Wege finden

Optionen zur Sanierung des Unternehmens

Eine unternehmerische Krise muss nicht immer gleich in der Insolvenz enden: Bevor ein Insolvenzantrag nötig wird, gibt es eine Reihe bewährter Sanierungsinstrumente, die Unternehmer prüfen sollten. Welche das sind, haben wir hier zusammengestellt.

Hinweise vorab

Auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens  ist es möglich, mit Gläubigern zu verhandeln und einen (teilweisen) Schuldenerlass zu erreichen. Den meisten Gläubigern ist daran gelegen, den Betrieb auch nach einer Krise als Partner zu behalten. Weitere Optionen sind der Abbau von Kapazitäten, der Verkauf von Vermögenswerten oder von Unternehmensteilen.
Ferner sollte auch der Verkauf des gesamten Unternehmens oder dessen Liquidation als Option geprüft werden – auch wenn die Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit nur im seltensten Fall das Mittel der Wahl ist.
Das Thema Insolvenz stellt für die meisten Unternehmer nach wie vor ein Schreckensszenario dar. Dies ist es aber keineswegs, denn das Insolvenzrecht bietet auch eine echte Chance, ein Unternehmen zu sanieren und zu erhalten.
Vom Schutzschirmverfahren über das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung bis hin zum Regelinsolvenzverfahren – jede Verfahrensart sollte zumindest einmal auf seine Vor- und Nachteile für das eigene Unternehmen überprüft werden, falls die vorinsolvenzlichen Maßnahmen im konkreten Einzelfall nicht den gewünschten Erfolg versprechen.
Erst wenn sämtliche Optionen gemeinsam mit einem Sanierungsexperten, beispielsweise einem Steuerberater oder Rechtsanwalt betrachtet und geprüft worden sind, kann der Unternehmer eine Entscheidung treffen, die alle Fakten berücksichtigt hat.
Nachfolgend finden Sie die einzelnen Sanierungsoptionen aufgelistet und erläutert.

Außergerichtlicher Vergleich

Eine Möglichkeit, die Krise des Unternehmens zu beseitigen, ist ein außergerichtlicher Vergleich mit allen Gläubigern. Vorteil ist, dass ein solcher Vergleich nicht veröffentlich werden muss – im Gegensatz zu einer Insolvenz.
Allerdings besteht die gesetzliche Pflicht zur Insolvenzantragstellung bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung fort, auch bei noch so aussichtsreichen außergerichtlichen Sanierungsbemühungen.
Auch bietet die Aufnahme von Vergleichsverhandlungen noch keine Vollstreckungssperre, so dass die Gläubiger auch in der Krise die Möglichkeit haben, in das Vermögen des kriselnden Unternehmens zu vollstrecken.
Zudem ist kein Gläubiger verpflichtet, sich an einem Vergleich zu beteiligen, eine Sanierung ist auf diesem Wege also nur dann möglich, wenn wirklich alle Geschäftspartner bereit sind, dem Vergleich zuzustimmen. Schließlich ist zu bedenken, dass der Sanierungsgewinn, der durch einen erfolgreichen Vergleich entsteht, versteuert werden muss und auch Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer sind häufig nicht kalkulierbar.
Ein außergerichtlicher Vergleich hat nur Erfolg, wenn er auf einem sorgfältig ausgearbeiteten Sanierungsplan beruht, der auf jeden Fall mit Hilfe von Sanierungsexperten entwickelt werden sollte.

Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz

Seit Januar 2021 ist es durch das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen ( StaRUG ) nun möglich, Sanierungsmaßnahmen auch außerhalb einer Insolvenz und gegen den Willen einzelner Gläubiger durchzusetzen. Das StaRUG soll die Lücke im bestehenden Sanierungsrecht zwischen der außergerichtlichen Sanierung und der Sanierung in der Insolvenz schließen.
Grundsätzlich stehen die Instrumente aus dem StaRUG sämtlichen unternehmerisch tätigen Personen und Gesellschaften zu. 
Das StaRUG wendet sich an sämtliche Unternehmen, bei denen innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Zahlungsunfähigkeit droht, ohne dass bereits eine Insolvenzantragspflicht besteht.
Das Verfahren ist dem zuständigen Restrukturierungsgericht​ anzuzeigen und den Gläubigern ist ein Restrukturierungskonzept oder der Entwurf eines Restrukturierungsplan​es vorzulegen.
Bei Zustimmung sämtlicher Gläubiger kann das Konzept zeitnah umgesetzt werden. Im Falle der Ablehnung durch einzelne Gläubiger hat der Unternehmer die Möglichkeit gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, die bis zur Ersetzung der Zustimmung einzelner Gläubiger gehen kann.

Insolvenzverfahren

Je nach Krisenstadium des Unternehmens bietet ein Insolvenzverfahren  erhebliche Vorteile gegenüber der außergerichtlichen Sanierung.
Je weiter das Krisenstadium vorangeschritten ist, desto eingeschränkter werden die „Sanierungsoptionen“. Neben der klassischen außergerichtlichen Sanierung sollte in der Krise,  also bei drohender Zahlungsunfähigkeit, die Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens geprüft werden.

1. Insolvenz in Eigenverwaltung / Schutzschirmverfahren

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) am 1. März 2012 ist die Insolvenz mehr denn je eine strategische Option in der Krise. Das ESUG verfolgt das Ziel, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die frühzeitige Sanierung von notleidenden Unternehmen zu verbessern und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das Insolvenzverfahren stärker als bisher auch als „Chance zur Sanierung“ verstanden und genutzt wird.
Durch die Stärkung der Insolvenz in Eigenverwaltung und der Möglichkeit der Einflussnahme auf die Person des zu bestellenden Insolvenzverwalters oder Sachwalters wird dem Unternehmer die aus seiner Sicht berechtigte Sorge vor vollständigem Kontrollverlust über sein Unternehmen genommen. 
Mit dem ESUG soll die Sanierung von Unternehmen durch
  • einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters,
  • durch eine Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung,
  • durch Erweiterung und Straffung des Insolvenzplanverfahrens und
  • durch eine größere Konzentration der Zuständigkeit der Insolvenzgerichte
erleichtert werden.
Im Wesentlichen gibt es zwei Wege, die zu einer Eigenverwaltung führen:
  1. Eigenverwaltung, Paragraf 270a Insolvenzordnung (InsO)
  2. Schutzschirmverfahren, Paragraf 270b InsO
In beiden Verfahren ist Unternehmer in der Lage, unter der Aufsicht eines vom Gericht bestellten Sachwalters, der nur über eingeschränkte Kompetenzen verfügt, einen Sanierungsplan für seinen Betrieb umzusetzen.
Anders als im herkömmlichen Insolvenzverfahren, in dem die Unternehmensführung die Kontrolle an den Insolvenzverwalter abgibt, bleibt die Verfügungsgewalt und Finanzhoheit somit beim Unternehmer. Der Unternehmer muss beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung bzw. einen Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens stellen.
Die Sanierung des Unternehmens wird unter dem Insolvenzschutz erheblich erleichtert. So können langlaufende Verträge unabhängig von der Restlaufzeit mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Erleichterte Kündigung von Mitarbeitern, Begrenzung der Kündigungsfristen auf maximal drei Monate – ungeachtet der Dauer der Betriebszugehörigkeit – und Begrenzung von Sozialplankosten auf maximal zweieinhalb Monatsverdienste der von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer  erleichtern zusätzlich die Sanierung des Unternehmens. Nicht zuletzt tragen dann die dauerhafte Befreiung von ungesicherten Altverbindlichkeiten, wie beispielsweise Pensionsrückstellungen, dazu bei, dass eine nachhaltige Sanierung des Unternehmens gelingt.
Die Antragsvorbereitung dauert circa ein bis zwei Wochen, idealerweise sind vier bis sechs Wochen Vorbereitungszeit vorhanden, in denen der Sanierungsberater eine Liquiditätsplanung aufstellen und ein Sanierungskonzept erarbeiten kann.
Entspricht das Gericht dann dem Antrag, wird die vorläufige Eigenverwaltung oder – je nach Antrag – auch ein Schutzschirmverfahren angeordnet und ein vorläufiger Sachwalter bestellt, der das Unternehmen dann lediglich beaufsichtigt, also die wirtschaftliche Lage prüft und die Geschäftsleitung überwacht.
Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung
Mit Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung werden sämtliche Verbindlichkeiten zunächst nicht mehr bedient und somit Zahlungsverpflichtungen beseitigt. Hierdurch können Liquiditätslücken geschlossen werden, ohne beispielsweise Überbrückungskredite aufnehmen zu müssen. Als Lohnersatzleistung besteht die Möglichkeit bei der Bundesagentur für Arbeit eine Insolvenzgeldvorfinanzierung für drei Monatsgehälter zu beantragen.
Im Einvernehmen mit den Gläubigern wird sodann ein Insolvenzplan erarbeitet, in dem die anteilige Befriedigung der ungesicherten Gläubiger, meist zwischen fünf und 20 Prozent ihrer ungesicherten Forderung, festgelegt wird, auf den Rest der Forderung müssen sie verzichten. Das führt meist zu einem erheblichen Sanierungsgewinn, der aber steuerfrei ist und das Unternehmen nicht belastet.
Regelmäßig ist es auch entbehrlich, dem Unternehmen neue Liquidität von außen zuzuführen, weil über das Insolvenzgeld und Nichtzahlung von Altverbindlichkeiten ausreichend Liquidität gewonnen werden konnte.
Schutzschirmverfahren
Für viele Unternehmen ist das Schutzschirmverfahren die erste Wahl. Das Schutzschirmverfahren (Paragraf 270 b InsO) ist ein Spezialfall der Eigenverwaltung, um dem Unternehmer durch frühzeitiges Handeln die Sanierung seines Unternehmens zu erleichtern. Es handelt sich dabei um ein Vorbereitungsverfahren für eine Sanierung durch Insolvenzplan in Kombination mit Eigenverwaltung.
Um ein Schutzschirmverfahren nutzen zu dürfen, muss das Unternehmen allerdings frühzeitig die Initiative ergreifen, noch bevor die Kassen leer sind und keine Aussicht auf Sanierung mehr besteht. Eine Zahlungsunfähigkeit darf also noch nicht vorliegen!
Denn nur für drohend zahlungsunfähige Unternehmen stellt die Sanierung in Eigenverwaltung eine echte Option zur außergerichtlichen Sanierung dar (Paragraf 18 InsO). Somit also nur für Unternehmer, die voraussichtlich zukünftig nicht in der Lage sein werden bestehende Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
Ein Unternehmen kann ferner nur dann unter den Schutzschirm schlüpfen, wenn die Sanierung des Unternehmens nicht offensichtlich aussichtslos ist und der Schuldner dies mittels einer Bescheinigung eines erfahrenen Krisen- und Sanierungsberaters nachweisen kann.

2. Das Regelinsolvenzverfahren

Wurde die Krise zu spät erkannt oder konnte der Unternehmer nicht mehr rechtzeitig gegensteuern, und ist bereits Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung eingetreten, muss das dann zu beantragende „normale“ Insolvenzverfahren auch nicht das Ende des Betriebs bedeuten. Der Insolvenzverwalter ist grundsätzlich verpflichtet, den Geschäftsbetrieb bis zu Gläubigerversammlung nach Insolvenzeröffnung fortzuführen.
Danach kann der Geschäftsbetrieb mit Zustimmung der Gläubiger fortgeführt werden, um eine Sanierung mittels Insolvenzplan durchzuführen oder einen Verkauf zu ermöglichen. In der Praxis werden Geschäftsbetriebe häufig mehrere Monate, teilweise auch über ein Jahr fortgeführt, um eine Sanierungsmöglichkeit zu erhalten. Dies setzt jedoch voraus, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die Fortführung keine Verluste zu Lasten der Gläubiger erwirtschaftet werden.
Die Insolvenz ist zwar ein harter Schritt, aber auch ein verantwortungsbewusster: Es geht darum, die Rechte langjähriger Geschäftspartner zu wahren sowie die überlebensfähigen Teile des Unternehmens und möglichst viele Arbeitsplätze zu retten.