Erfolgreiche Unternehmerreise "Rebuild Ukraine"
Die Industrie- und Handelskammer Cottbus organisierte vom 14. bis zum 17. Februar 2023 im Rahmen der Wiederaufbaumesse „ReBuild Ukraine“ eine Unternehmerreise für Südbrandenburger Unternehmen nach Warschau/Polen. Ziel der Reise war es, Kontakte zu den ukrainischen Kommunen und Unternehmen herzustellen und sich über Beteiligungen an Wiederaufbauprojekten zu informieren.
Der russische Einmarsch in der Ukraine hat nicht nur den Menschen im zweitgrößten Flächenland Europas viel Leid gebracht, sondern auch die Infrastruktur im Zuge der Kämpfe schwer beschädigt. Dadurch kommt es vor Ort sowie in anderen Ländern zu Wirtschaftseinbrüchen, Lieferengpässen und steigenden Preisen. Das deutsch-ukrainische Handelsvolumen legte in den vergangenen Jahren deutlich zu und erreichte 2021 einen Wert von 8,5 Milliarden Euro. Deutsche Unternehmen haben seit der Staatsgründung nahezu 50 000 Arbeitsplätze in der Ukraine geschaffen. Der Bestand an deutschen Investitionen belief sich 2020 auf annähernd drei Milliarden Euro. Laut Statistischem Bundesamt sind die Exporte von Brandenburg in die Ukraine im Zeitraum Januar bis November 2022 kriegsbedingt um 12,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Die Einfuhren aus der Ukraine nach Brandenburg sind im gleichen Zeitraum leicht um 7,8 Prozent gestiegen.
Enormes Interesse der Unternehmen
Das Interesse der Südbrandenburger Unternehmen am ukrainischen Markt und an der Mitwirkung beim Wiederaufbau der Ukraine ist enorm groß. Das bestätigte sich auch auf der Sitzung des IHK-Fachausschusses Außenwirtschaft am 2. Februar 2023. Südbrandenburger Unternehmen hatten schon vor dem Krieg Geschäftsbeziehungen in die Ukraine und sind von den Wirtschaftseinbrüchen zum großen Teil betroffen. Teilgenommen haben folgende Unternehmen aus der Region: uesa GmbH, Kjellberg Finsterwalde Elektroden und Zusatzwerkstoffe GmbH, Galatea GmbH, Schönborner Armaturen GmbH, Kompaktbau Lausitz GKH GmbH, Fiks GmbH, Innovationsgesellschaft Pieper mbH und Rhenus Logistics GmbH. Die Südbrandenburger Unternehmen kommen aus den Bereichen Energie und Logistik, Wasser- und Abwasserwirtschaft, Metall-/Kunststoffbe- und verarbeitung, Trockenbau sowie Herstellung von Schweißelektroden und Badewannen bzw. Badausstattung.
Die IHK Cottbus war als Aussteller mit einem Informationsstand am deutschen Gemeinschaftsstand auf der Messe vertreten. „Wir haben auch während der Messe erfahren, dass die IHK als Multiplikator eine große Rolle bei diesem Thema spielt“, sagt Silke Schwabe, Geschäftsbereichsleiterin Außenwirtschaft und Unternehmensentwicklung der IHK Cottbus. Insgesamt waren 59 Aussteller auf dem deutschen Gemeinschaftsstand vertreten, dieser war auch der größte Gemeinschaftsstand auf der Messe.
Zahlreiche Kooperationsgespräche
Im Rahmen des Programms hatten die Unternehmen aus der Region B2B-Kooperationsgespräche mit ukrainischen und polnischen Unternehmen, sodass schon am ersten Tag ca. 30 individuelle Kontakte hergestellt wurden, weitere ca. 40 konnten zu ukrainischen Gebietskörperschaften hergestellt werden. Während der zwei intensiven Messetage auf der ReBuild Ukraine hatten die Unternehmen dutzende Gespräche mit ukrainischen Bürgermeistern, Verbandsvertretern und Ausstellern aus verschiedenen Ländern führen können, um auch eigene Produkte für den Wiederaufbau der Ukraine zu präsentieren, vor allem mit Kommunalvertretern einzelner ukrainischer Regionen, wie z. B. aus den Regionen Kyiv, Kharkiv oder auch Zhytomyr.
Die Teilnehmer erfuhren Näheres über spezifische aktuelle und künftige Projekte in der Ukraine. Das Gubener Unternehmen Hansmann GmbH war mit einem eigenen Stand auf dem deutschen Gemeinschaftsstand der Messe vertreten. Zusammen mit den Unternehmen gab es Gespräche mit der AHK Polen zum Thema Geschäftschancen in Polen für deutsche Unternehmen. Insbesondere das Thema deutsch-polnische Kooperation im Bauwesen in Bezug auf den Wiederaufbau der Ukraine hatte eine große Bedeutung. Es wurde über die Bedarfe an Produkten und Lösungen diskutiert, die die deutschen und polnischen Unternehmen schon abdecken können. Das zentrale Thema der Gespräche mit der AHK Polen war es, den polnischen Markt als Sprungbrett für deutsche Unternehmen beim Markteintritt in der Ukraine zu betrachten. Weil die polnischen Unternehmen schon seit mehreren Jahren Erfahrungen mit der Ukraine haben, könnten auch Südbrandenburger Unternehmen davon profitieren. Des Weiteren hatte die IHK einen offiziellen Abendempfang mit dem Handelsvertreter der US-Botschaft und kanadischen Botschaft sowie auch dem Vertreter der Amerikanischen Handelskammer in Polen, um weitere Kooperationsmöglichkeiten beim Wiederaufbau zwischen deutschen, kanadischen und amerikanischen Unternehmen zu eruieren.
„Die meisten Teilnehmer der Unternehmensreise waren mehr als zufrieden mit der Messe und der Besucherqualität. Vor allem am ersten Tag war die Messe sehr gut besucht und es gab viele Möglichkeiten zum Networking“, berichtet Silke Schwabe.
Dies bestätigt auch Andreas König, Senior Verkaufs- und Produktmanager der Rhenus Freight East GmbH, mit einer Niederlassung in Großbeeren: „Es konnten sehr gute Kontakte geknüpft und gute Gespräche geführt werden. Wir haben mit keiner großen Erwartungshaltung an der ReBuild Ukraine teilgenommen, da es für uns keine Erfahrungswerte gab, wie so eine Wiederaufbaumesse im Konkreten ablaufen wird. Wir waren dann doch sehr positiv überrascht über die Vielzahl namhafter Aussteller und Besucher.“
Kooperationen entstanden
Auch Jens-Uwe Gebler von der Schönborner Armaturen GmbH aus Doberlug-Kirchhain kam mit vielen positiven Eindrücken sowie Kontakten zurück. „Ich wollte mir einen Überblick verschaffen, welche Möglichkeiten wir als KMU bei solch großen Projekten haben, uns zu beteiligen. Da wir aktuell ein Innovationscluster zum Thema Wasser aufbauen, können wir uns vorstellen, uns mit den Mitgliedern als eine Art ,Konsortium‘ am Wiederaufbau der Wasser- und Abwasserwirtschaft in der Ukraine zu gegebener Zeit zu beteiligen.Aktuell erörtern wir mit dem DVGW Berufliche Bildung, wie wir die Clusterinfrastruktur zur Aus- und Weiterbildung von Facharbeitern des Netzbetriebes und des Rohrleitungsbaus nutzen können. Die Mitglieder, die auch Hersteller von Produkten, Technologien, Software oder sonstigen Dienstleistungen sind, könnten am Standort des Clusters Schulungen anbieten. Gern würden wir auch in den Aufbau eines Tochterunternehmens in der Ukraine investieren bzw. diesbezügliche Aktivitäten von Interessenten aus der Ukraine unterstützen. Wir unterstützen den Aufbau der Ukraine am besten, wenn wir Arbeitsplätze und die Möglichkeit zur Fertigung schaffen. Erste Kontakte konnten zu polnischen und ukrainischen Wasserversorgern geknüpft werden. Sicher sind weitere Treffen notwendig, um Strukturen zu schaffen, die den Aufbau einer belastbaren Zusammenarbeit zum Ziel haben“, so Gebler.
Wiederaufbau nicht verfrüht
Es kam auch die Frage auf, ob jetzt der richtige Zeitpunkt für Wiederaufbau sei, da der Krieg noch nicht zu Ende ist. Diese Frage kann bejaht werden, da es vor allem um die Energieinfrastruktur, Wasser und Abwassertechnologien und um den Wiederaufbau des privaten Sektors bzw. von Wohnhäusern geht. Kleinprojekte und Finanzierung laufen bereits, vor allem über Städtepartnerschaften zwischen deutschen und ukrainischen Kommunen. Hier geht es um die Sanierung von Schuldächern, den Aufbau von Kindergärten und den Austausch von Fenstern.
Für größere Vorhaben fehlen den Investoren derzeit noch der Mut, die solide Absicherung der Risiken und etwas mehr Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges. Die Herausforderung für den Wiederaufbau der Ukraine ist enorm – das verdeutlichen die Summen, die die ukrainische Regierung, die EU-Kommission, die Weltbank und andere Institutionen benennen. Der erste Schritt zum Wiederaufbau ist bereits gestartet. Auf der Messe haben 23 ukrainische Gemeinden in einem „Community Marathon“ ihre Projektideen für Industrieparks, erneuerbare Energieerzeugung, Wasseraufbereitung, Abfallentsorgung und anderes präsentiert.
Aus weiteren 43 Städten waren Vertreter der ukrainischen Gemeinden vor Ort. Die ReBuild Ukraine bildete eine Plattform für 304 ausstellende Unternehmen, die bereit sind, der Ukraine mit hochwertigen Materialien, einzigartigen Technologien und professionellem Fachwissen zu helfen, und ca. 3000 Besucher aus 50 Ländern.
Eine Fortsetzung der Aktivitäten ist geplant. Die Veranstalter der ReBuild Ukraine haben bereits einen Folgetermin im November 2023 – wieder in Warschau – angekündigt.
Den kompletten Artikel von Natalia Ruda lesen Sie im FORUM 04/2023.