Recht und Steuern

Insolvenzverfahren für Privatpersonen

Ein Großteil der Insolvenzverfahren betrifft natürliche Personen. Diese können ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen, wenn sie keine selbständige Tätigkeit ausüben.
Sofern sie ehemals eine selbständige Tätigkeit ausgeübt haben, können sie am Verbraucherinsolvenzverfahren teilnehmen, wenn ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Überschaubarkeit ist gegeben, wenn der Schuldner im Zeitpunkt des Eröffnungsantrags weniger als 20 Gläubiger hat. Zu den Forderungen aus Arbeitsverhältnissen zählen nicht nur die Ansprüche der Arbeitnehmer, sondern auch die Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsträgern und Finanzamt.

3 Stufen des Insolvenzverfahrens

Die Insolvenzordnung (InsO) gestaltet das Verbraucherinsolvenzverfahren als ein dreistufiges Verfahren dem sich ein Restschuldbefreiungsverfahren anschließt:
Stufe 1: Außergerichtlicher Einigungsversuch
Stufe 2: Gerichtlicher Einigungsversuch
Stufe 3: Vereinfachtes Insolvenzverfahren
im Anschluss: Restschuldbefreiungsverfahren

Stufe 1: Außergerichtlicher Einigungsversuch

Bevor ein Schuldner bei dem Gericht, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz hat, einen Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens stellt, ist zunächst der Versuch notwendig, mit seinen Gläubigern eine außergerichtliche Einigung auszuhandeln. Grundlage des außergerichtlichen Einigungsversuchs ist ein Schuldenbereinigungsplan, der auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners durch eine Schuldnerberatungsstelle erstellt wurde. Der Insolvenzantrag des Schuldners ist nur zulässig, wenn ein solcher Versuch innerhalb der letzten 6 Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos war. Dies hat der Schuldner durch eine Bescheinigung einer geeigneten Stelle zu belegen. Die Bescheinigung dürfen Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer sowie Beratungsstellen wie z. B. Schuldnerberatungsstellen ausstellen, soweit sie durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales als geeignete Stellen anerkannt sind.
Dazu, wie ein Schuldenbereinigungsplan auszusehen hat, gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass zunächst eine Grundlagenanalyse der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgenommen wird. Dazu ist insbesondere eine genaue Übersicht über die Gläubiger und Schuldner notwendig. Der Plan kann vorsehen, dass mit den Gläubigern Stundungen, Ratenzahlungen, Schuldenerlasse oder sonstige Vereinbarungen getroffen werden. Im Regelfall enthält der Plan das Angebot, Ratenzahlungen zu gewähren und nach Ablauf einer gewissen Zeit die Restschuld zu erlassen. Der Plan bedeutet für den Schuldner nicht nur Verzicht. Er kann auch vorsehen, dass der Schuldner ein für die Berufsausübung benötigtes Kfz behält oder in seinem hochbelasteten Einfamilienhaus wohnen bleiben darf.

Stufe 2: Gerichtlicher Einigungsversuch

Wird dem Schuldner von einer geeigneten Stelle bescheinigt, dass der außergerichtliche Einigungsversuch erfolglos war, kann er beim zuständigen Gericht Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens stellen. Stellt der Schuldner diesen Antrag, kommt es nicht ohne weiteres zu einem Insolvenzverfahren. Vielmehr hat der Gesetzgeber vor das eigentliche Verfahren ein obligatorisches gerichtliches Einigungsverfahren gestellt. Das bedeutet, dass der gescheiterte außergerichtliche Versuch nunmehr als gerichtliches Verfahren wiederholt wird. Das eigentliche Insolvenzverfahren ruht in dieser Zeit. Das Gericht stellt den beteiligten Gläubigern die Unterlagen zu und fordert sie zur Stellungnahme auf. Äußern sich die Gläubiger nicht innerhalb eines Monats, wird dies so gewertet, als hätten sie dem Plan zugestimmt. Ein Gläubiger kann also das Verfahren nicht dadurch blockieren, dass er untätig bleibt. Der Plan hat dieselbe Wirkung wie ein gerichtlicher Vergleich. Der Schuldner hat nur noch die Verbindlichkeiten, die im Plan festgelegt sind, zu erfüllen, nicht mehr die ursprünglichen Forderungen. Allerdings gilt dies nicht für Forderungen, die – etwa weil die Gläubiger unbekannt waren – im Plan nicht berücksichtigt wurden.
Die Besonderheit des gerichtlichen Verfahrens besteht darin, dass Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger eingestellt werden können. Zum anderen hat das Gericht, unter bestimmten Voraussetzungen, die Möglichkeit, Zustimmungen widersprechender Gläubiger zu ersetzen. Das Gericht kann von der Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens absehen und die Fortsetzung des Insolvenzverfahrens anordnen, wenn nach seiner freien Überzeugung der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird.

Stufe 3: Vereinfachtes Insolvenzverfahren

Scheitert das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren und/oder stellt ein Gläubiger den Insolvenzantrag, so wird das Verfahren wieder aufgenommen. Der Schuldner muss im Verfahren mit einem Verfahrenskostenvorschuss in Höhe von mindestens 1.500 EUR rechnen. Sind die Verfahrenskosten von der Insolvenzmasse nicht gedeckt oder wird ein entsprechender Vorschuss nicht gezahlt, erfolgt die Abweisung des Insolvenzöffnungsantrages mangels Masse.
Die Insolvenzordnung sieht jedoch auch die Möglichkeit vor, dass dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet werden, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten zu decken (§§ 4a bis 4d InsO). Dies muss er ausdrücklich bei Gericht beantragen. Die Stundung umfasst die Kosten des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan sowie des Verfahrens der Restschuldbefreiung. Erscheint Vertretung durch einen Anwalt erforderlich, wird ihm auch ein Anwalt seiner Wahl beigeordnet.
Sind die Voraussetzungen für eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegeben, erlässt das Insolvenzgericht einen Eröffnungsbeschluss und ernennt eine Person zum Insolvenzverwalter. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt die Beschlagnahme des schuldnerischen Vermögens ein. Der Schuldner verliert die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen. Mit der Verfahrenseröffnung tritt der Insolvenzverwalter in die Rechtsstellung des Schuldners ein.
Bezüglich der Verwertung des Miteigentums der Ehegatten gelten § 1362 BGB und § 739 ZPO zugunsten der Gläubiger. Dies bedeutet, dass der nicht verschuldete Ehegatte nachweisen muss, dass ihm ein Gegenstand der Insolvenzmasse gehört und er ein Aussonderungsrecht hat. Mit der Verwertung der Masse oder der Zahlung eines entsprechenden Ablösebetrages endet das Verfahren.
Dem Insolvenzantrag sind beizufügen:
  • Bescheinigung des außergerichtlichen Einigungsversuchs
  • Schuldenbereinigungsplan
  • Vermögens- und Schuldnerverzeichnis
  • Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung
Neben der Verwertung des schuldnerischen Vermögens besteht für den Schuldner bis zum Schlusstermin des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit, einen Insolvenzplan vorlegen, in dem auf seinen Einzelfall abgestimmte Regelungen zur Entschuldung getroffen werden können. Stimmt die Mehrheit der Gläubiger dem Insolvenzplan zu, ist der Weg zu einem sofortigen wirtschaftlichen Neuanfang frei.

Restschuldbefreiungsverfahren

Grundsätzlich haften natürliche Personen nach Beendigung eines Insolvenzverfahrens unbeschränkt weiter. Um Schuldenfreiheit zu erlangen, können sie daher eine Restschuldbefreiung beantragen. Der Schuldner der sich hierfür entscheidet, muss während einer sog. Wohlverhaltensperiode sechs Jahre lang - gerechnet ab Eröffnung des Verfahrens - den pfändbaren Betrag seines Arbeitseinkommens an einen Treuhänder abführen. Dieser verteilt die eingegangenen Beträge dann gleichmäßig an alle Gläubiger. Hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens beglichen, kann die Restschuldbefreiung bereits nach 5 Jahren erfolgen. Befriedigt er zusätzlich die Forderungen der Insolvenzgläubiger mindestens in Höhe von 35 Prozent, kann das Gericht bereits nach 3 Jahren über die Restschuldbefreiung entscheiden. Wenn der Schuldner einen Restschuldbefreiungsantrag stellt, wird ihm mit Beginn des Insolvenzverfahrens auferlegt, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich zumindest um eine solche zu bemühen.
Die Restschuldbefreiung kann versagt werden, wenn der Schuldner wegen Insolvenzstraftaten nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuches rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wird. Die Restschuldbefreiung ist auch zu versagen, wenn der Schuldner die Obliegenheit, einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach zu gehen oder sich um eine solche zu bemühen, verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt.
Liegt nach Ablauf des Zeitraums kein Grund für eine Versagung der Restschuldbefreiung (§ 290 InsO) vor, hat der Schuldner sich also redlich verhalten, spricht das Gericht die Restschuldbefreiung aus. Dem Schuldner sind damit die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden Schulden erlassen, nicht aber die nach diesem Zeitpunkt begründeten Schulden.
Schulden aus einer vorsätzlichen und pflichtwidrigen Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht oder aus einer Steuerstraftat des Schuldners nach §§ 370, 373 oder 374 der Abgabenordnung (AO) bleiben trotz Restschuldbefreiung bestehen. Außerdem nehmen an der Restschuldbefreiung solche Forderungen nicht teil, die aufgrund einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Schuldners begründet worden sind.
Weiterführende Informationen: