Bürokratieentlastungsgesetz IV
Der Bundestag hat am Donnerstag, den 26. September 2024, den Entwurf der Bundesregierung für ein Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV, 20/11306) angenommen. Zuvor hatte der Rechtsausschuss die Vorlage noch um einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen erheblich ergänzt (20/13015). Für den Entwurf in geänderter Fassung stimmten die Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, dagegen stimmte die Gruppe Die Linke, die AfD-Fraktion enthielt sich.
Die IHKs haben sich lange für entlastende Maßnahmen eingesetzt, die Wirtschaft hat ihre Vorschläge gemacht und nun ist mit dem BEG IV zumindest ein Schritt in die richtige Richtung getan. So wurde zum Beispiel die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen von 10 auf 5 Jahre gefordert, und nun mit einer Verkürzung auf 8 Jahre umgesetzt.
Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Wirtschaft jährlich um rund 944 Millionen Euro entlasten. Die wichtigsten Inhalte und Regelungen sind:
- Die Aufbewahrungsfristen für steuerliche Buchungsbelege werden von zehn auf acht Jahre verkürzt.
- Den Hotelmeldeschein schafft der Bundestag zumindest für deutsche Staatsbürger ab.
- Die öffentliche Versteigerung z. B. eines Pfandes kann durch rein elektronische Kommunikation oder hybrid erfolgen.
- Das Nachweisgesetz hat der Bundestag so angepasst, dass die wesentlichen Vertragsbedingungen wie Gehalt, Urlaub oder Kündigungsfrist jetzt auch in Textform nachgewiesen werden können. Das gilt auch für Arbeitsverträge, die mit Erreichen des Rentenalters des Mitarbeitenden enden und daher als befristet gelten (Altersgrenzenregelung) und im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung.
- Arbeitgeber können Arbeitszeugnisse künftig auch elektronisch ausstellen.
- In über 25 Gesetzen werden Schriftformerfordernisse abgebaut. Hierdurch soll die weitere Digitalisierung vorangetrieben und dadurch für eine Entlastung gesorgt werden. Denn während die Schriftform die eigenhändige Unterschrift auf Papier fordert, reicht für die Textform die Übermittlung per E-Mail oder Telefax aus.
- Aushangpflichten im Arbeitszeitgesetz und dem Jugendarbeitsschutzgesetz können künftig auch digital erfüllt werden.
- Es können Verwaltungsvorschriften geschaffen werden, die die artenschutzrechtliche Prüfung zu bestimmten Bauvorhaben an Eisenbahnbetriebsanlagen, wie Erneuerungs- oder Elektrifizierungsmaßnahmen, bundesweit vereinheitlichen. Die angestrebten Standardisierungen zielen auf die im Schienenbereich besonders relevanten geschützten Arten ab.
- Der Bundestag ermöglicht eine kürzere Äußerungsfrist bei erneuter Öffentlichkeitsbeteiligung in Zulassungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung.
- Es soll eine zentrale Vollmachtsdatenbank für Steuerberatende für Vollmachten im Bereich der sozialen Sicherung eingerichtet werden (Generalvollmacht).
- Künftig werden Steuerbescheide auch digital bereitgestellt, wenn sie digital eingereicht werden.
Laut BWIHK-Vizepräsident Paal ist dies nicht genug: „Das ist ein Anfang, aber noch kein Durchbruch“, sagt Paal, der auch Präsident der IHK Region Stuttgart ist. Die Politik müsse massiv Berichtspflichten abbauen, Statistikpflichten noch konsequenter auf digitale und automatisierte Meldung ausrichten sowie die Pflicht zur Schriftform zugunsten der elektronischen Form deutlich einschränken. Die IHK Region Stuttgart habe mit ihrem eigens dafür entwickelten KI-Tool bereits das Landesrecht Baden-Württemberg auf Berichtspflichten durchsucht. Bei 548 gezählten Berichtspflichten, 713 Dokumentationspflichten und 395 Schriftformerfordernissen gibt es für Paal keinen Zweifel: „Wir dürfen nicht lockerlassen, sondern müssen ganz massiv Bürokratie abbauen, damit die Betriebe wieder Luft für ihr eigentliches Kerngeschäft erhalten.“ Die IHK habe dazu umfassende Vorschläge vorgelegt.
Sechs von zehn Unternehmen schätzen nach einer aktuellen IHK-Umfrage, dass sie ihre Wertschöpfung um mindestens zehn Prozent steigern könnten, wenn sie von unnötiger Bürokratie entlastet würden. „Die ständig wachsenden Dokumentationspflichten sind zu einem innovations- und wachstumshemmenden Standortfaktor geworden. Die Betriebe brauchen eine schnelle, umfassende und spürbare Entlastung und eine deutliche Beschleunigung von Verwaltungsverfahren“, fordert Paal und ergänzt: „Hier ist jede politische Ebene gefragt. Egal aus welcher Richtung neue Gesetzesvorhaben kommen, sie müssen künftig auf ihre Bürokratiebelastung untersucht werden, bevor sie in die politische Umlaufbahn geraten.“
Laut Bundesregierung liegen die jährlich von der Wirtschaft aufgebrachten Kosten für bürokratische Pflichten bei rund 67 Milliarden Euro. In den vergangenen beiden Jahren sind die Kosten demnach nochmals um jeweils eine Milliarde Euro gestiegen. „Das ist die falsche Richtung und eine Entlastung von rund drei Milliarden Euro durch die Bürokratieentlastungsgesetze eins bis vier ist eindeutig zu wenig“, sagt der BWIHK-Vize. „Wenn wir nicht radikal umdenken, rennen wir der Bürokratie auch in Zukunft hinterher. Wir müssen sie aber stoppen.“
Quelle: IHK Stuttgart, Stand Oktober 2024