Informationen zum GmbH-Geschäftsführer
Der Geschäftsführer und seine Stellung in der Gesellschaft
Es gibt keine allgemeinen Qualifikationsanforderungen an einen Geschäftsführer. Der Bedarf ergibt sich u.a. aus den betrieblichen Notwendigkeiten, der Branche und ggf. auch der bereits seitens leitender Mitarbeiter oder weiterer Geschäftsführer abgedeckten Fähigkeiten. Grundsätzlich ist jede natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person denkbar. Auch die Bestellung eines Ausländers als Geschäftsführer kommt in Betracht.
Die Tätigkeit als Geschäftsführer ist ausgeschlossen in Berufs- oder Gewerbezweigen in denen der Person durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gerichtsurteil ein Verbot der Ausübung erteilt worden ist oder bei verübten vorsätzlichen Straftaten – überwiegende bei Vermögensdelikten. Auch eine Teilnahme an einer der genannten Katalogstraftaten genügt zur Erfüllung des Ausschlusskriteriums. Näheres – auch welche Straftatbestände konkret zum Ausschluss einer Geschäftsführertätigkeit führen – ergibt sich aus § 6 GmbHG. Im Rahmen der Bestellung zum Geschäftsführer hat die Person zu versichern, dass derartige Ausschlussgründe nicht vorliegen. Erlangt das Registergericht auf anderem Wege Kenntnis von einem Verstoß gegen diese Bestellungsvoraussetzung löscht es die GF-Eintragung von Amts wegen. Die Bestellung also solche ist nichtig; eines Gesellschafterbeschlusses zur Abberufung bedarf es nicht.
Der Geschäftsführer wird mit der Bestellung Organ der GmbH und übernimmt damit die organschaftlichen Rechte und Pflichten. Die Bestellung erfolgt durch Beschluss der Gesellschafterversammlung. Es ist Aufgabe des Geschäftsführers/der Geschäftsführer die GmbH zu führen und den Gesellschaftszweck zu verwirklichen. Die GmbH wird vom Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.
Der Geschäftsführer hat gegenüber der GmbH zahlreiche Pflichten, worunter die Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft und die treuepflichtmäßige Verwaltung des Gesellschaftsvermögens zählen. Es gilt, der Gesellschaft keinen Schaden zuzufügen, Geschäftschancen zu ergreifen und nicht zum eigenen oder Vorteil von Wettbewerbern zu handeln. In den Angelegenheiten der Gesellschaft hat der Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Er ist zudem zur Verschwiegenheit über Geschäftsgeheimnisse verpflichtet.
Vertretung der GmbH heißt, mit Wirkung für diese Erklärungen im Rechtsverkehr abzugeben und zu empfangen. Die Vertretungsbefugnis kann im Innenverhältnis beschränkt werden, dies wirkt jedoch nicht nach außen. Hinsichtlich des Umfangs der Vertretungsmacht können im Einzelfall Sonderregelungen gelten; z. B. wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind. Grundsätzlich führt das Auftreten des Geschäftsführers im Rechtsverkehr im Namen der GmbH zu Verpflichtungen der Gesellschaft. Überschreitet der Geschäftsführer seine im Innenverhältnis erteilte Vertretungsmacht, so ist die Erklärung nach außen wirksam. Es kann jedoch ein Haftungsanspruch des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft entstehen. Tritt der Wille, dass der Geschäftsführer für die GmbH handelt, nicht erkennbar hervor, so verpflichtet sich der Geschäftsführer persönlich.
Grundsätzlich führt der Geschäftsführer die Geschäfte der GmbH in eigener Verantwortung; diese kann aber durch Satzung und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrates, bzw. Beirates, beschränkt werden, § 37 Abs.1 GmbHG.
Von der Bestellung des Geschäftsführers ist seine Anstellung durch Dienstvertrag zu unterscheiden. Beide Ebenen – Bestellung und Anstellung – sind grundsätzlich getrennt voneinander zu betrachten. Dies ist insbesondere bei Beginn und Ende der beiden Aspekte zu bedenken; z. B. zieht die Abberufung nicht zwangsläufig die Beendigung des Anstellungsverhältnisses nach sich.
Im Dienstvertrag kann die Haftung gegenüber der Gesellschaft auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden, § 43 Abs. 2 GmbHG. Eine solche Haftungsbeschränkung gilt jedoch nicht gegenüber Dritten. Auf die organschaftlichen Rechte und Pflichten hat der Dienstvertrag grundsätzlich keine Auswirkung
Aufgaben und Pflichten des Geschäftsführers
Dem Geschäftsführer obliegen insbesondere im Folgenden dargestellte Pflichten aus Gesetz, die sich auch im Gesellschaftsvertrag wiederfinden bzw. erweitert werden können:
- Mitteilungspflichten gegenüber dem Handelsregister, § 78 GmbHG, zum Beispiel
- Korrekte Anmeldung der GmbH beim Handelsregister, § 7 GmbHG
- Mitteilung der Änderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligungen durch Einreichen einer Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG
- Anmeldung und Eintragung der Abänderung des Gesellschaftervertrages, § 54 GmbHG
- Anmeldung und Eintragung eines Beschlusses zur Herabsetzung oder Erhöhung des Stammkapitals, § 58 GmbHG
- Rechnungslegungspflicht – Buchführung/Bilanz, Steuern
- Ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung, §§ 41 ff. GmbHG,
- Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes in den ersten 3 Monaten des Geschäftsjahres für das vorangegangene Jahr (§ 264 Abs. 1 S.1, Abs.2 HGB) sowie
- unverzügliche Vorlage des Geschäftsberichts gegenüber den Gesellschaftern zur Feststellung des Jahresabschlusses, § 42a GmbHG
- Abgabe von Steuererklärungen, Voranmeldungen usw.
- Erhaltung des Stammkapitals/Überwachung der Einzahlungen, §§ 19 ff., 31 GmbHG, Beachtung des Auszahlungsverbotes, § 30 GmbHG
- Aufforderung an Gesellschafter zur Leistung des Stammkapitals
- Unterbinden von verdeckten Gewinnausschüttungen
- Überwachen der Bilanzen
- Organisatorische Pflichten
- Einberufung der Gesellschafterversammlung, § 49 GmbHG
- Prüfung und Umsetzung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung
- Wahrung der Auskunfts- und Einsichtsrechte der Gesellschafter, § 51a GmbHG, sowie der Informationspflichten gegenüber Gesellschaft, Gesellschaftern und Mitgeschäftsführern
- Pflichten bei Beschäftigung von Mitarbeitern
- Einbehalten und Abführen der Lohnsteuer der Arbeitnehmer an das Finanzamt
- Anmelden der Arbeitnehmer bei der Krankenkasse und Einbehalten und Abführen von Beiträgen zur Sozialversicherung
- Meldung der Beschäftigten bei der Berufsgenossenschaft
- Treffen von Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen (Arbeitsschutz)
- Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und anderer Schutzgesetze (z.B. Arbeitsstättenverordnung, Jugendarbeitsschutzgesetz,…)
- Überprüfen von Führerscheinen bei Überlassung von Betriebsfahrzeugen
Der Geschäftsführer kann Aufgaben auf Mitarbeiter delegieren, muss jedoch die Erfüllung dieser sorgfältig überwachen. Auch eine Arbeitsteilung zwischen mehreren Geschäftsführern ist möglich. Gesetzliche Pflichten der Geschäftsführer sind dabei immer von allen Geschäftsführern zu beachten, auch wenn diese intern einem anderen Geschäftsführer obliegen.
Aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses hat der Geschäftsführer die Geschäfte der GmbH uneigennützig zu führen, darf sie nicht zur privaten Bereicherung missbrauchen und darf auch nicht in unmittelbaren Wettbewerb mit der GmbH treten.
Tipp: Es lohnt sich - bevor man die Position eines Geschäftsführers übernimmt oder besetzt -, sich die gesetzlichen Grundlagen näher anzuschauen. Die genannten Gesetze können aktuell unter Gesetze im Internet eingesehen werden.
Haftung des Geschäftsführers
Kommt der Geschäftsführer seinen Pflichten (aus Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag) nicht oder nur unzureichend nach, kann er für daraus entstandene Schäden persönlich haften - gegenüber der GmbH (Innenhaftung) sowie auch gegenüber Dritten (Außenhaftung). Auch besteht die Gefahr einer strafrechtlichen Haftung. Grundsätzlich ist anerkannt, dass unternehmerische Entscheidungen gewisse Risiken beinhalten; für eine persönliche Haftung bedarf es daher eines vorwerfbaren, pflichtwidrigen Verhaltens des Geschäftsführers.
- Gegenüber der Gesellschaft
- Schadensersatzpflicht bei Verletzung des besonderen Vertrauensverhältnisses, §§ 43 Abs.1 und 2 GmbHG, § 826 BGB
- Sog. „Garantenhaftung“ für die Einhaltung des Datenschutzrechtes, insbesondere zu den Aspekten der Auswahl, Unterstützung und Überwachung der Mitarbeiter, die mit diesem Thema befasst bzw. im Rahmen der Datenverarbeitung tätig sind
- Innenhaftung ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkbar, § 43 Abs. 2 GmbHG
- Gegenüber Dritten
- vermögensrechtliche Haftung für Steuerpflichten der GmbH, §§ 69 ff. AO
- Haftung für den Erhalt des Stammkapitals, § 43 Abs.3 GmbHG i.V.m. § 30 GmbHG
- Insolvenz- und Krisenhaftung (s.u.)
- Haftung für datenschutzrechtliche Ansprüche neben der GmbH als “Verantwortlicher” im Sinne der DS-GVO (siehe aktuell z. B. OLG Dresden v. 30.11.2021, Az. 8 U 1158/21)
- Die Haftung gegenüber Dritten ist nicht beschränkbar.
- Strafrechtliche Haftung/Ordnungswidrigkeiten (z. B.)
- Steuerstraftaten wie Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung, § 370 Abs.1, 378 Abs.1 AO
- Verspätete Meldung des Jahresabschlusses zum elektronischen Bundesanzeiger, § 325 HGB
- Insolvenzstraftaten (s.u.)
- Straftaten gegen die Umwelt, §§ 324 ff. StGB
Der Geschäftsführer in der Krise und Insolvenz
Das deutsche Insolvenzrecht kennt drei Insolvenzgründe: Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und Überschuldung (§ 19 InsO).
Zahlungsunfähigkeit liegt vor bzw. droht, wenn mit den vorhandenen liquiden Mitteln die fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr bedient werden können. Der Tatbestand der Überschuldung liegt in der Regel vor, wenn die Vermögenswerte der Gesellschaft (Aktiva) nicht mehr ausreichen, um die Verbindlichkeiten (Passiva) zu decken und eine Fortführung des Unternehmens nicht mehr wahrscheinlich ist.
Der Geschäftsführer muss sicherstellen, dass er laufend einen Überblick über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft hat, auch um im Krisenfall rechtzeitig reagieren zu können. Hieraus ergeben sich besondere Rechte und Pflichten in Krise und Insolvenz bzw. Haftungen bei Nichtbeachtung:
- Er hat die Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung, wenn die Hälfte des Stammkapitals aufgebraucht ist (bilanziell).
- Ihm obliegen Insolvenzantragspflichten/Massesicherungspflichten
- Stellen eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, § 15a InsO.
- Vermögenssicherung
- Der Geschäftsführer kann unter Umständen mit seinem privaten Vermögen für Folgendes haften:
- verspätete Insolvenzanmeldung, § 43 Abs.3 GmbHG i.V.m. § 15a InsO
- Verletzung der Vermögenssicherung, § 64 S.1 GmbHG
- existenzgefährdende und existenzvernichtende Auszahlungen an Gesellschafter, § 64 S.3 GmbHG
- Geschäfte trotz Insolvenzreife, § 823 Abs.2 BGB i.V.m. §§ 263, 264a StGB
- nicht abgeführte Beiträge (nur Arbeitnehmeranteile) zur Sozialversicherung, § 823 Abs. 2 i.V.m. BGB, § 266 a StGB
- Steuerschulden, sofern diese infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Pflichten zur Buchführung bzw. Abgabe von Steuererklärungen usw. nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden können, § 69 AO
- Der Geschäftsführer sollte eine strafrechtliche Haftung vermeiden. In Frage kommen unter anderen:
- Insolvenzverschleppung (z. B. verspäteter Eröffnungsantrag); § 15a InsO
- Bankrott ggf. in einem besonders schweren Fall; §§ 283, 283a StGB
- Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b StGB
- Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB, Schuldnerbegünstigung, § 283d StGB
- Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266a StGB
Schutz vor persönlicher Haftung
Für Geschäftsführer gibt es hinsichtlich der dargestellten Haftungen und Verantwortlichkeiten spezielle Versicherungen, die von der Gesellschaft abgeschlossen werden können. Dabei kann nicht alles versichert werden. Es ist jedoch ratsam, mit einem Versicherungsspezialisten die individuellen Möglichkeiten zu erörtern.
Zudem ist es üblich, dass die Gesellschafter – meist jährlich im Rahmen der Gesellschafterversammlung zum Jahresabschluss des letzten Geschäftsjahres – über die sogenannte Entlastung des/der Geschäftsführer/s entscheiden. Dies bedeutet, dass er gegenüber der Gesellschaft im Rahmen der gewährten Entlastung nicht haftet.
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Bearbeitungsstand: Februar 2021