Immissions- und Naturschutz

Biologische Vielfalt in Unternehmen

Sauberes Wasser, frische Luft sowie eine reichhaltige Pflanzen- & Tierwelt sind keine Selbstverständlichkeit: Weltweit nimmt die biologische Vielfalt ab. Dabei bildet sie für viele Geschäftsfelder die direkte Basis entlang der Wertschöpfungskette für die eigenen Produkte oder die Grundlage für neue Innovationen, sichert wirtschaftliche Entwicklung und Lebensqualität. Unternehmen müssen daher zukünftig ihren Fokus auch auf die Erhaltung biologischer Vielfalt richten und sich dieser neuen Herausforderung stellen.
Die Maßnahmen zur Erhaltung biologischer Vielfalt sind für Unternehmen i.d.R. freiwillig - wenn sie nicht durch Baumaßnahmen die Leistungs- & Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes schädigen. In diesem Fall sind sie zu sogenannten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen verpflichtet. die mit den Zielen zur biologischen Vielfalt jedoch gut gekoppelt werden können. Insbesondere ist dabei zu beachten, dass keine invasiven Arten genutzt werden.

Auswirkungen zum Verlust biologischer Vielfalt

40% aller Roh- und Hilfsstoffe hängen von der biologischen Vielfalt ab. Zudem ist die Wirtschaft von funktionierenden Ökosystemleistungen abhängig. Dazu gehören Versorgungsleistungen wie die Bereitstellung von Gütern wie Holz, Nahrungsmittel, Wasser, Fasern oder biomassebasierten Energierohstoffen. Darüber hinaus können Ökosystemleistungen das Klima und den Niederschlag regulieren, vor Überschwemmungen und Bodenerosion schützen oder Schadstoffe binden oder abbauen. Naturlandschaften prägen nicht zuletzt einen Standort und haben einen Freizeit- und Erholungswert. Für Unternehmen kann dies ein wichtiger Standortfaktor sein.

Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen

Wenn Unternehmen ihren Betriebssitz erweitern wollen oder ein Vorhaben umsetzen, welches die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes bzw. das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt, kann dies mit Naturschutzauflagen verbunden sein. Für Unternehmen können daraus sogenannte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die Festlegung eines Biotopflächenfaktors oder aber ökologische Begleituntersuchungen resultieren.
Berlin ist verpflichtet, den Naturhaushalt, den Biotop- und Artenschutz, das Landschaftsbild sowie die Erholungsnutzung nachhaltig zu schützen. Der Erhalt von Flora und Fauna wird i.d.R. durch Ausweisung von Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten, Landschaftsplänen sowie durch Aufstellung von Landschafts- und Artenschutzprogrammen gewährleistet. Zudem hat Berlin eine "Artenliste der gefährdeten Pflanzen, Tiere und Pilze" veröffentlicht sowie Natura 2000 Schutzgebiete festgelegt.
Die Inhalte der Landschaftsplanung sind in der Bauleitplanung oder aber auch im unbeplanten Innenbereich zu berücksichtigen. Daher werden im Planungs- und Genehmigungsbereich baulicher Vorhaben naturschutzrechtliche Eingriffe auch von Unternehmen, wenn sie als Bauherr tätig und die Eingriffe in die Natur zulässig sind, durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geregelt. Berlin hat eine Anleitung zu den Umweltprüfungen in den unterschiedlichen Planverfahren entwickelt. Grundsätzlich sind erhebliche Beinträchtigungen von Natur und Landschaft vorrangig zu vermeiden. Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen müssen nach den Regelungen §§ 13-18 Bundesnaturschutzgesetzes und § 1a Abs. 3 und § 200a Baugesetzbuch kompensiert werden. Ergänzt werden diese Vorschriften durch die Zuständigkeitsregelungen des Naturschutzgesetzes Berlin.
Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen können auf dem Grundstück selbst bzw. in unmittelbarer Nähe des Eingriffs, auf dem Grundstück eines Dritten oder durch entsprechende Geldzahlungen erfolgen. Die Berliner Senatsverwaltung hat dazu einen Leitfaden veröffentlicht, der ein einheitliches Verfahren zur Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen empfiehlt. Zudem hält sie mit ihrer Gesamtstädtischen Ausgleichskonzeption in Berlin geeignete Flächen für solche Maßnahmen vor. Um den besonderen Anforderungen des Arten- und Biotopschutzes nachzukommen, hat die Senatsverwaltung zudem speziell Ersatzflächen für Arten und Biotope festgelegt. Ziel ist es, Planverfahren nicht aufgrund fehlender Kompensationsflächen in die Länge ziehen zu müssen. Unabhängig davon können Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gut mit den Zielen zur Erhaltung biologischer Vielfalt - bei geringeren Investitionen - gekoppelt werden.
Zukünftig soll es mit einer Bundeskompensationsverordnung (Entwurf) dafür eine einheitliche Regelung mit einem einheitlichen Vollzug geben.

Biotopflächenfaktor

Daneben kann die Festlegung eines sogenannten Biotopflächenfaktors (BFF) – im Landschaftsplan bzw. direkt auf ein grundstücksbezogenes Bauvorhaben – die Entwicklung von Berliner Gewerbeflächen beeinflussen. Denn der BFF benennt einen verpflichtenden Flächenanteil eines Grundstückes, der als Pflanzenstandort dient bzw. sonstige Funktionen für den Naturhaushalt übernimmt.

Ökologische Baubegleitung

Die Anforderungen an die ökologischen Belange in der Planung und Umsetzung von Maßnahmen nehmen zu. Daher kann im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren eine ökologische Baubegleitung (ÖBB) durch die Behörden gefordert werden. Mit der ÖBB sollen sowohl die Umweltverträglichkeit von Bauvorhaben, die Berücksichtigung der Belange des Natur-, Gewässer- und Bodenschutzes als auch die Umsetzung geeigneter Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bzw. der leitbildtypischen Entwicklungsziele erreicht werden. Damit umfasst die ÖBB alle Maßnahmen, die zu einer möglichst umweltverträglichen Umsetzung der Gewässerplanung und zu einer optimalen Gewässerentwicklung führen. Im Merkblatt DWA-M 619 werden umfassend die Leistungen beschrieben, welche unter dem Begriff der Ökologischen Baubegleitung zu verstehen sind. Darüber hinaus hat Berlin im Berliner Straßengesetz (Anhang III) geregelt, in welchen Fällen eine ökologische Baubegleitung verlangt werden kann.

Handlungsoptionen für Unternehmen und best practices

In den letzten Jahren sind einige Informationsmaterialien und Initiativen entstanden, die sich speziell an die Wirtschaft richten:
Einstiegswissen Unternehmen und biologische Vielfalt - Handlungsfelder und praktische Tipps: Für einen ersten Zugang zu diesem Thema wurden diese kurzen branchenübergreifenden Informationsblätter erarbeitet und sollen stetig fortgeschrieben werden.
Das Handbuch Biodiversitätsmanagement - Ein Leitfaden für die betriebliche Praxis vermittelt Unternehmen praxisnah und anhand vieler Beispiele die Bedeutung der biologischen Vielfalt der Wirtschaft und zeigt Handlungsempfehlungen auf.
Biodiversität im unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagment: Chancen und Ansätze für Einkauf, Marketing und Liegenschaftsmanagement.
Die Senatsverwaltung informiert außerdem in mehreren Publikationen rund um das Thema Biologische Vielfalt.

Kooperationsmöglichkeiten für Unternehmen

Nicht alle Unternehmen haben die Möglichkeit; im eigenen Unternehmen konkrete Maßnahmen umzusetzen. Sie können sich daher an Naturschutzverbände wenden oder spezielle Initiativen unterstützen.
Marktplatz Natur: Ist eine internetbasierte Börse für Natur- und Klimaschutzprojekte in den nationalen Naturlandschaften. Gesetzt wird auf eine hohe Qualität der Umsetzung und eine transparente Darstellung.
Berliner Stadtbaumkampagne: Berlin gehört weltweit zu den grünsten Metropolen, hat im Laufe der Zeit jedoch einige Narben bekommen. Rund 10.000 Bäume hat die Stadt in den letzten Jahren verloren. Über die Initiative werden Spender gesucht, die sich mit 50% an den Kosten für die Pflanzung eines Baumes beteiligen. 500 € sollen so pro Baum gespendet werden.
Patenschaften für Bäume & Baumscheiben: Die Berliner Umweltämter sind für die Grünpflege in ihren Bezirken verantwortlich. Sie bieten für Bürger und Unternehmen Patenschaften an.
Berlin summt: Ziel ist es, bienenfreundliche Lebensräume auch in der Stadt (und im eigenen Unternehmen) zu schaffen. Ausgangspunkt der Initiative ist das (Honig-)“Bienensterben“ und die Gefährdung der über 550 heimischen Wildbienenarten.
Bienenpatenschaften: Nicht alle Unternehmen haben die Möglichkeit, Lebensräume für Bienen zur Verfügung zu stellen: Eine Bienenpatenschaft könnte eine gute Alternative sein.
Im Berliner Forschungsbereich sind beispielsweise die Freie Universität, die Technische Universität, die ein eigenes Fachgebiet Ökosystemkunde / Pflanzenökologie hat, oder das Naturkundemuseum aktiv.

Beratungs- und Förderangebote für Unternehmen

Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung (BENE): Unternehmen, die ihren Firmensitz in sogenannten "sozial benachteiligen Quartieren" haben, können sich bspw. Entsieglungsmaßnahmen oder Dach- und Fassadenbegrünungen fördern lassen.
Bundesprogramm Biologische Vielfalt: Dieses Förderprogramm spielt für Unternehmen eher eine untergeordnete Rolle. Grundsätzlich besteht aber die Möglichkeit, modellhafte Vorhaben von Unternehmen mit einer gesamtstaatlichen repräsentativen Bedeutung zur Förderung Biologischer Vielfalt zu fördern.

Netzwerke und Aktionsplattform

Die IHK Berlin hat einen Arbeitskreis Naturschutz gebildet. Vorrangig soll es darin um die Umsetzung der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt gehen. Gemeinsam sollen Maßnahmen für die Wirtschaft entwickelt werden. Unternehmen können die IHK Berlin dazu kontaktieren (siehe Ansprechpartner).
Internationales Unternehmensnetzwerk - Biodiversity in good company: In dieser internationalen Initiative verpflichten sich Unternehmen dazu, Aspekte der biologischen Vielfalt in ihren Managemententscheidungen und -abläufen zu berücksichtigen. Die Erfahrungen dieser Unternehmen sind in ein Handbuch eingeflossen, dass auch andere Unternehmen inspirieren soll, sich für die Biodiversität einzusetzen.