Innerbetriebliches Exportkontrollsystem
Die Zahl der Embargos und der Genehmigungspflichten im Export nimmt zu. Daher gewinnt die betriebliche Exportkontrolle an Bedeutung. Letztlich sind alle Unternehmen mit Außenhandel betroffen. Die rechtlichen Vorgaben sind sehr komplex und ändern sich häufig. Das gilt für die betroffenen Länder, für die Empfänger und die Güter und Dienstleistungen. Verantwortlich für die Einhaltung der strafbewehrten Vorgaben sind das Unternehmen beziehungsweise die maßgeblichen Mitarbeiter. Deswegen ist es wichtig, die betriebliche Exportkontrolle zu systematisieren. Auch von Seiten des EU-Gesetzgebers wird verstärkt die Notwendigkeit eines entsprechenden Überwachungssystems (ICP/internal compliance program) diskutiert.
Vier Kernfragen der Exportkontrolle
An wen liefere ich?
Gegen einzelne politische Gruppierungen, Personen oder Organisationen können Wirtschaftssanktionen verhängt sein. Ein "Treffer" auf den entsprechenden (Namens-)Listen führt unmittelbar zu einem Verbot.
Wohin liefere ich?
Gegen einige Länder liegen Embargomaßnahmen vor. Das kann bedeuten, dass ein ansonsten unkritisches Vorhaben durch ein Länderembargo genehmigungspflichtig oder sogar untersagt ist.
Was liefere ich?
Grundlage der Prüfung ist die Güterklassifizierung gemäß den Grundlagen des Exportkontrollrechts.
Für welche Zwecke liefere ich?
Im Zusammenhang mit bestimmten (militärischen) Endverwendungen beziehungsweise der Herstellung/Verbreitung von Kernwaffen gibt es Beschränkungen.
Interaktiver Beratungsablauf zur EU-Exportkontrolle
Der interaktive Beratungsablauf zur EU-Exportkontrolle der IHK Exportakademie hilft Ihnen bei der Prüfung, ob die von Ihnen geplante Ausfuhr exportkontrollrechtlichen Beschränkungen unterliegt, also ob sie genehmigungspflichtig oder gar verboten ist. Anhand der vier Kernfragen der Exportkontrolle prüfen Sie Ihr Vorhaben. Erklärtexte und Verlinkungen zu weitergehenden Informationen helfen Ihnen, die Fragen zu beantworten.
Anforderungen an ein ICP
Aus den vier Kernfragen der Exportkontrolle ergeben sich bestimmte Anforderungen, die ein ICP erfüllen sollte:
Personalauswahlpflicht
- Sicherstellung kompetenter Mitarbeiter
- Benennung eines Ausfuhrverantwortlichen (Leitung) mit folgenden Aufgaben: Festlegung und Leitung des ICP; Einrichtung einer Exportkontrollstelle; Festlegung der Mitarbeiterkompetenzen; Sicherstellung des Informationsflusses
- mindestens eine Person als Exportkontrollbeauftragter mit folgenden Aufgaben: verantwortlich für die Umsetzung des ICP; zentraler Ansprechpartner für Zoll und BAFA; fungiert im Auftrag des Ausfuhrverantwortlichen
- ein Ausfuhrbeauftragter als Bindeglied zu Mitarbeitern in den jeweiligen Fachbereichen
- weitere Prüfstellen (zum Beispiel Mitarbeiter der Konstruktion oder des Vertriebs)
Weiterbildungspflicht
- Regelmäßige Schulung der Mitarbeiter: gibt es gelistete Güter im Unternehmen beziehungsweise wie kann man sie auf dem Lieferschein erkennen?
- Sicherstellung entsprechender Qualifizierungen
Organisationspflicht
- Arbeits- und Verfahrensanweisung, die interne Organisation festlegt und Zuständigkeiten klar regelt
- Einbindung betriebsinterner Bereiche (beispielsweise Konstruktion, Vertrieb, Produktmanagement et cetera)
- Güterlistenkontrolle durch entsprechende Prüfsoftware
- Sanktionslistenprüfung installieren
- Umsetzung der Prozesse immer wieder überprüfen
- Sorgfältige Stammdatenpflege im Warenwirtschaftssystem
Überwachungspflicht
- Gewährleistung, dass Zuständigkeiten und Organisationsabläufe eingehalten werden
- Kontrollstrukturen einrichten (Stichproben, Systemprüfungen et cetera)
- Dokumentation von Prüfschritten und entsprechende Aufbewahrungssystematik von Exportunterlagen
Vorteile eines ICP
Der Vorteil einer systematisierten Exportkontrolle liegt darin, dass
- die bestehenden betrieblichen Abläufe auf Vollständigkeit und Sinnhaftigkeit überprüft werden
- klare, zielorientierte Abläufe und Ansprechpartner sowie Vertreter definiert werden
- durch den standardisierten Ablauf weniger Fehler geschehen und diese eher auffallen und behoben werden können
- die Auswirkungen von Fehlern und mögliche Strafen tendenziell geringer ausfallen.
Ein betriebliches Exportkontrollsystem ist aber nur dann gut, wenn es verständlich ist und in der täglichen Arbeit gelebt werden kann. Daher bietet es sich an, bestehende Dokumentationen oder Qualitätsmanagementsysteme zu nutzen und die Exportkontrolle darin zu integrieren. Eine Arbeits- und Organisationsanweisung mit Aufgaben des Bereichs "Exportkontrolle" sowie detaillierten Anweisungen zur Einhaltung der exportkontrollrechtlichen Vorgaben sollte das Herzstück des ICP bilden. Sie sollte einfach und nachvollziehbar formuliert sein und allen Mitarbeitern zur Verfügung stehen.
Exemplarischer Aufbau eines ICP
Es gibt keine Struktur, die auf jedes Unternehmen anwendbar ist. Je nach Unternehmensform sollte unterschieden werden, ob eine zentrale oder dezentrale Struktur gewählt wird. Wichtig ist, dass das Thema Exportkontrolle so weit oben wie möglich (bestenfalls benennt die Geschäftsführung/der Vorstand den Ausfuhrverantwortlichen) angesiedelt ist. Der oder die Ausfuhrverantwortliche muss ein Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands sein. Operativ tätig werden die Exportkontrollverantwortlichen, die dem Ausfuhrverantwortlichen direkt berichten und über die Kompetenz verfügen müssen, kritische Ausfuhrvorgänge zu stoppen.
Wie die Personalstruktur aussehen könnte, zeigt dieses unverbindliche Beilspiel für ein ICP (nicht barrierefrei, PDF-Datei 190 KB) der IHK Region Stuttgart.
Weitere Informationen zum ICP
Eine gute Orientierungshilfe zum Umgang mit dem Thema bietet das Merkblatt zur Firmeninterne Exportkontrolle (ICP)des BAFA auf 30 Seiten.
Die EU-Kommission hat im Juli 2019 eine anschauliche Empfehlung zu internen Compliance-Programmen veröffentlicht.
Quelle: IHK Region Stuttgart