E-Commerce Recht - Widerrufsbelehrung

Wie lautet der Text der Widerrufsbelehrung?

Sofern Verträge „außerhalb von Geschäftsräumen” und im Fernabsatz (wie etwa der Verkauf über das Internet) geschlossen werden, steht dem Verbraucher ein vierzehntägiges Widerrufsrecht zu. Über das Widerrufsrecht hat der Unternehmer vor und nach Abgabe der Bestellung zu belehren.
Für die Widerrufsbelehrung gibt es einen gesetzlichen Mustertext, den der Unternehmer verwenden kann. Bei der Belehrung sollten Sie stets auf das gesetzliche Muster zurückgreifen, um nicht von Wettbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden abgemahnt zu werden. Allerdings muss es dafür unverändert übernommen werden.
Hinweis: Das gesetzlich Muster kann nicht verwendet werden, wenn der Vertrag eine Finanzdienstleistung beinhaltet.

Anpassungen

Dort, wo das Muster Gestaltungshinweise vorgibt (diese finden sich unter dem Mustertext), sind Anpassungen zu machen. Je nachdem, ob es sich um eine Teillieferung, oder auch eine Dienstleistung handelt, beginnt die Widerrufsfrist zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt zu laufen.

Vorbehalte

Ganz ohne Vorbehalte kann das gesetzliche Muster nicht verwendet werden. Hintergrund ist, dass der Fristbeginn und somit die Widerrufsbelehrung für jede Bestell- oder Liefersituation angepasst werden muss, obwohl bei Einstellen der Widerrufsbelehrung noch nicht bekannt ist, wie viele Waren der Kunde bestellt beziehungsweise in wie vielen Teilstücken die Bestellung erfolgt. Vergleichen Sie hierzu bitte die Gestaltungshinweise (1) des Musters Nummer a) bis e).
Das Problem am gesetzlichen Muster ist, dass man die verschiedenen Varianten für den Fristbeginn nicht kombinieren, sondern nur einen der Textbausteine des Musters einsetzen darf. Der Händler müsste also für jede mögliche Liefersituation verschiedene Belehrungen vorhalten. Sie müssten also überprüfen, ob Ihr Shop Besonderheiten wie Teillieferungen aufweisen soll und die entsprechende Variante aus a) bis e) auswählen. Gegebenenfalls könnten Sie die Widerrufsbelehrung entsprechend anpassen, indem sie Gestaltungshinweis c), „die letzte Ware", auswählen. Hier könnte man auslegen, dass dieser Text auch über die Gestaltungshinweise b) und d) belehrt. Dies ist allerdings keine gefestigte Rechtsprechung, sodass ein Restrisiko einer falschen Belehrung verbleibt.

Wann und wo muss über den Widerruf belehrt werden?

Die Widerrufsfrist beginnt nicht zu laufen, bevor der Verbraucher nicht darüber informiert worden ist.
Über das Widerrufsrecht muss vor Abgabe der Bestellung informiert werden, zum Beispiel auf der Bestellseite oberhalb des Bestellbuttons mit einem deutlich bezeichneten Link „Widerrufsrecht" oder „Widerruf“. Ein Link nur in der Fußzeile der Webseite, oder auf die AGB in denen die Widerrufsbelehrung enthalten ist, genügt nicht. Der Link sollte sich auch nicht zwischen den Pflichtinformationen und dem Bestellbutton befinden, da hier zusätzliche Gestaltungselemente nicht zulässig sind. Der Verbraucher muss quasi vor Abgabe der Bestellung über den Hinweis und den entsprechenden Link stolpern.
Nach Abgabe der Bestellung muss die Widerrufsbelehrung möglichst direkt, spätestens bei Lieferung der Ware, auf einem dauerhaften Datenträger (zum Beispiel als Das portable Dokumentenformat (PDF) oder E-Mail) zur Verfügung gestellt werden. Der Text kann in der E-Mail mit der die Bestellung bestätigt wird, auf der Rechnungsrückseite oder in den Lieferpapieren untergebracht werden. Bei einer Bestätigungs-E-Mail reicht eine Verlinkung auf eine Belehrung im Webshop nicht aus. Der Text der Widerrufsbelehrung sollte direkt in der E-Mail vollständig wiedergegeben werden. Außerdem ist darauf zu achten, dass der Text für die Widerrufsbelehrung in der Bestätigungs-E-Mail, auf den Lieferpapieren oder der Rechnung, mit dem Text auf der Webshop-Seite identisch ist.

Was passiert, wenn nicht oder nicht richtig über den Widerruf belehrt wird?

Das Widerrufsrecht erlischt bei unterlassener oder falscher Widerrufsbelehrung spätestens nach zwölf Monaten und vierzehn Tagen.

Wie ist der Widerruf zu erklären?

Der Verbraucher hat den Widerruf zu erklären. Eine Begründung darf der Händler nicht verlangen. Der Händler hat zur Ausübung des Widerrufsrechts das gesetzliche Muster-Widerrufsformular bereitzustellen. Dieses Formular darf nicht mit der Widerrufsbelehrung selbst verwechselt werden und ist immer im Online-Shop aufzunehmen, zum Beispiel direkt unter der Widerrufsbelehrung.
Zudem kann dem Verbraucher das Angebot gemacht werden, das Formular bereits über die Webseite auszufüllen und dann online abzusenden. Dann muss dem Verbraucher unmittelbar eine Bestätigung des Widerrufs auf einem dauerhaften Datenträger (zum Beispiel per E-Mail) zugesendet werden. Der Verbraucher kann aber auch ohne das Formular zu nutzen widerrufen, also häufig per Post, E-Mail, Fax oder telefonisch. Das Formular muss aber trotzdem im Webshop bereitgestellt werden, auch wenn der Verbraucher es nicht benutzen muss.

Änderungen seit Mai 2022

Seit 28. Mai 2022 ist die Telefonnummer Pflichtangabe in der Widerrufsbelehrung. Im Muster-Widerrufsformular ist keine Telefonnummer anzugeben. Die Fax-Nummer muss nicht mehr angegeben werden, weder in der der Widerrufsbelehrung noch im Muster-Widerrufsformular. Eine Abgabe der Widerrufserklärung durch Fax ist nicht mehr möglich.
In Gestaltungshinweis 5 der Widerrufsbelehrung verändert sich leicht der Wortlaut. Auch hier muss eine frühere Muster-Widerrufsbelehrung im Webshop an den neuen Wortlaut angepasst werden : “Wenn die Waren bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal mit der Post zurückgesandt werden können und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind: „Wir holen die Waren auf unsere Kosten ab.“

Gibt es Ausnahmen vom Widerrufsrecht?

Für manche Waren und Dienstleistungen ist von vorneherein das Widerrufsrecht gesetzlich ausgeschlossen. Diese Ausnahmen sind gesetzlich in §312g Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch abschließend geregelt. Über die Ausnahmen nach denen kein Widerrufsrecht besteht, ist in der Widerrufsbelehrung selbst, nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und auch nicht in einem separaten Link/Dokument, aufzuklären. Unternehmer können das Widerrufsrecht nicht in AGB oder per individuellem Vertrag ausschließen.

B2B-Geschäft

Gewerbliche Kunden haben grundsätzlich kein Widerrufsrecht. Können aber in einem Webshop neben Verbrauchern auch gewerbliche Kunden bestellen, dann kann gewerblichen Kunden dennoch ausnahmsweise ein Widerrufsrecht zustehen, wenn nicht erkennbar differenziert wird. Daher sollte durch einen klarstellenden Zusatz über der Widerrufsbelehrung und (sofern vorhanden) in AGB ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass das Widerrufsrecht nur für Verbraucher besteht.

Digitale Inhalte

Eine besondere Ausnahme gibt es beim Widerruf digitaler Inhalte, wie Downloads von Software, Apps, Videos, E-Books. Hier erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig, wenn mit der Ausführung des Vertrags begonnen wird, nachdem der Verbraucher
  1. ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Verkäufer mit der Ausführung des Vertrags (praktisch also mit der Datenübermittlung beim Download) vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt,
  2. seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht mit seiner Zustimmung zur Ausführung des Vertrags verliert, und
  3. die Bestätigung des Erlöschens des Widerrufsrechts auf dauerhaftem Datenträger gemäß § 312f Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Verfügung gestellt hat. Diese Regelung gilt seit dem 28. Mai 2022. Eventuelle Texte des Händlers über das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts sind also entsprechend anzupassen.
Praxistipp: Verwenden Sie eine nicht-vorangekreuzte Checkbox, mit der der Verbraucher ausdrücklich zustimmt, dass der Download oder das Streaming starten soll und er weiß, dass er damit sein Widerrufsrecht verliert. Nur dann wird der Download oder das Streaming ausgelöst.
Nachteilig für den Händler: wird das Widerrufsrecht nicht vorzeitig zum Erlöschen gebracht, kann der Verbraucher den digitalen Inhalt innerhalb der Widerrufsfrist zurückgeben. Er muss dafür keinen Wertersatz leisten.


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Quelle: IHK Region Stuttgart