17.10.2024
IHK-Gremium Lichtenfels fordert: Keine Realsteuererhöhungen
Jedes dritte Unternehmen von Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes betroffen
Aktuell seien viele Halbwahrheiten im Umlauf, was die Belastung der Unternehmen durch eine Erhöhung der Gewerbesteuerhebesätze betreffe, verdeutlicht Wilhelm Wasikowski, Vorsitzender des IHK-Gremiums Lichtenfels.
35 der 196 Kommunen im Einzugsgebiet der IHK für Oberfranken Bayreuth haben 2024 an der Steuerschraube gedreht und die Realsteuerhebesätze angehoben. Zu den Realsteuern zählen die Gewerbe- sowie die Grundsteuern A und B. Zum Vergleich: 2023 gab es insgesamt "nur" 22 Erhöhungen.
Zum Zeitpunkt der Umfrage war Lichtenfels der einzige Landkreis ohne Steuererhöhungen, inzwischen hat der Gemeinderat Altenkunstadt eine Erhöhung von 350 auf 400 Punkte für 2025 beschlossen, in Burgkunstadt und Weismain wurde die Entscheidung verschoben.
Die Gewerbesteuerhebesätze im Landkreis Lichtenfels liegen aktuell zwischen 340 (Redwitz) und 380 Punkten (sechs Kommunen), die Grundsteuer B, die alle Grundstücks- und Immobilieneigentümer betrifft, schwankt zwischen 315 Punkten (Michelau) und 360 Punkten (Lichtenfels). Im Schnitt liegt der Gewerbesteuerhebesatz in den Kommunen des Landkreises Lichtenfels bei 365,5 Punkten und damit über dem oberfränkischen Durchschnittswert von 356,7 Punkten.
Gewerbesteuerhebesätze: Wichtiger Standortfaktor
"Die Höhe der Gewerbesteuerhebesätze ist ein wichtiger Standortfaktor bei Neuansiedlungen. Noch viel wichtiger ist ihre Höhe aber für die Unternehmen, die bereits vor Ort sind", macht Wasikowski deutlich. "Natürlich ist mir klar, dass auch unsere Kommunen angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen Gefahr laufen, in eine finanzielle Schieflage zu geraten, ich appelliere aber im Interesse der Unternehmen und letztlich aller Beschäftigten darum, Zurückhaltung zu üben!"
Ein Verzicht auf eine Gewerbesteuererhöhung sei deshalb praktizierte Standortsicherung. Wasikowski verweist dabei auf die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturbefragung, wonach die IHK-Mitgliedsunternehmen Zukunftsinvestitionen und damit neue Arbeitsplätze vor allem im Ausland tätigen wollen. Er befürchtet, dass entsprechende Gewerbe- und Grundsteuererhöhungen diesen Trend weiter befeuern.
Kommunen bekommen immer mehr Kosten aufgebrummt
Erhebliche Verantwortung dafür, dass immer mehr Kommunen finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen, tragen Bund und Land. "Es kann nicht sein, dass den Kommunen immer mehr Kosten aufgebrummt werden, ohne die entsprechende Finanzierung sicherzustellen", kritisiert Wasikowski. Er nennt beispielhaft den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, eine bessere ÖPNV-Anbindung oder Investitionen für den Klimaschutz. "Vielen Kommunen bleibt oft nur eine Erhöhung der Gewerbesteuer oder der Grundsteuern. Diese Mehrbelastung bleibe letztendlich an den Unternehmen und den Immobilieneigentümern und damit oft auch an den Mietern hängen." Er appelliert an die Kommunen, das Instrument einer Steuererhöhung unbedingt nur dann einzusetzen, wenn es gar nicht anders gehe.
Klare Kante gegen Milchmädchenrechnungen
Wasikowski verweist einige zuletzt getroffenen Aussagen – auch von Stadt- oder Gemeindekämmerern - ins Reich der Fabeln. So sei die immer wieder gehörte Aussage, dass die Unternehmen von einer Gewerbesteuererhöhung nicht betroffen seien, nur die halbe Wahrheit, macht IHK-Steuerreferent Andreas Wandner deutlich: "Alle Kapitalgesellschaften, in erster Linie sind das die GmbHs, sind von einer Erhöhung der Gewerbesteuer vollumfänglich betroffen. Er verweist darauf, dass jedes dritte beitragspflichtige Mitgliedsunternehmen der IHK eine Kapitalgesellschaft ist.
"Die Argumentation, Kapitalgesellschaften seien bereits durch Steuersenkungen entlastet worden, lasse ich nicht gelten", so Wasikowski. "Zum einen erfolgte die Entlastung durch die Unternehmenssteuerreform bereits 2008, also vor 16 Jahren. Zum anderen kann es nicht Sinn einer Steuerreform sein, dass die Unternehmen dort zwar entlastet werden, dafür aber an anderer Stelle, nämlich bei der Gewerbesteuer, belastet werden." Er verweist außerdem darauf, dass die Gewerbesteuerhebesätze im Landkreis Lichtenfels seit 2008 im Schnitt um 41,2 auf 365,5 Punkte angehoben wurden. Nur in den IHK-Gremien Forchheim (+49,3 Punkte) und Bayreuth (+42,2 Punkte) war die Erhöhung noch ausgeprägter. In den Landkreiskommunen lag Anstieg des Gewerbesteuerhebesatzes seit 2008 zwischen 20 und 80 Punkten.
Auch seien Modellrechnungen falsch, die belegen sollen, dass Personengesellschaften im Falle einer Gewerbesteuererhöhung letztendlich weniger bezahlen müssten. Bereits seit der Unternehmenssteuerreform 2008 gehören diese Modellrechnungen der Geschichte an, macht Wandner deutlich. Tatsächlich erfolge maximal eine Kompensation.
Ausgaben senken
Um so wichtiger sei es, zu prüfen ob und wo sich Kosten einsparen lassen, macht Wasikowski deutlich. “Ein Unternehmer muss auch erst alle Kosten auf den Prüfstand stellen, bevor als letzte mögliche Maßnahme die Preise erhöht werden. Andernfalls ist ein Unternehmen schnell weg vom Fenster.”
Grundsteuerreform aufkommensneutral gestalten
Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist eine Neuregelung der Grundsteuer-Hebesätze erforderlich geworden, die bundesweit ab 1. Januar 2025 gilt. Über die neuen Hebesätze entscheiden alle Kommunen in Eigenverantwortung. Wasikowski appelliert an die Kommunen, die neuen Hebesätze – wie von allen Seiten versprochen – aufkommensneutral zu gestalten. Wasikowski: "Keine Steuerhöhung durch die Hintertür!"