Recht und Steuern

Vergütung bei Mehrarbeit und Überstunden

Mehrarbeit und Überstunden

Von Mehrarbeit (im arbeitsrechtlichen Sinn) spricht man, wenn die gesetzliche Höchstarbeitszeit - geregelt im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) - überschritten wird. Überstunden hingegen sind die Überschreitung der für den Arbeitnehmer (aufgrund Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag) geltenden regelmäßigen Arbeitszeit. Sie ergeben sich, wenn der Arbeitgeber anordnet, dass im Anschluss an die regelmäßige Arbeitszeit die Arbeit fortzusetzen ist, oder wenn der Arbeitgeber vorgeschriebene Pausen nicht gewährt.
Überstundenverbote und -grenzen
  • Jugendliche sind vom Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ausgenommen. Für sie gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz. Eine Leistung von Mehrarbeit ist bei ihnen grundsätzlich unzulässig. Wird ein Jugendlicher zur Mehrarbeit herangezogen, so ist diese durch entsprechende Verkürzungen der Arbeitszeit innerhalb von drei Wochen auszugleichen. Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Arbeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten.
  • Schwerbehinderte Menschen oder ihnen Gleichgestellte können nach § 124 Sozialgesetzbuch 9. Buch die Freistellung von Mehrarbeit verlangen. Unter Mehrarbeit im sozialrechtlichen Sinn ist jede über acht Stunden werktäglich hinausgehende Arbeitszeit zu verstehen.
  • Werdende oder stillende Mütter dürfen nach § 8 Mutterschutzgesetz nicht mit Mehrarbeit belastet werden.
Die Anordnung von Überstunden findet ihre Grenze in den zwingenden Bestimmungen des ArbZG. Dieses geht von einer maximalen täglichen Arbeitszeit von acht Stunden aus. Die Arbeitszeit darf auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden täglich nicht überschritten werden. Da der Samstag nach wie vor normaler Werktag ist, liegt dem Gesetz also eine 48 –Stunden- Woche zu Grunde.
Wird ein Arbeitnehmer verpflichtet, über die gesetzlich zulässige Arbeitszeit (d.h. mehr als die verlängerte Höchstarbeitszeit von 10 Stunden) hinaus Mehrarbeit zu leisten, so ist insoweit die Verpflichtung unwirksam. Der Arbeitgeber handelt ordnungswidrig.
Die Einhaltung des Arbeitszeitrechtes durch den Arbeitgeber wird durch Bußgeldandrohung bis zu 15.000 EUR und die Lohnkostenerhöhung gesichert.
Anordnung von Überstunden
Überstunden müssen grundsätzlich nur dann geleistet werden, wenn diese zuvor vereinbart worden sind. Alleine aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers lässt sich keine Befugnis zur Anordnung von Überstunden ableiten. Ausnahme: In Notfällen, d. h. wenn die Überstunden im Interesse des Betriebes dringend erforderlich sind. Ein Notfall liegt nur dann vor, wenn es sich um ein ungewöhnliches, nicht vorhersehbares Ereignis handelt. Kapazitätsengpässe oder vermehrter Arbeitsanfall reichen als Begründung nicht aus und gehen als Organisationsverschulden zu Lasten des Arbeitgebers.
Zulässig ist es, eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag einzubauen, wonach sich die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers auch auf die(mündliche) Anordnung von Überstunden erstrecken soll.
Eine Anordnung kann trotz tariflicher Verpflichtung unzulässig sein, wenn im Einzelvertrag ein Ausschluss vereinbart wurde (Günstigkeitsprinzip). Die einseitige Anordnung von Überstunden durch den Arbeitgeber kann auch konkludent erfolgen, indem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Arbeit zuweist, die nur unter Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet werden kann und die Erwartung ihrer baldigen Erledigung zum Ausdruck bringt. Hat die Anordnung nach tariflichen Vereinbarungen zu erfolgen, so besteht der Anspruch auch dann, wenn die schriftliche Anordnung unterblieben ist.
Vergütung
Für die Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit bestehen keine besonderen gesetzlichen Regelungen. Auch das ArbZG regelt nur die Frage, bis zu welcher Obergrenze Mehrarbeit zulässig ist, nicht jedoch, ob und in welchem Umfang diese zu vergüten ist.
Grundvergütung
Die Vergütung ist daher vollständig Gegenstand freier Vereinbarung in Einzelarbeitsverträgen, Betriebsbestimmungen oder Tarifverträgen. Dabei ist zwischen der anfallenden Grundvergütung und eventuellen Vergütungszuschlägen zu unterscheiden. Vertragliche Klauseln, wonach Überstunden mit dem Grundgehalt als abgegolten gelten, sind nur wirksam, wenn sie transparent und verständlich formuliert sind. Aus der Formulierung muss insbesondere klar hervorgehen, wie viele Überstunden mit dem Grundgehalt abgedeckt sein sollen. Bei leitenden Angestellten wird im Hinblick auf die gesteigerte Interessenwahrungspflicht und das regelmäßig hohe Gehalt allgemein eine Verpflichtung zur Ableistung betriebsnotwendiger Überstunden ohne zusätzlichen Arbeitsentgeltanspruch angenommen. Für Arbeiter, die kein fixes Monatsentgelt erhalten, sondern nach Stunden bezahlt werden, kann eine Überstundenvergütung nicht ausgeschlossen werden, weil ihnen die geleisteten Arbeitsstunden zu vergüten sind.
Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung
In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung kann zugelassen sein, dass abweichend von § 3 ArbZG die Höchstarbeitszeit überschritten wird. Sind derartige Arbeitszeiten geregelt, so werden sich auch die Vergütungsverpflichtungen aus den kollektivrechtlichen Regelungen ergeben. Bei tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen enthalten die Tarifverträge im Allgemeinen detaillierte Bestimmungen über die Bezahlung von Überstunden bzw. Mehrarbeit. Tarifverträge sehen gelegentlich auch vor, dass Überstunden durch Freizeit auszugleichen sind. Die Anordnung des Freizeitausgleichs erfolgt nach billigem Ermessen des Arbeitgebers.
Erkrankt der Arbeitnehmer am Tag des Freizeitausgleiches, gilt sein Anspruch auf Freizeitausgleich dennoch als erfüllt, wenn die Freistellung schon vor der Erkrankung bindend festgelegt war. Der Arbeitnehmer hat nur dann Anspruch auf Nachgewährung, wenn ausdrücklich vereinbart wurde, dass der Ausgleich nicht nur bewilligt sondern auch gewährt werden muss.
Einzelvertrag
Fehlt eine kollektivrechtliche Regelung der Vergütung von Mehrarbeit oder Überstunden oder ist diese mangels Tarifbindung nicht anzuwenden, so bedarf es einer einzelvertraglichen Regelung. Vorformulierte Vertragsgestaltungen, die den Anspruch auf Mehrarbeits- oder Überstundenvergütung einseitig beschneiden, können zu einer unangemessenen und sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung des Arbeitnehmers führen. Deshalb ist eine Inhaltsprüfung immer erforderlich.
Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, ergibt die Auslegung des Einzelvertrages regelmäßig, dass geleistete Überstunden oder Mehrarbeit nach § 612 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch zu vergüten sind.
Vergütungszuschlag
Ein besonderer Zuschlag ist nur dann zu zahlen, wenn dieser vereinbart oder betriebs- bzw. branchenüblich ist. In der Regel wird an üblichen Arbeitstagen ein Zuschlag von 25 % und für Sonn- und Feiertage ein solcher von 50% vorgesehen. Entsprechendes gilt für Freizeitausgleich. Für Arbeit an Sonn- und Feiertagen haben Arbeitnehmer grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Lohnzuschlag. Es ist ein Ersatzruhetag zu gewähren. Ein besonderer Zuschlag ist nur dann zu zahlen, wenn dieser im Tarifvertrag oder im jeweiligen Arbeitsvertrag vereinbart ist.
Geltendmachung
Ohne eine besondere Vereinbarung hat ein Teilzeitbeschäftigter keinen Anspruch auf Überstundenzuschlag, wenn er zwar über die für ihn geltende Teilzeit hinaus Überstunden leistet, diese aber nicht über die betriebsübliche Arbeitszeit hinausgehen. Für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen gilt die dreijährige Verjährungsfrist. Tarifverträge sehen oftmals kürzere Fristen vor. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Im Streitfall muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen,
  • dass er über gesetzlich oder tariflich zulässige Arbeitszeit gearbeitet hat und
  • dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder geduldet worden sind.
Die pauschale Behauptung, mehr Stunden gearbeitet zu haben, als arbeits- bzw. tarifvertraglich vereinbart, reicht nicht aus. Ein Arbeitgeber, der widerrechtlich die Zahlung einer dem Arbeitnehmer zustehenden Vergütung unterlässt, verletzt nicht nur seine Leistungspflichten gegenüber dem Arbeitnehmer (Nachzahlungsanspruch!), sondern auch seine Abgabepflicht gegenüber dem Sozialversicherungsträger und macht sich nach § 266 a Strafgesetzbuch strafbar. Unterlässt der Arbeitgeber zudem vorsätzlich die Einbehaltung von entsprechenden Lohnsteuern, so macht er sich auch wegen Steuerhinterziehung strafbar.
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Im Übrigen steht für weitere Auskünfte zum Thema Interessierten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein "Info-Telefon" zur Verfügung (siehe "Mehr zum Thema").