Corona Aktuell

Selbstständige befinden sich in Existenznot

In der aktuellen IHK-Umfrage zur Finanzlage in der Selbstständigkeit sagen 81 Prozent der Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen (weniger als zehn Beschäftigte), dass sie existenzielle Sorgen hinsichtlich der Deckung ihrer Lebenshaltungskosten haben. Viele geschäftsführende Unternehmerinnen und Unternehmer, die in ihren Betrieben nicht versicherungspflichtig angestellt sind, sind in der aktuellen Krise aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Lohnkompensation gezwungen, die letzten privaten Reserven für die laufenden Lebenskosten aufzubrauchen. Ohne Anspruch auf Kurzarbeitergeld oder dem Zugang zur Arbeitslosenversicherung bleibt vielen von ihnen nur die Grundsicherung.  

Es gilt, keine Zeit zu verlieren, die Politik muss jetzt handeln! Die Vorschläge der IHK:

Der Zugang zur Grundsicherung muss entweder bedarfsgerecht angepasst und entbürokratisiert werden oder um ein Programm für eine unbürokratische Lohnkompensation für Soloselbstständige und geschäftsführende Gesellschafterinnen und Gesellschafter ergänzt werden. Letzteres unterstützen rund 93 Prozent der befragten Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen in der aktuellen IHK-Umfrage. Kürzlich wurde hierzu ein Hilfsprogramm für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige vom Land Berlin in Aussicht gestellt.
Hilfen können nur helfen, wenn sie auch bei den Unternehmen ankommen. Daher müssen die Programme zügig und unbürokratisch umgesetzt werden. Auszahlungen müssen dabei zeitnah erfolgen.
Wirtschaft will wirtschaften und das gilt vor allem für die vielen Kleinstbetriebe und Soloselbstständigen. Daher sollten jetzt für die Unternehmen Öffnungsperspektiven geschaffen werden. Mit diesen Perspektiven sollten auch flexible zeitweise Lockerungen bei Genehmigungsverfahren sowie die Möglichkeit zur Nutzung freier öffentlicher Flächen für die Wirtschaft einhergehen. So könnte die Wirtschaft über neue Vertriebskanäle wie mobile Verkaufsstände freie öffentliche Flächen hygiene- wie auch abstandskonform nutzen. 

Zugang zur Grundsicherung ist nicht ohne Hindernisse

Angesichts der finanziellen Not bleibt den Unternehmerinnen und Unternehmern nur der Weg in die Grundsicherung. Für den Bewilligungszeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember. 2021 wurden die Zugangsvoraussetzungen hierfür vereinfacht. Eine vertiefte Vermögensprüfung ist entfallen und die antragstellenden Personen können ihre Selbstständigkeit weiterführen. Bislang haben jedoch laut IHK-Umfrage nur 21 Prozent der Befragten Grundsicherung beim Jobcenter beantragt. Für knapp 60 Prozent kommt der Bezug von Grundsicherung nicht infrage. So wussten 15 Prozent bislang nicht, dass diese Möglichkeit für Selbstständige besteht. Kritisiert wird daneben ein zu kompliziertes Antragsverfahren. Antragsschwierigkeiten bereiten beispielsweise Auszahlungen während der Wartezeit, die zum notwendigen Lebensunterhalt dienen und durch die Prüfstelle als Gehaltsauszahlungen gewertet werden, sodass die Aberkennung der Bedürftigkeit folgt. Ebenso verhindert das Einkommen von Ehepartnern oder Lebensgefährten den Bezug von der Grundsicherung, da die Einkommenssituation der gesamten Bedarfsgemeinschaft zugrunde gelegt wird. Zum Teil wird die Inanspruchnahme von Transferleistungen aber auch aus ideellen Gründen gänzlich abgelehnt.

Selbstständige haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld und brauchen Rücklagen auf

Die Bundesregierung hat zur Abmilderung der Pandemiefolgen bereits im März 2020 umfangreiche Erleichterungen bzgl. des Bezugs des Kurzarbeitergeldes beschlossen. Den Unternehmen soll mit einer teilweisen Erstattung der Löhne und einer Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge geholfen werden, ihre Beschäftigten zu halten. Die geschäftsführenden Gesellschafterinnen und Gesellschafter sowie Soloselbstständige, die keine sozialversicherungspflichtige Anstellung vorweisen und damit in der Regel nicht über die Arbeitslosenversicherung versichert sind, haben hingegen keinen Anspruch auf diese Lohnkompensation. Laut IHK-Umfrage  unter den genannten Selbstständigen greifen daher 72 Prozent der Befragten auf private Ersparnisse zurück, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. 73 Prozent profitierten noch von der Soforthilfe II aus dem Frühjahr 2020. 37 Prozent sind mittlerweile auf die finanzielle Hilfe von Familie und Freunden angewiesen und rund 20 Prozent brauchen ihre private Altersvorsorge auf. 

Lebenshaltungskosten bleiben bei den Coronahilfen unberücksichtigt

In den November- und Dezemberhilfen zur Kompensation der Umsatzverluste sind keine Lebenshaltungskosten als förderfähige Kosten anzurechnen. Bei den kostenbasierten Hilfen, wie der Überbrückungshilfe II und III, besteht zwar für die Selbstständigen, die kein Geschäftsführergehalt in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen, die Möglichkeit, einen fiktiven Unternehmerlohn (bis zur 1.180 Euro) zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen zusätzlichen finanziellen Zuschuss als Lohnkompensation, sondern lediglich um die Anrechnung dieser Summe auf die ungedeckten Fixkosten, wodurch sich der Verlust des Unternehmens (bilanziell) erhöht. Im Rahmen der neuen Starthilfe können Soloselbstständige alternativ zur Fixkostenerstattung für den Zeitraum Dezember 2020 bis Juni 2021 eine einmalige Betriebskostenpauschale bis maximal 7.500 Euro erhalten. Ob diese Summe für die Deckung aller Lebenskosten in diesem Zeitraum ausreicht, ist allerdings fraglich.

IHK Service für Betriebe

Die IHK Berlin informiert auf ihrer Website sowie über den Corona Newsletter über aktuelle Hilfsprogramme und veranstaltet gemeinsam mit Partnern digitale Informationsveranstaltungen. Bei Fragen rund um Corona-Themen können sich Betriebe ebenfalls per E-Mail und Telefon beraten lassen. (www.ihk-berlin.de/newsletter)