Industriepolitische Leitlinien Brandenburg

Die Landesregierung Brandenburg hatte im Mai 2019 die „Leitlinien der Industriepolitik Brandenburg“ vorgestellt. Basis bildet hierzu ein Auftrag aus dem Koalitionsvertrag der von SPD, CDU und den Grünen geführten Landesregierung.

Handlungsfelder

  1. Innovation und Digitalisierung
  2. Fachkräftesicherung und Qualifizierung
  3. Ausbau von Wertschöpfungsketten
  4. Infrastruktur und Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen
Grundsätzliches Ziel ist die Verbesserung der Standort- und Rahmenbedingungen für die Industrie in Brandenburg. Gerade für dem vom Strukturwandel betroffenen Süden des Landes Brandenburg ist die Verfolgung dieses Ziels ein Baustein für eine nachhaltige industrielle Basis. Dafür sind spezifische Standortprofile zu erarbeiten.

Aktionsplan „Pro Industrie“

Der 2012 beschlossene Aktionsplan „Pro Industrie“ der Brandenburger Landesregierung, war aus IHK-Sicht zu seiner Zeit ein gutes Instrument.

Problemlage

Die Umsetzung wurde nicht stringent verfolgt und hat bisher nur zu überschaubaren Erfolgen geführt.
  • Fachkräfteproblematik hat sich verschärft
  • Bürokratie wurde eher auf- statt abgebaut
  • fehlende Entwicklung von Gewerbe- und Industrieflächen - dadurch mangelnde Standortvoraussetzungen für Ansiedlungen und Erweiterungen
  • unzureichende Breitbandversorgung
  • fehlende Infrastrukturmaßnahmen für wachsendes Verkehrsaufkommen (Güter, Pendler)
  • unzureichende Anreize für Gründung und Nachfolge
  • Erschließung von Auslandsmärkten hat sich nicht verbessert. Brandenburg befindet sich im bundesdeutschen Vergleich auf dem vorletzten Platz vor Mecklenburg-Vorpommern
  • hohe Wissenschaftlerdichte aber zu wenige Gründungen und Technologietransfers aus den Hochschulen heraus

Lösungsansätze

  • konsequente Arbeit an den gesetzten Zielen und kontinuierliche Abstimmung mit Partnern (vor allem mit Kammern, Unternehmen)
  • Entwicklung von spezifischen Maßnahme-Paketen zur Industrieentwicklung angepasst an die Besonderheiten der Brandenburger Industrie- und Gewerbestandorte
  • Akzeptanz für Industriepolitik in der Bevölkerung und den Landesministerien schaffen
  • mehr Sichtbarkeit beim Werben um Großansiedlungen
  • konsequente Standortentwicklung im Bereich der Flächenentwicklung und Infrastrukturanbindung (auch mit finanziellen Vorleistungen durch das Land Brandenburg)
  • Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft regionaler Wirtschaft muss durch Anreize intensiviert werden
  • stärkere Integration von Wirtschaftsthemen in die Schulbildung
  • Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren

Wie?

  • Dialog mit der Industrie (z. B. „Bündnis für Industrie“)
  • Maßnahmen zur Verbesserung der industriellen Rahmenbedingungen (Gesetze, Infrastruktur, Standortfaktoren, etc.)
  • Umsetzungsvorschläge für Handlungsfelder entwickeln

Bündnis für Industrie

Der Brandenburger Landtag hat am 23. Januar 2020 beschlossen, das Land „als eine innovationstarke und nachhaltige Industrieregion in Deutschland“ weiterzuentwickeln.
Im „Bündnis für Industrie“ sollen die Leitlinien der Industriepolitik Brandenburg unter Federführung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie und Mitwirkung der Industrie- und Handelskammern sowie des Unternehmensverbandes UVB weiterentwickelt und konkrete Maßnahmen abgeleitet werden. Dazu gehört auch eine Akzeptanzoffensive.

Handlungsfelder und Forderungen der Industrie- und Handelskammern

1. Innovation & Digitalisierung

Handlungsziel: Stärkung der Innovationsfähigkeit der Unternehmen durch:

  • Ausbau von industrierelevanten Serviceangeboten
  • Zugang von KMUs zu Fördermitteln verbessern
  • bedarfsgerechte Unterstützung durch integrierte Standortentwicklung
  • Nutzung von Testfeldern und Reallaboren zur Innovationsförderung

key-facts

a) Breitband - Versorgungsquoten >50 Mbit/s
  • 2016 = 62% Bbg. / 75% D
  • 2018 = 70% Bbg. / 83% D
(Quelle: Bundesministerium f. Verkehr u. digitale Infrastruktur)

Forderung der Kammern

  • Beschleunigung des Ausbaus einer durchgängigen Glasfaser-Infrastruktur
  • Prüfung alternativer Erschließungstechnologien (z. B. Funk) in unwirtschaftlichen Ausbaugebieten
  • Schließung von Funklöchern im Mobilfunkbereich.
b) Ausgaben für Forschung und Entwicklung 2016 am Bruttoinlandsprodukt (BIP)

Forderung der Kammern:

  • Senkung Einstiegshürden und Entbürokratisierung der Antragsverfahren bei der Forschungsförderung, z. B. „Brandenburgischen Innovationsgutschein (BIG)“
  • steuerliche Forschungsförderung einführen

2. Fachkräftesicherung und Qualifizierung

Handlungsziel: Bedarfsgerechte Fachkräfte für die Industrie durch:

  • stärkere Werbung in den Schulen für eine Berufs- und Studienorientierung in der Industrie
  • Ausbau von Angeboten der Career Service Center an den Hochschulen
  • Umschulungsangebote in Strukturwandelregionen bereitstellen
  • Unterstützung der Unternehmen bei der Erschließung von Fachkräften

key-facts

a) Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt
  • jährlich ca. 9500 Ausbildungsverträge
  • Anzahl unbesetzter Stellen steigt
  • Jugendliche wandern aus der Region ab

Forderung der Kammern

  • Aufbau und Betrieb einer E-Recruiting-Plattform
  • bedarfsgerechte Qualifizierungsangebote zur Digitalisierung von Unternehmen entwickeln und fördern
  • Förderung von MINT-Kompetenzen, Aufbau von MINT-Netzwerken
  • Stärkung der regionalen Verbundenheit, um junge Menschen in der Region zu halten
  • Zuwanderung fördern und behördliche Strukturen im Land schaffen
  • Förderung ausländischer Fachkräfte im Bereich Sprachkompetenzen und Anlaufberatung
b) Zu wenige gewerbliche Existenzgründer / Überalterung der Unternehmer
  • jeder fünfte Brandenburger ist 60 Jahre alt
  • Existenzgründungen liegen unter dem Bundesdurchschnitt und weit unter dem Gründungsgeschehen in Berlin

Forderung der Kammern

  • Kampagne Gründerland Brandenburg über das "Gründungsnetz Brandneburg"
  • Finanz- und Fördersysteme verbessern
  • Bereitstellung von Start-up-Ökosystemen
  • bessere Anerkennung des Unternehmertums

3. Ausbau von Wertschöpfungsketten

Handlungsziel: Ausbau industrieller Kerne und Entwicklung von Schlüsselkompetenzen durch

  • Schärfung des Profils als Investitions- und Innovationsstandorts
  • gezielte Akquise von industriellen Investitionsprojekten zur Verlängerung und Vertiefung von Wertschöpfungsketten
  • Förderung von regionalen Kooperationen zwischen Unternehmen

key-facts

a) Umsätze der Industrie im Vergleich
Trotz eines stetigen realen Wachstums der Bruttowertschöpfung hat sich der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der gesamten Bruttowertschöpfung seit 1990 kaum verändert.
  • gemessen an der gesamten deutschen Bruttowertschöpfung Anstieg von 0,4 % auf 1,3 %
  • gemessen an der Bruttowertschöpfung Brandenburgs Anstieg von 9,5 % auf 14,2 %
  • seit 20 Jahren stagniert Anteil des verarbeitenden Gewerbes auf dem Niveau von heute


Forderung der Kammern

  • Förderung der Entwicklung von KMUs zu Großunternehmen fördern
  • Förderung von innovativen Unternehmensgründungen verstärken
  • Rahmenbedingungen für Ansiedlung und Wachstum schaffen
b) Exportvergleich der Bundesländer 2018

Forderung der Kammern

  • mehr Öffentlichkeitsarbeit pro Industrie
  • stärkere Außenwirtschaftsunterstützung in der Industriepolitik, z. B. durch:
  • strategisch gezielte Ansiedlungskonzepte zur Intensivierung von ausländischen Investitionen und proaktive Begleitung
  • individuelle Förderung von KMUs bei der Erschließung ausländischer Märkte

4. Infrastruktur & Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen

Handlungsziel: Beschleunigter Infrastrukturausbau und Standortentwicklung durch

  • Entwicklung eines zielgruppenorientierten Flächenangebots
  • Verbesserung der digitalen Infrastruktur
  • Anbindung von Industriestandorten
  • Förderung von innovativen Logistik- und Mobilitätslösungen

key-facts

a) Kontinuierlich sinkende Haushaltsausgaben für Investitionen
  • 2018 = 12,2 %
  • 2019 = 12.1%
  • 2022 = 9,9 %

Forderung der Kammern

  • für Erhalt und Ausbau des Straßennetzes wären 2,77 Mrd. Euro notwendig, jährlich fließen schon heute nur 150 Mio. Euro in Sanierungs- und Baumaßnahmen
  • Infrastrukturausbau ist Voraussetzung für Industrieentwicklung = Mehrausgaben nötig
b) Personalstellen im Landesamt für Umwelt – nach drastischer Personalabbau im Jahr 2014/ 2015, derzeit wieder leichte Steigerung, auf niedrigem Niveau
  • 2010 = 244 Personalstellen
  • 2015 = 202 Personalstellen
  • 2018 = 207 Personalstellen

Forderung der Kammern

  • Beschleunigung von Planungs-und Genehmigungsverfahren:
  • mehr Personal in Fachbehörden
  • Digitalisierung von Fachverfahren und technische Ausstattung der Behörden verbessern