Gesetzentwurf über die externe Verwaltung (Enteignung)

Der Gesetzentwurf über die externe Verwaltung von Unternehmen mit ausländischen Beteiligungen, dessen Prüfung bereits Anfang März 2022 begonnen hat, wurde am 12. April zur weiteren Prüfung in die untere Kammer des russischen Parlaments eingebracht. Im Vergleich mit der ursprünglichen Fassung weist das aktuelle Dokument einige Unterschiede auf.

Executive Summary

Nach den Worten der Autoren des Gesetzentwurfs sieht der von ihnen entwickelte Mechanismus eine externe Verwaltung von Unternehmen mit ausländischer Beteiligung nur für den Fall einer kritischen Notwendigkeit und mit dem Ziel „des Schutzes der nationalen Interessen der Russischen Föderation“ vor, wobei den ausländischen Investoren die Möglichkeit gewährt wird, ihre Geschäfte in Russland wieder aufzunehmen.
 
Jedoch scheint es, dass die wesentliche Errungenschaft des in die Staatsduma eingebrachten Dokuments die Tatsache ist, dass die Autoren der Position gefolgt sind, die einheitlich vom Föderalen Steuerdienst, dem russischen Unternehmer- und Industrieverband sowie der Zentralbank vertreten wurde, und daher die Varianten einer externen Verwaltung ausgeweitet haben, indem in der angepassten Fassung des Gesetzentwurfs nicht nur der Austausch der Vermögenswerte des Unternehmens mit anschließender Liquidation vorgesehen wurde, sondern auch ein alternativer Mechanismus zur Übertragung von Aktien (Anteilen) in treuhänderische Verwaltung. Auch die Änderung der Kriterien der Organisationen, für die eine externe Verwaltung eingeführt werden kann, verdient Beachtung. Unter anderem wird die Meinung vertreten, dass in Übereinstimmung mit der aktuellen Fassung des Dokuments nur wenige Unternehmen allen Bedingungen entsprechen, die für die Einführung einer externen Verwaltung erforderlich sind. Die Einbringung weiterer Korrekturen in den Gesetzentwurf während seiner Prüfung durch das russische Parlament ist nicht ausgeschlossen.
 
Kriterien für die Einführung einer externen Verwaltung
Eine externe Verwaltung kann laut dem Gesetzentwurf in Organisationen bestellt werden, auf die alle folgenden Kriterien zutreffen:
  1. Das Unternehmen steht unter Kontrolle von „Personen aus unfreundliche Handlungen vornehmenden Staaten“, oder insgesamt mindestens 25 % der Stimmaktien (der Anteile am Stammkapital) des Unternehmens gehören direkt oder indirekt solchen Personen.

    Diese Bedingung war auch im ursprünglichen Dokument enthalten, jetzt wurde allerdings ergänzt, dass sich der Begriff „unfreundliche Staaten“ nicht auf Offshore-Unternehmen erstreckt, die durch den russischen Staat oder durch Endbegünstigte aus Russland kontrolliert werden.
  2. Die Kriterien über die Vermögensgröße und die durchschnittliche Mitarbeiteranzahl wurden aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Nun kann eine externe Verwaltung bei Organisationen bestellt werden, die „von erheblicher Bedeutung für die Stabilität der Wirtschaft und des Konsumgüterumlaufes, den Schutz von Rechten und rechtmäßigen Interessen von Bürgern in der Russischen Föderation oder in einem Föderationssubjekt“ sind.
Zu diesen Organisationen gehören:
  • Unternehmen, die lebenswichtige Güter oder die Waren mit staatlich regulierten Preisen herstellen oder verarbeiten;
  • Organisationen, die natürliche Monopole sind oder die eine marktbeherrschende Stellung haben;
  • die jeweils einzigen Produzenten oder Lieferanten einer Ware, die in einem entsprechenden Register der Staatsaufträge geführt sind;
  • städtebildende Unternehmen, auf die mindestens 25 % der Arbeitnehmer einer Ortschaft entfallen;
  • Unternehmen, deren Tätigkeitseinstellung schwerwiegende Konsequenzen haben wird, wie eine technische und/oder ökologische Katastrophe, die Einstellung des Betriebs von für die Versorgungsinfrastruktur wichtigen Anlagen, eine unbegründete Erhöhung der Preise für Waren, die für russische Konsumenten hergestellt werden;
  • Organisationen, die zusammen mit anderen Unternehmen an wichtigen Produktionsketten beteiligt sind.
Auf Beschluss der vom Ministerium für Wirtschaftsentwicklung gegründeten behördenübergreifenden Kommission kann ein Unternehmen unabhängig vom Vorliegen der oben genannten Merkmale als von wesentlicher Bedeutung eingestuft werden.
Eine externe Verwaltung kann auch in den Niederlassungen von den diese Bedingungen erfüllenden Organisationen eingeführt werden. Nach einer allgemeinen Regel darf die externe Verwaltung nicht bei Kredit- und Versicherungsorganisationen oder nichtstaatlichen Rentenfonds eingeführt werden. Die Zentralbank kann jedoch bei den ersten zwei Kategorien einen Austausch der Aktiva durch Ausgliederung mit einem Verkauf der Anteile bzw. der Aktien der neu ausgegliederten Organisation im Rahmen einer Liquidation oder eines Insolvenzverfahrens beantragen.
Andere Gründe für die Bestellung einer externen Verwaltung
  1. Tatsächliche Beendigung der Verwaltung der Organisationstätigkeit durch den Organisationsleiter, andere Leitungsorgane und/oder die Gesellschafter/die Aktionäre unter Verletzung des russischen Rechts.

    Diese Grundlage wird als vorliegend betrachtet, wenn diese Personen aus Russland nach dem 24. Februar 2022 ausgereist sind und das Unternehmen ohne Leitung hinterlassen haben, oder Handlungen bzw. Unterlassungen begangen haben, durch die der Wert des Unternehmensvermögens deutlich gesunken ist oder das Unternehmen seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.
  2. Handlungen der oben genannten Personen, die zu einer unbegründeten Beendigung der Tätigkeit der Organisation, deren Liquidation oder Insolvenz führen können, zum Beispiel nach dem 24. Februar 2022 gemachte öffentliche Äußerungen über die Beendigung der Unternehmensaktivitäten bei Fehlen von offensichtlichen wirtschaftlichen Umständen, bei Kündigung von für die Aktivitäten des Unternehmens wichtigen Verträgen oder Benachrichtigung über die Entlassung von mehr als einem Drittel der Mitarbeiterschaft.

    Diese Gründe waren schon in der ursprünglichen Fassung vorhanden, nun kamen dazu:
  3. Beendigung (Tätigkeitsunterbrechung), oder teilweise oder vollständige Einstellung der Tätigkeit der Organisation und/oder deutliche Verringerung des Produktionsvolumens und -vertriebs, unter anderem die Verringerung der Verkaufserlöse um 30 % in drei vollen Monaten im Vergleich zu den drei vorausgehenden vollen Monaten und/oder dem entsprechenden Zeitraum des letzten Jahres;
  4. Die Fortführung der Tätigkeit der juristischen Person und die Nichteinführung einer externen Verwaltung kann zu einer vollständigen oder teilweisen Beendigung/Einstellung deren Tätigkeit (siehe letzten Punkt) oder zu anderen schwerwiegenden Folgen (z. B. einer technischen und/oder ökologischen Katastrophe, Einstellung des Betriebs von für die Versorgungsinfrastruktur wichtigen Anlagen, einer unbegründeten Erhöhung des Preises für bestimmte, für russische Verbraucher produzierte Waren oder Beendigung der Tätigkeit von anderen Unternehmen von erheblicher Bedeutung) führen.
  5. Notwendigkeit der staatlichen Finanzierung der kontinuierlichen Belieferung der Verbraucher und/oder Umprofilierung von wichtigen Produktionsstätten.
Die Regierung der Russischen Föderation kann noch andere Umstände bestimmen, die über das Vorhandensein der Gründe für die Einführung einer externen Verwaltung zeugen.
Es wird wie früher davon ausgegangen, dass das Gesetz am Tag der offiziellen Veröffentlichung in Kraft treten und rückwirkende Kraft haben wird, sodass es auch dann angewendet werden kann, wenn die Gründe für die Einführung einer externen Verwaltung vor seinem Inkrafttreten entstanden sind.