Digitalisierung braucht Verwaltungsmodernisierung! Digitale Unternehmensprozesse sind in der Berliner Wirtschaft zum Standard geworden. Diese Entwicklung hat zwar auch die öffentliche Verwaltung erreicht, doch ihre Dynamik muss sich deutlich verstärken. Nur eine vollständig medienbruchfreie Beantragung und Bearbeitung von Verwaltungsanliegen hebt Effizienzpotenziale.
Diese beschränken sich nicht nur auf eine komfortablere Nutzung für die Unternehmen und Stadtgesellschaft, sondern neue datengestützte Lösungsansätze bedeuten auch eine erhebliche Entlastung für die Verwaltungsmitarbeitenden. Dabei muss sichergestellt sein, dass Daten nur einmal hinterlegt und nicht wiederholt und an mehreren Stellen abgefragt werden (Once-Only-Prinzip).
Das Digitalgesetz muss als wichtiger Baustein der Verwaltungsreform und Neuordnung der Zuständigkeiten zwischen Bezirken und Hauptverwaltungen die effiziente Steuerung und beschleunigte Umsetzung von Digitalvorhaben gewährleisten.
Klare Zuständigkeiten und zentrale Steuerung
Neben langfristigen digitalpolitischen Leitplanken muss das Gesetz hierfür klare Zuständigkeiten benennen, eine Zentralisierung anvisieren und verpflichtende Richtlinien für Projektmanagement und -steuerung festlegen, u. a. muss verankert werden, wie erfolgreiche Prototypen anschlussfinanziert und in den Regelbetrieb überführt werden. Dazu muss das Gesetz verpflichtende Ziele und Meilensteine für die Umsetzung definieren.
Entwicklungsprozesse verschlanken
Mithilfe des Digitalgesetzes sollten auch die Verfahren für die Entwicklung von Software und digitalen Fachanwendungen verschlankt und die Anzahl der Prüfungsschritte reduziert werden. Dabei muss jede Prüfung eine konstruktive, ergebnisorientierte Verbesserung der Produkte zum Ziel haben und nicht auf der Ebene allgemeiner Vorbehalte verbleiben.
Parallel zu der Prüfung sollten Anwendungen bereits in einer Beta-Version von Nutzern und Nutzerinnen getestet und auf dieser Grundlage weiterentwickelt werden. Zudem muss der Fortschritt von Digitalisierungsprojekten transparent gemacht werden. Das bereits verwaltungsintern genutzte Dashboard für die Digitalisierung von Fachverfahren sowie deren Umsetzungsstand muss daher noch in diesem Jahr auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Eine leistungsfähige Berliner Verwaltung braucht digitale Strukturen aus einem Guss. Sowohl die IKT-Infrastruktur des Landes als auch die technischen Anwendungen müssen Teil eines integrierten Governance-Modells für die zielführende und kooperative Zusammenarbeit sein.
Kein zweiter landeseigener IT-Dienstleister
So ist die Trennung von verfahrensabhängiger und verfahrensunabhängiger IT aufzuheben und die Zuständigkeiten für Anwendungsentwicklung und -betrieb in eine Hand zu legen. Eine Dezentralisierung oder einen weiteren landeseigenen IT-Dienstleister für die operative IKT-Zuständigkeit neben dem ITDZ sehen wir kritisch.
Berlin verfügt über etablierte Strukturen, die weiter optimiert werden müssen, um die genannten Aufgaben zu bewältigen und Standardisierung, Innovation sowie Skalierung zu gewährleisten.
ITDZ weiterentwickeln
Hierbei kommt dem ITDZ Berlin als zentralem Akteur eine entscheidende Rolle zu, die es nur mit einem klaren Mandat und angemessener Ausstattung ausfüllen kann. Nur wenn das ITDZ frühzeitig in die IT-relevanten Vorhaben der Berliner Verwaltungen und Behörden auf Landes- und Bezirksebene eingebunden wird, kann es seine zentrale Stellung und fachliche Expertise einbringen.
Das ITDZ benötigt darüber hinaus ein Finanzierungsmodell, das konkurrenzfähige Gehälter für IT-Fachkräfte sowie die Rücklagenbildung für Investitionen ermöglicht.
Parallel zum laufenden Betrieb der Bürgerämter und über bestehende Onlineangebote hinaus muss ein Team von erfahrenen Verwaltungsmitarbeitenden und externen Expertinnen und Experten den Transformationsprozess der Verwaltungsleistungen beschleunigen.
Bürgeramt: Fachverfahren modernisieren und digitalisieren
Im Fokus steht die grundsätzliche Überprüfung und Modernisierung der Fachverfahren unter konsequenter Berücksichtigung der Kundenbedarfe und der Nutzerzentriertheit. Ziel dieses Reallabors in Form eines 13. Bürgeramtes muss die vollständige digitale Verfügbarkeit und medienbruchfreie Abwicklung zentraler Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft sein. Kernindikatoren wie Abrufzahlen und Bearbeitungszeit der Online-Dienstleistungen sollten transparent gemessen und veröffentlicht werden.
Innovatives Verwaltungshandeln braucht Agilität und Flexibilität. Ein flexibel nutzbares Innovations- und Digitalbudget – gekoppelt an klare Vorgaben wie beispielsweise die Einbindung des CityLabs – muss bei der CDO angesiedelt werden und vereinfacht abrufbar sein, damit einzelne Digitalisierungsvorhaben, Pilotprojekte und Prototypen aufgesetzt werden können. Zudem kann ein solches Budget finanzielle Anreize für Verwaltungsmitarbeitende schaffen, Innovationen und digitale Lösungen anzuregen und umzusetzen.
Die Spielräume im Vergabegesetz müssen in der Umsetzung konsequent genutzt werden, um neuartige Lösungen in die Verwaltungsdigitalisierung einzubeziehen. In diesem Sinne sind Vergabestellen und beschaffende Fachbereiche zu ermächtigen und zu ermutigen, ausgetretene Pfade zu verlassen und Innovation, Qualität und Nachhaltigkeit die Tore zu öffnen.
Ein „Serviceteam Innovative Beschaffung“ sollte eingerichtet werden, um bei der Auswahl und Umsetzung von (innovativen) Vergabeverfahren, bei Prozessfragen sowie hinsichtlich der Bedarfsermittlung und Markterkundung zu unterstützen.
STIMMEN AUS DER BERLINER WIRTSCHAFT
„Die Berliner Politik verspricht seit Jahrzehnten den großen Durchbruch bei der Verwaltungsreform. Auf den Erfolg warten Stadt und Wirtschaft bis heute, nicht, weil es an Problemanalysen mangelt, sondern weil politischer Umsetzungswille fehlt. Wenn Behörden-Pingpong, Digitalisierungsstau und der Mangel an IT-Fachkräften beendet werden sollen, braucht Berlin entschlossene Umsetzung – parteiübergreifend sowie gemeinsam durch Senat und Bezirke.“