Konjunktur im Kammerbezirk

Dreimal jährlich befragt die IHK für Oberfranken Bayreuth jeweils rund 1.500 Unternehmer zur Einschätzung der aktuellen und der künftigen Wirtschaftslage. Diese Befragung hat sich in den vergangenen 30 Jahren zu einem wichtigen Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Oberfranken entwickelt. Die Ergebnisse werden für den Kammerbezirk und seine acht regionalen Gremien ausgewertet.

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Konjunkturelle Erholung bleibt aus

Spaltung in der Wirtschaft setzt sich fort

Die wirtschaftliche Situation in den oberfränkischen Unternehmen kühlt sich zu Beginn des Winterhalbjahres ab. Während im Frühjahr noch erste Anzeichen einer konjunkturellen Erholung zu verzeichnen waren, so ist dieser Aufwärtstrend laut der IHK-Konjunkturumfrage zum Herbst 2024 verebbt. Zwar bewerten die befragten Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage in Summe weiterhin marginal positiv, doch die Erwartungen für die kommenden Monate trüben sich spürbar ein. Zu lang ist die Liste an Problemen und Risiken, die die Wirtschaft ausbremsen. Auffällig sind die Unterschiede in der Stimmung zwischen den einzelnen Branchen. Während die Dienstleistungsbranche, das Baugewerbe, der Einzelhandel und der Tourismus im Saldo von einer positiven aktuellen Lage berichten, überwiegen in der Industrie und dem Großhandel die negativen Stimmen. Der IHK-Konjunkturklimaindex, welcher die Bewertungen der aktuellen Geschäftslage und der Geschäftserwartungen miteinander kombiniert, sinkt um 5 Punkte und liegt nun bei einem Wert von 95.
Die oberfränkische Konjunktur kühlt sich zum Start in das Winterhalbjahr ab. Ob Energie- und Rohstoffpreise, Arbeitskosten oder die überbordende Bürokratie − der Standort Deutschland ist im internationalen Vergleich in vielen Themenfeldern weit von der Spitze entfernt. Diese Entwicklungen belasten die regionale Wirtschaft und verhindern die erhoffte konjunkturelle Erholung. Laut der Konjunkturumfrage der IHK für Oberfranken Bayreuth bewerten 28 Prozent der befragten Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als gut, 48 Prozent als befriedigend und 24 Prozent als schlecht. Daraus ergibt sich insgesamt ein leicht positiver Saldo von +4 für die aktuelle Lage, der sich seit der vergangenen Frühjahrsbefragung kaum verändert hat. Die Aufbruchstimmung, die noch zum Start in den diesjährigen Sommer zu verzeichnen war, ist verpufft und die Gesamtwirtschaft tritt auf der Stelle.
Die Aussagekraft des Lagekennwerts ist jedoch eingeschränkt, da die aktuelle Wirtschaftssituation in den Branchen sehr unterschiedlich eingeschätzt wird. Während die Dienstleistungsbranche, das Baugewerbe, der Einzelhandel und der Tourismus ihre aktuelle Geschäftslage im Saldo als positiv bewerten, überwiegen in der Industrie und im Großhandel die negativen Stimmen deutlich die positiven. Knapp ein Drittel der Industrie und Bauunternehmen geben eine aktuell schlechte Lage zu Protokoll. Die Spaltung in der oberfränkischen Wirtschaft, welche schon im Frühjahr zu verzeichnen war, hat sich verfestigt.
Die angespannte Wirtschaftssituation spiegelt sich auch in der Auftragslage wider. Besonders kritisch wird diese in der Industrie und im Großhandel eingeschätzt, wo über die Hälfte der Befragten von einem im vorangegangenen Halbjahr gesunken Auftragsvolumen im Inland berichten. Ein Blick auf die im Ausland geschäftstätigen Betriebe zeigt, dass das Auftragsvolumen auch hier gesunken ist und das durchweg in allen Weltregionen.

Frostige Geschäftserwartungen für Oberfranken

Einigkeit bei den Branchen besteht hinsichtlich der trüben Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate. Wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, so gehen in allen Branchen mehr Befragte davon aus, dass sich ihre wirtschaftliche Lage verschlechtern wird als verbessern (28 Prozent im Vergleich zu 16 Prozent). Die Geschäftserwartungen liegen damit tief im negativen Bereich und verschlechtern sich seit der letzten Befragung im Saldo um ganze 8 Zähler. Entsprechend rechnen viele Unternehmen mit einem sinkenden Auftragsvolumen im In- und Ausland. Auch die Aussichten auf positive Entwicklungen des Auslandsgeschäfts in Nordamerika, die bei der Frühjahrbefragung zu erkennen waren, sind weitestgehend verschwunden.
Der kritische Blick in die Zukunft schlägt sich zudem in der erwarteten Beschäftigtenentwicklung für die folgenden zwölf Monaten nieder. Besonders drastisch ist die Situation in Industrie, Baugewerbe und Tourismus. Hier erwartet etwa ein Viertel der Befragten, dass die Belegschaft sinken wird.

Investitionsneigungen der Unternehmen alarmierend

Bei den von Unternehmen geplanten Investitionsausgaben im In- und Ausland zeigt sich ein differenziertes Bild. Während in der Dienstleistungsbrachen und im Tourismus mehr Unternehmen mit steigenden als sinkenden Investitionen im Inland planen, überwiegen in der Industrie, dem Baugewerbe und dem Handel pessimistische Aussichten. Bei Unternehmen, welche mit steigenden Investitionen im Ausland rechnen, ist hingegen die Industrie stark vertreten.
Ein Blick auf die Hauptmotive für geplante Investitionen im In- und Ausland macht deutlich, dass die Wettbewerbsfähigkeit Oberfrankens und Deutschlands zunehmend in Gefahr ist. So werden Kapazitätserweiterung und Produktinnovation deutlich häufiger als Hauptmotiv für Investitionen im Ausland als im Inland genannt. Demgegenüber spielen Ersatzbeschaffung und Umweltschutz eine größere Rolle für Investition im Inland. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Unternehmen ihre ansässigen Betriebsstätten vor allem nachrüsten. Wichtige und zukunftsträchtige Bereiche, welche mit Wirtschafts- und Beschäftigungspotenzial einhergehen, scheinen jedoch zunehmen ins Ausland verlagert zu werden. Diese Entwicklung birgt die Gefahr einer weiteren Dämpfung der Konjunktur im Inland und einer Abwärtsspirale für die hiesige Wirtschaft.

Arbeitskräftemangel als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung

Gründe für die trübe Konjunktur sind aus Sicht der Unternehmerinnen und Unternehmer vielfältig. Seit einem Jahr werden insbesondere die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Dauerrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Unternehmens genannt. Daneben werden die schwache Inlandsnachfrage, Energie- und Rohstoffpreise, Arbeitskosten und der Fachkräftemangel als starke Hemmschuhe der oberfränkischen Unternehmen angesehen.
Der Fachkräftemangel wird aktuell von annähernd der Hälfte der befragten Unternehmen (47 Prozent) als Risiko eingeschätzt. Aufgrund des demographischen Wandels und des Eintritts der Babyboomer-Generation in Rente, wird sich dieses Thema zukünftig weiter verschärfen. Daher wurde das Thema Arbeitskräftemangel in der Befragung als Fokusthema behandelt. Bereits aktuell meldet ein Drittel der befragten Unternehmen, dass offene Stellen längerfristig nicht besetzt werden können. Erfolglos werden dabei vor allem Personen direkt nach dem Schulabschluss bzw. Auszubildende gesucht. Als Reaktion auf den Arbeitskräftemangel möchten 43 Prozent der Unternehmen ihre Arbeitgeberattraktivität steigern. An zweiter Stelle werden die Beschäftigung und Einstellung älterer Mitarbeitenden genannt (37 Prozent). Demgegenüber rangiert die Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland an siebter Stelle deutlich dahinter (29 Prozent Nennung). Als weitere Lösungsstrategien werden vor allem vermehrte Ausbildung, eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie und technische Lösungen als Ersatz für fehlende Arbeitskräfte angesehen.