Informationen zur Krankheit des Arbeitnehmers

Vorbemerkung

In dieser Information sind insbesondere die relevant werdenden arbeitsrechtlichen Besonderheiten bezüglich Entgeltfortzahlung und Kündigung im Krankheitsfall des Arbeitnehmers zusammengestellt. Dementsprechend werden die letztgenannten Themen im Hinblick auf Rechte und Pflichten des Arbeitgebers, die ihn im Fall der Krankheit seines Arbeitnehmers treffen, dargestellt. Ferner können hier nur die gesetzlichen Bestimmungen - als Mindeststandards - erläutert werden. Vielfach gehen jedoch betriebliche, arbeits- und tarifvertragliche Regelungen vor! Auskünfte zum Inhalt von Tarifverträgen erteilt der jeweilige Arbeitgeberverband für Mitglieder. Recherchen zu tarifvertraglichen Regelungen sind zum Teil auch im Internet möglich.

Entgeltfortzahlung

Während der krankheitsbedingten Abwesenheit vom Arbeitsplatz und während einer Kur erhält der Arbeitnehmer gesetzlich 100 % des ihm zustehenden Lohns bis zu einer Dauer von 6 Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis zuvor mindestens schon 4 Wochen Bestand hatte. Der Anspruch endet grundsätzlich auch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU)

Dauert die Krankheit länger als drei Tage, muss diese ärztlich bescheinigt werden, § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz. Seit 1. Januar 2023 muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch ausgestellt werden (eAU).
Bereits seit dem 1. Oktober 2021 sind Arztpraxen grundsätzlich verpflichtet, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zu nutzen und dabei Daten an die zuständige Krankenkasse zu übermitteln, wenn die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Solange in einer Praxis die technischen Voraussetzungen für die eAU nicht verfügbar sind, muss die Praxis das Ersatzverfahren anwenden: Der Versicherte erhält eine mittels Stylesheet erzeugte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf Papier in dreifacher Ausfertigung (zum Verbleib bei dem Versicherten, zur Einreichung bei der Krankenkasse und zur Vorlage beim Arbeitgeber).
Am 1. Januar 2022 startete eine Pilotphase. Seitdem sind die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, Arbeitsunfähigkeitsdaten zum Abruf bereit zu stellen. Arbeitgeber, die technisch dazu in der Lage waren, konnten die Arbeitsunfähigkeitsdaten bereits elektronisch von der Krankenkasse abrufen.
Seit dem 1. Januar 2023 ist das neue elektronische Verfahren für alle Beteiligten verpflichtend. Die Krankschreibung erfolgt nur noch digital und die gesetzlichen Krankenkassen müssen den Arbeitgebern die Arbeitsunfähigkeitsdaten zum Abruf bereitstellen.

Was hat sich geändert?

Bei einer Arbeitsunfähigkeit gilt für die verschiedenen Beteiligten (Arbeitnehmer, Arzt, Krankenkasse, Arbeitgeber) seit dem 1. Januar 2023 Folgendes:
Schritt 1: Der Arbeitnehmer ist nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) alte Fassung/neue Fassung nach wie vor verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich zu melden. An der Mitteilungspflicht ändert sich nichts.
Anstelle der Nachweispflicht tritt jedoch eine Feststellungspflicht: Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer müssen ihre Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt feststellen lassen (§ 5 Absatz 1a Satz 2 EFZG neue Fassung), jedoch nicht mehr (wie bisher) die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform beim Arbeitgeber vorlegen. Aus einer Bringschuld der Arbeitnehmer wird also eine Holschuld der Arbeitgeber.
An den relevanten Zeitpunkten ändert sich nichts: Die Verpflichtung des Arbeitnehmers, die Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen, besteht, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert (also ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit). Der Arbeitgeber kann aber verlangen, dass der Arbeitnehmer das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer früher als im Gesetz vorgesehen ärztlich feststellen lässt (§ 5 Absatz 1a Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 3 EFZG neue Fassung).
Für den gesetzlich versicherten Arbeitnehmer besteht außerdem die Obliegenheit, sich eine lediglich für ihn bestimmte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform aushändigen zu lassen (Ausfertigung für den Versicherten, die auch die Diagnose enthält).
Schritt 2: Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen haben die Arbeitsunfähigkeitsdaten unmittelbar elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln.
Schritt 3: Die Krankenkasse ist verpflichtet, nach Eingang der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsdaten eine Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber zu erstellen, die insbesondere folgende Daten enthält:
  • den Namen des Beschäftigten,
  • den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit,
  • das Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
  • die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung und
  • die Angabe, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall oder auf Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfalls beruht.
Schritt 4: Der Arbeitgeber erhält vom Arbeitnehmer keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform mehr, sondern muss die Arbeitsunfähigkeitsdaten bei der Krankenkasse elektronisch abrufen.
Hierzu ist er nur berechtigt, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit gesetzlich krankenversichert und beim Arbeitgeber beschäftigt ist. Zudem darf ein Abruf immer nur dann erfolgen, wenn der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer zuvor mitgeteilt hat, das heißt, ein Abruf auf Verdacht soll nicht möglich sein. Die Mitteilungspflicht des Arbeitnehmers hat also eine zentrale Bedeutung. Sofern der Arbeitgeber keine vorzeitige Feststellung nach § 5 Absatz 1a Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 3 EFZG neue Fassung verlangt, kann er regelmäßig erst am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit von einer ärztlichen Untersuchung ausgehen, sodass ein Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten erst ab dem fünften Tag der Arbeitsunfähigkeit realistisch ist. Es empfiehlt sich, die Anfrage verzögert zu stellen, weil derselbe Arbeitsunfähigkeitszeitraum nur einmal innerhalb von 14 Tagen abgefragt werden kann.

Wer ist von der Änderung nicht umfasst?

Das elektronische Verfahren gilt grundsätzlich für alle gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer und wenn die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt oder einer entsprechenden Einrichtung erfolgt.
Die Änderungen gelten nicht:
  • für privat krankenversicherte Arbeitnehmer,
  • für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer, deren Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt festgestellt wurde, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt (also bei Krankschreibung von einem Privatarzt),
  • bei Krankschreibung von einem Arzt im Ausland (insbesondere relevant bei Grenzgängern und im Urlaub),
  • für geringfügig Beschäftigte (Minijobber) in Privathaushalten,
  • bei Krankschreibung in Rehabilitationseinrichtungen,
  • bei Krankschreibung wegen Mutter-Kind-Kur,
  • bei „Krankschreibung“ wegen Erkrankung des Kindes (für den Bezug von Kinderkrankengeld).
In diesen Fällen bleibt es bei dem bisherigen Prozedere, also bei Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform nachzulegen (Nachweispflicht).
Das elektronische Verfahren gilt zudem nicht, wenn keine abruffähige Fehlzeit vorliegt, etwa beim Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft.

Was müssen Arbeitgeber tun?

Auf Arbeitgeberseite besteht folgender Handlungsbedarf:
Technische Voraussetzungen: Der Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten gesetzlich krankenversicherter Arbeitnehmer kann nur durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung erfolgen. Arbeitgeber benötigen hierzu:
  • ein systemgeprüftes Entgeltabrechnungsprogramm,
  • eine elektronisch gestützte systemgeprüfte Ausfüllhilfe oder
  • ein systemüberprüftes Zeiterfassungssystem.
  • Arbeitgeber können auch einen Dritten (zum Beispiel den externen Lohnabrechner) mit dem Abruf der Meldung bei der Krankenkasse beauftragen. Auch hier bedarf es einer gesicherten und verschlüsselten Datenübertragung.
Information der Arbeitnehmer: Der Arbeitgeber sollte die Arbeitnehmer auf betriebsübliche Art (Intranet, Schwarzes Brett etc.) über die neuen Regelungen informieren. Hierbei sollten die Arbeitnehmer auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie Papierbescheinigungen, die sie im Störfall ausgehändigt bekommen, zeitnah an die Krankenkasse übermitteln sollen. Es sollte zudem der Hinweis erfolgen, dass sie dem Arbeitgeber (formlos) mitzuteilen haben, wenn im Laufe des Arbeitsverhältnisses ein Wechsel der Krankenkasse stattfindet (insbesondere bei Wechsel von privat zu gesetzlich versichert und umgekehrt).
Ein Musteranschreiben für Beschäftigte stellt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. (BDA) zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass Mustertexte nur eine Orientierungshilfe für eine mögliche Formulierung darstellen und diese unbedingt auf den konkreten Einzelfall anzupassen sind.
Anpassung der Standardarbeitsverträge für Neueintritte ab 1. Januar 2023: Die Standardverträge für Neueintritte sollten angepasst werden. Hierbei ist bei der Formulierung zu berücksichtigen, dass das EFZG nun zwischen privat und gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern unterscheidet und dass sich der Versichertenstatus während des Arbeitsverhältnisses ändern kann. Auch die vorgesehenen Ausnahmen, insbesondere für Fälle der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Nichtvertragsarzt müssen berücksichtigt werden. Die Verträge sollten zudem eine Klausel enthalten, dass die Mitteilungs- und Feststellungspflicht auch für den Fall gilt, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als in der elektronischen Bescheinigung angegeben dauert.
Hinweis: Arbeitgeber können mit gesetzlich versicherten Arbeitnehmern nicht wirksam vereinbaren, dass auch nach der obligatorischen Einführung der eAU weiterhin Bescheinigungen in Papierform vorgelegt werden müssen (§ 12 EFZG). Eine solche Regelung kann auch nicht in einer Betriebsvereinbarung oder in einen Tarifvertrag aufgenommen werden.

Änderung der bestehenden Arbeitsverträge?

Bei bestehenden Arbeitsverträgen mit gesetzlich versicherten Arbeitnehmern und einer Regelung im Arbeitsvertrag, wonach die Nachweispflicht erst ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit gilt, besteht nicht zwingend Handlungsbedarf. Denn an die Stelle der bisherigen Klausel im Arbeitsvertrag, die seit dem 1. Januar 2023 wegen Abweichung von den Neuregelungen des EFZG gemäß § 12 EFZG unwirksam sein dürfte, treten automatisch die neuen gesetzlichen Regelungen.
Ist in den Arbeitsverträgen hingegen geregelt, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, eine ärztliche Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit generell früher vorzulegen (also vor dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit) und will der Arbeitgeber diese Regelung in zeitlicher Hinsicht auf die künftige Feststellungspflicht erstrecken, sollte eine entsprechende Änderung des Arbeitsvertrages erfolgen. Existiert im Unternehmen ein Betriebsrat, hat dieser bei einer solchen allgemeinen früheren Feststellungspflicht ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Absatz 1 Nummer 1 Betriebsverfassungsgesetz.

Wie ist mit Störfällen umzugehen?

Gerade in der Anfangszeit kam und kommt es immer wieder zu Störfällen. Die Störung kann etwa bei der Übermittlung vom Arzt zur Krankenkasse oder von der Krankenkasse zum Arbeitgeber auftreten.
Wenn bereits beim Arztbesuch klar ist, dass eine Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten an die Krankenkasse nicht möglich ist (weil beispielsweise die Technik ausfällt), erhält der versicherte Arbeitnehmer eine mittels Stylesheet unterschriebene Papierbescheinigung in dreifacher Ausfertigung (für den Versicherten selbst, zur Vorlage bei der Krankenkasse sowie zur Vorlage beim Arbeitgeber).
Stellt der Arzt nach dem Arztbesuch fest, dass die elektronische Datenübermittlung an die Krankenkasse nicht funktioniert und ist die Übermittlung bis zum Ende des nachfolgenden Werktags nicht möglich, muss der Arzt eine Ersatzbescheinigung auf dem Postweg an die Krankenkasse senden.
Liegen (egal aus welchen Gründen) zum Zeitpunkt des Abrufs durch den Arbeitgeber keine Daten bei der Krankenkasse vor, erfolgt zunächst eine ablehnende Mitteilung durch die Krankenkasse. In diesem Fall ist die Krankenkasse verpflichtet, innerhalb von 14 Tage zu prüfen, ob Arbeitsunfähigkeitsdaten für den angefragten Zeitraum bei der Krankenkasse eingehen. Ist dies der Fall, wird dem Arbeitgeber der entsprechende Datensatz proaktiv durch die Krankenkasse ohne erneute Anfrage des Arbeitgebers zur Verfügung gestellt.
Mit der neuen Rechtslage gehen zudem mehrere ungeklärte Folgefragen einher.
Derzeit ungeklärt ist, ob der Arbeitgeber dem gesetzlich versicherten Arbeitnehmer die Entgeltzahlung verweigern kann, wenn der Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten nicht möglich ist oder es zu einer verzögerten Übermittlung kommt. Dies wird man wohl verneinen müssen, weil der Arbeitgeber nach dem unveränderten Wortlaut des § 7 Absatz 1 Nummer 1 EFZG die Entgeltfortzahlung nur verweigern kann, wenn der Arbeitnehmer die von ihm nach § 5 Absatz 1 EFZG vorzulegende ärztliche Bescheinigung nicht vorlegt. Nach der obligatorischen Einführung der eAU wird den gesetzlich versicherten Arbeitnehmer diese Nachweis- beziehungsweise Vorlagepflicht in der Regel aber nicht mehr treffen.
Problematisch ist auch der Umstand, dass der Arbeitgeber seit dem 1. Januar 2023 nicht mehr erfährt, welcher Arzt mit welcher Fachausrichtung die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt hat. Grundsätzlich gilt, dass Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen einen hohen Beweiswert haben und der Arbeitgeber im Streitfall den Beweiswert durch “ernstliche Zweifel„ erschüttern muss. Zweifel sind insbesondere anzunehmen, wenn die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt wurde, der durch die Häufigkeit ausgestellter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auffällig geworden ist. Bislang konnten Arbeitgeber in diesem Fall bei der Krankenkasse beantragen, dass eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes eingeholt wird. Die eAU enthält aber weder Name noch Sitz des ausstellenden Arztes. Hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer ein Fragerecht hat und ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist dem Arbeitgeber mitzuteilen, welcher Arzt die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat.
Wie mit den bislang ungeklärten Fragen umzugehen ist, bleibt abzuwarten. Rechtssicherheit wird es erst nach (höchst-)richterlichen Entscheidungen geben.

Wo finde ich weitere Informationen für Arbeitgeber?

Der GKV-Spitzenverband stellt die Grundsätze für die Meldung der Arbeitsunfähigkeitszeiten und eine Verfahrensbeschreibung auf seiner Seite Meldung der Arbeitsunfähigkeitszeiten (eAU) zur Verfügung.
In den Fragen und Antworten zum Datenaustausch des GKV-Spitzenverbands finden Sie hilfreiche Informationen.
Ausführliche Informationen finden sich auch in den Fragen und Antworten zur eAU der BDA.

Krankheit

Krankheit ist eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung, die eine Heilbehandlung erforderlich macht und/oder zu einer Arbeitsunfähigkeit führt. Arbeitsunfähig wiederum ist ein Arbeitnehmer, wenn er die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsleistung als Folge der Krankheit nicht mehr zumutbar erbringen kann. Die Krankheit muss die alleinige Ursache sein, das heißt ist der Arbeitnehmer bereits aus anderen Gründen, wie zum Beispiel einem Erziehungsurlaub, an der Tätigkeit gehindert, so besteht kein Fortzahlungsanspruch. Ferner wird zwischen beruflicher und privater Sphäre grundsätzlich kein Unterschied gemacht.

Verschulden

Die Arbeitsunfähigkeit darf nicht selbst verschuldet sein. Verschulden liegt vor, wenn dem betroffenen Arbeitnehmer ein gröblicher Verstoß gegen das von einem vernünftigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten vorgeworfen werden kann. Unachtsamkeit (leichte oder normale Fahrlässigkeit) reicht nicht aus.
Beispiele für Verschulden sind:
  • Trunkenheit im Straßenverkehr
  • drastische Missachtung von Unfallverhütungsvorschriften
  • selbst provozierte Handgemenge
  • besonders gefährliche (Neben-)Tätigkeiten
  • sehr selten: Sport (gefährliche Sportarten).
Sportunfälle sind dann verschuldet, wenn die Sportart besonders gefährlich ist oder der Arbeitnehmer seine Leistungsfähigkeit sehr deutlich überschätzt. Bislang wurde allerdings keine Sportart, die nach allgemein anerkannten Regeln durchgeführt wird, als generell besonders gefährlich eingestuft.

Mehrfacherkrankungen

Mit jeder neuen Erkrankung beginnt ein neuer Bezugszeitraum, es sei denn, sie tritt auf während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit. Dann endet die Bezugsdauer nach 6 Wochen. Fortsetzungserkrankung: Bei mehrfacher Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit endet die Bezugsdauer grundsätzlich nach insgesamt 6 Wochen, außer wenn die letzte Arbeitsunfähigkeit mindestens 6 Monate zurückliegt oder aber seit Beginn der ersten Erkrankung 12 Monate vergangen sind.

Entgelthöhe

Die Höhe des Anspruchs beträgt 100 %, wobei zusätzliche Überstundenvergütungen bei der Bemessung nicht berücksichtigt werden.
Es finden Berücksichtigung:
  • effektiv gezahlte Grundbezüge 
  • regelmäßige Zulagen
  • Kurzarbeit
  • vermögenswirksame Leistungen
  • mutmaßliche Provisionen
  • die allgemeine Lohnentwicklung.
Regelmäßigkeit liegt vor, wenn die Vergütungen in den letzten 3 Monaten mit einer gewissen Stetigkeit angefallen sind.

Zweifel

Bestehen Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit, so kann die gesetzliche Krankenkasse (im Zweifel nach Aufforderung durch den Arbeitgeber) verlangen, dass ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen erstellt wird. Ein solches Vorgehen ist insbesondere dann naheliegend, wenn der Arbeitnehmer eher häufig und kurz erkrankt und sich die Tage um das Wochenende herum häufen. Kann der Arbeitgeber seine Zweifel beweisen, so darf er die Entgeltfortzahlung verweigern, zum Beispiel bei einer Nebentätigkeit, welche die Genesung verzögert. Ebenso, wenn der Arbeitnehmer sich weigert, seinen Sozialversicherungsausweis zu hinterlegen.

Kündigung

Das Beschäftigungsverhältnis kann grundsätzlich auch während der Krankheit gekündigt werden; es gelten die allgemeinen Bestimmungen. Mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses endet regelmäßig auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Der Arbeitnehmer hat die Pflicht, sich gesundheits- und heilungsfördernd zu verhalten. Ein Verstoß dagegen, zum Beispiel mit einer Nebentätigkeit, kann als verhaltensbedingter Kündigungsgrund ausreichen. Auch das Vortäuschen einer tatsächlich nicht vorhandenen Arbeitsunfähigkeit ist ein möglicher Kündigungsgrund. Wer es mehrfach versäumt, seine Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber ohne schuldhaftes Zögern mitzuteilen (Anzeige- und Nachweispflicht), dem kann ebenfalls unter bestimmten Umständen wirksam gekündigt werden.
Eine personenbedingte Kündigung, weil der Arbeitnehmer - zum Beispiel aufgrund Krankheit - an Leistungsfähigkeit verliert, ist nur unter strengen Auflagen zulässig. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müssen vorrangig andere Möglichkeiten geprüft werden, um das Beschäftigungsverhältnis gegebenenfalls fortsetzen zu können.
Ist ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat der Arbeitgeber nach § 167 SGB IX unter Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.
Nach Urteilen des BAG kann eine krankheitsbedingte (personenbedingte) Kündigung beim Unterbleiben eines solchen betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) unverhältnismäßig sein, wenn es durch diese Maßnahme ein milderes Mittel gibt.
Führt der Arbeitgeber kein BEM durch, kann dies Folgen für die Darlegungs- und Beweispflicht des Arbeitgebers im Rahmen der Prüfung der betrieblichen Auswirkungen von erheblichen Fehlzeiten haben. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht pauschal darauf berufen, dass ihm keine alternativen - der Erkrankung angemessenen - Einsatzmöglichkeiten bekannt seien, das heißt der Arbeitgeber muss im Zweifelsfall konkret vortragen, warum eine leidensgerechtere Gestaltung des Arbeitsplatzes nicht möglich und aufgrund dessen eine Kündigung vorzuziehen war.

Arbeitsvertrag

Eine Regelung zum Krankheitsfall ohne Tarifbindung könnte beispielsweise so aussehen:
„Ist der/die Arbeitnehmer/in infolge unverschuldeter Krankheit arbeitsunfähig, so besteht Anspruch auf Fortzahlung der Arbeitsvergütung bis zur Dauer von 6 Wochen Die Arbeitsverhinderung ist dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Ansprüche auf Fortzahlung der Arbeitsvergütung während der Dauer der Pflege eines erkrankten Kindes werden ausgeschlossen.“