklärung abgeben und die Steuer abführen.

Ausnahme: Lieferung neuer Fahrzeuge

Eine Ausnahme von dieser Regelung bildet die Lieferung neuer Fahrzeuge nach Paragraf 1b UStG, die grundsätzlich im Ursprungsland (des Lieferers) umsatzsteuerfrei gestellt sind.
Neue Fahrzeuge nach Paragraf 1b UStG sind:
  • Motorbetriebene Landfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern oder einer Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt:
wenn das Landfahrzeug nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt hat oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt
  • Wasserfahrzeuge mit einer Länge von mehr als 7,5 Metern:
Wenn das Wasserfahrzeug nicht mehr als 100 Betriebsstunden auf dem Wasser zurückgelegt hat oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt
  • Luftfahrzeuge, deren Starthöchstmasse mehr als 1.550 Kilogramm beträgt:
Wenn das Luftfahrzeug nicht länger als 40 Betriebsstunden genutzt worden ist oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt
Dementsprechend gilt, dass unabhängig vom Status des Erwerbers, der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs grundsätzlich der Erwerbssteuer im Bestimmungsland unterliegt. Die Lieferschwelle gilt hier nicht.
In der Rechnung für diesen Fall darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Zusätzlich muss ein Hinweis enthalten sein, dass es sich um eine innergemeinschaftliche steuerfreie Lieferung handelt. Ebenso müssen in der Rechnung Angaben gemacht werden, aus denen hervorgeht, dass es sich um ein neues Fahrzeug im Sinne des Paragraf 1b UStG handelt.
Hierbei sind zunächst dieselben Nachweise zu führen, wie bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen an Unternehmen. Zusätzlich ist bei Lieferungen an private Abnehmer nachzuweisen, dass das Fahrzeug in einem anderen EU-Mitgliedsstaat amtlich zugelassen worden ist. Alternativ kann der Nachweis der Beförderung/Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen anderen, gleichermaßen eindeutigen und leicht nachprüfbaren Beleg erfolgen, zum Beispiel durch den Nachweis der Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland.

Ausnahme verbrauchsteuerpflichtige Waren

Ebenfalls ausgenommen sind verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Paragraf 1a Absatz 5 UStG. Sie unterliegen ebenfalls ausschließlich der Besteuerung im Bestimmungsland, wenn der Abnehmer ein nicht-steuerpflichtiger Abnehmer ist.

Verzicht auf Lieferschwelle

Überschreitet ein Unternehmen die Lieferschwelle nicht, kann er nach Paragraf 3c Absatz 4 Satz 3 UStG freiwillig auf die Anwendung der Lieferschwelle verzichten. Diese Entscheidung bindet den Lieferer für mindestens zwei Kalenderjahre. Er muss sich dann im jeweiligen Bestimmungsland umsatzsteuerlich registrieren lassen und unterliegt der Regel nach Paragraf 3c UStG.
Der Antrag ist frist- und formlos und getrennt nach den einzelnen Mitgliedsstaaten bei der Finanzverwaltung im Abgangsland einzureichen.
Ein Verzicht auf die Anwendung der Lieferschwelle kann dann sinnvoll sein, wenn der Umsatzsteuersatz im Bestimmungsland niedriger ist, als im Ursprungsland.

Erwerbsschwelle

Die Erwerbsschwelle wird angewendet für die sogenannten „sonstigen umsatzsteuerlichen Letztverbraucher“ (siehe Punkt 1).
Diese Unternehmer können bis zur Erwerbsschwelle jährlich Waren aus dem Gemeinschaftsgebiet erwerben, ohne für Zwecke des Erwerbs steuerpflichtig zu werden. Ab diesem Zeitpunkt gelten für sie die gleichen Regelungen, wie für Lieferungen zwischen voll vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern. Das heißt also, dass diese Unternehmer ab Überschreiten des Schwellenwerts eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) beantragen und die Erwerbssteuer an ihr zuständiges Finanzamt abführen müssen. Gleichzeitig können sie für alle zukünftigen Geschäfte mit ihrer USt-IdNr. auftreten und müssen die ausländische Steuer nicht mehr bezahlen, da ihr Lieferant dann als „innergemeinschaftliche Lieferung“ steuerfrei abrechnen kann.
Wurde die Erwerbsschwelle im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten und ist zu erwarten, dass sie auch im laufenden Kalenderjahr nicht überschritten wird, kann die Erwerbsbesteuerung unterbleiben, auch wenn die tatsächlichen innergemeinschaftlichen Erwerbe im Laufe des Kalenderjahres die Grenze von 12.500 Euro überschreiten.
Ein Lieferant kann regelmäßig davon ausgehen, dass sein Kunde von der Erwerbsbesteuerung ausgeschlossen ist und dementsprechend steuerlich wie eine Privatperson behandelt werden kann, solange dieser nicht unter seiner USt-IdNr. auftritt.
Beispiel
Ein Kleinunternehmer aus Deutschland kann Waren aus anderen EU-Mitgliedsstaaten bis zu insgesamt 12.500 Euro erwerben, ohne dafür in Deutschland erwerbsteuerpflichtig zu werden. Seine Lieferanten stellen ihm dafür eine Rechnung mit der Umsatzsteuer aus dem Abgangsland. Überschreitet er diesen Wert, muss er sich umsatzsteuerlich registrieren lassen und den Erwerb der Waren versteuern. Er erhält dann eine USt-IdNr. mit der er gegenüber seinen Lieferanten auftreten muss, die ihre Rechnungen ab diesem Zeitpunkt ohne Umsatzsteuer mit dem Vermerk auf die „innergemeinschaftliche Lieferung“ stellen.

Ausnahmen von der Erwerbsschwelle

Ebenso wie die Lieferschwelle gilt auch die Erwerbschwelle nicht für den Kauf verbrauchsteuerpflichtiger Waren oder neuer Fahrzeuge (zur Definition neuer Fahrzeuge siehe Punkt 2.2). Sie sind grundsätzlich im Bestimmungsland beim Empfänger zu versteuern und werden nicht auf die Erwerbschwelle angerechnet.

Verzicht auf die Erwerbsschwelle

Durch die Erwerbsschwelle soll den Unternehmen die zusätzliche administrative Belastung erspart werden, die eine Erwerbsteuerpflicht mit sich bringen würde. Der Unternehmer kann gemäß Paragraf 1a Absatz 4 UStG jedoch auf die Anwendung der Erwerbschwelle verzichten und zur Erwerbsteuerpflicht „optieren“. Diese Entscheidung bindet ihn für mindestens zwei Kalenderjahre. Die Erwerbsteuerpflicht gilt dann bei jedem Kauf aus anderen Mitgliedsstaaten, unabhängig von deren Einzelwert.

Liefer- und Erwerbsschwellen

EU-Mitgliedsstaat
Erwerbsschwelle
Lieferschwelle
Belgien
11.200 €
35.000 €
Bulgarien
20.000 BGN
70.000 BGN
Dänemark
80.000 DKK
280.000 DKK
Deutschland
12.500 €
100.000 €
Estland
10.000 €
35.000 €
Finnland
10.000 €
35.000 €
Frankreich
10.000 €
35.000 €
Griechenland
10.000 €
35.000 €
Irland
41.000 €
35.000 €
Italien
10.000 €
35.000 €
Kroatien
77.000 HRK
270.000 HRK
Lettland
10.000 €
35.000 €
Litauen
14.000 €
35.000 €
Luxemburg
10.000 €
100.000 €
Malta
10.000 €
35.000 €
Niederlande
10.000 €
100.000 €
Österreich
11.000 €
35.000 €
Polen
50.000 PLN
160.000 PLN
Portugal
10.000 €
35.000 €
Rumänien
34.000 RON
118.000 RON
Schweden
90.000 SEK
320.000 SEK
Slovakei
13.941 €
35.000 €
Slovenien
10.000 €
35.000 €
Spanien
10.000 €
35.000 €
Tschechische Republik
326.000 CZK
1.140.000 CZK
Ungarn
10.000 €
35.000 €
Zypern
10.251 €
35.000 €

Hinweis: Die Schwellenwerte können Sie auch im Umsatzsteuer-Anwendungserlass in Abschnitt 3.c nachlesen.
Stand: Februar 2024