Konjunktur im Kammerbezirk

Dreimal jährlich befragt die IHK für Oberfranken Bayreuth jeweils rund 1.500 Unternehmer zur Einschätzung der aktuellen und der künftigen Wirtschaftslage. Diese Befragung hat sich in den vergangenen 30 Jahren zu einem wichtigen Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Oberfranken entwickelt. Die Ergebnisse werden für den Kammerbezirk und seine acht regionalen Gremien ausgewertet.

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Oberfränkische Konjunktur hat Talsohle durchschritten

Industrie verliert mehr und mehr den Anschluss

Nach längerer Durstrecke startet die Wirtschaft in Oberfranken aus einer besseren Ausgangsposition in den Sommer. Aufwärtstendenzen zeigen sich bei den Unternehmen des Kammerbezirks der IHK für Oberfranken Bayreuth sowohl bei der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage als auch bei den Geschäftserwartungen. Für ein Durchstarten fehlt es den Unternehmen jedoch an Planungssicherheit. Zu groß sind die Risiken, die aus politischen Krisen, einer niedrigen Konsumlaune und strukturellen Problemen, wie hohen Energie- und Rohstoffpreisen, einer überbordenden Bürokratie und einem Mangel an Arbeitskräften resultieren. Grund zur Entwarnung gibt es auch deshalb nicht, weil sich die Industrie zunehmend von der positiven Lageentwicklung abkoppelt. Der Konjunkturklimaindex der IHK für Oberfranken Bayreuth steigt um 11 Punkte und liegt nun bei einem Wert von 100.
Die aktuelle Geschäftslage wird von den Unternehmen im Kammerbezirk der IHK für Oberfranken Bayreuth im Saldo leicht positiv bewertet. 29 Prozent der im Rahmen der Konjunkturumfrage befragten Unternehmen berichten von einer aktuell guten Geschäftslage, während 25 Prozent eine schlechte Lage zu Protokoll geben. Die oberfränkische Wirtschaft scheint ihren Tiefpunkt überwunden zu haben und sich langsam zu erholen. Eine in Summe positive aktuelle Lage trifft auf große Teile der Wirtschaft zu: die Dienstleistungsunternehmen, das Baugewerbe, den Einzelhandel und den Tourismus. Besorgniserregend ist jedoch, dass sich die Industrie, und damit das Rückgrat der oberfränkischen Wirtschaft, dieser positiven Entwicklung zunehmend entzieht. Industrieunternehmen bewerten ihre Lage sogar noch schlechter als zu Jahresbeginn. Auch der Großhandel weist eine im Saldo negative Geschäftslage auf. Ein Grund hierfür ist, dass der Großhandel als Bindeglied zwischen Industrie und Einzelhandel von Entwicklungen in der Industrie unmittelbar betroffen ist.

Erwartungen verbessern sich bei niedrigem Ausgangsniveau

Während oberfränkische Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage inzwischen vorsichtig optimistisch einschätzten, blicken sie weiter mit Sorge in die Zukunft – weniger drastisch jedoch als noch zu Jahresbeginn. Über alle Branchen hinweg geben 25 Prozent der Befragten an, dass sich ihre Geschäftslage in den folgenden zwölf Monaten verschlechtern wird, 21 Prozent prognostizieren eine Verbesserung. Während die Salden zum Jahresbeginn in allen Branchen noch deutlich negativ waren, werden die Bewertungen nun durchweg milder. Im Bereich Dienstleistungen und Tourismus rechnen sogar mehr Befragte mit einer Verbesserung der aktuellen Lage als mit einer Verschlechterung.
Ebenso verhalten, aber besser als zu Jahresbeginn zeigen sich die von den Unternehmen erwarteten Auftragsvolumen. Ein Drittel der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass ihr Auftragsvolumen im Inland in den folgenden zwölf Monaten sinken wird. Dem stehen 21 Prozent gegenüber, welche mit einem Anstieg rechnen. Optimistischer gestimmt sind wiederum die Dienstleistungsbranche und der Tourismus. Bei im Ausland geschäftstätigen Unternehmen überwiegen ebenfalls negative Erwartungen für das Auslandsgeschäft. Dabei hebt sich Nordamerika als Auslandsmarkt positiv hervor. Knapp ein Viertel der betroffenen Befragten vermutet positive Entwicklungen für diesen Markt.
Überwiegend negativ sind die von den Unternehmen erwarteten Beschäftigungsentwicklungen. 21 Prozent der Unternehmen prognostizieren eine Abnahme der Belegschaft am Standort, während 11 Prozent von einem Anstieg ausgehen. Besonders gravierend bewertet wiederum die Industrie die Beschäftigungsentwicklung. Ganze 30 Prozent der befragten Industrieunternehmen rechnen mit einem Beschäftigtenrückgang. Diese Entwicklung ist insbesondere deshalb besorgniserregend, da über ein Drittel der Beschäftigten in Oberfranken im produzierenden Gewerbe erwerbstätig sind.

Investitionsplanungen

Bei geplanten Investitionen im Inland zeigt sich ein differenziertes Bild. Über alle Branchen hinweg geben genauso viele Unternehmen an, dass sie mit steigenden Investitionen in den kommenden zwölf Monaten rechnen wie mit sinkenden (jeweils 22 Prozent). 24 Prozent melden darüber hinaus, keine Investitionen zu tätigen. Hinter diesen Gesamtwerten stecken jedoch sehr unterschiedliche Situationen in den einzelnen Branchen. Während das Baugewerbe und der Tourismus mehrheitlich sinkende Investitionen prognostizieren, erwarten Industrie, Groß- und Einzelhandel sowie die Dienstleistungsbranche einen Anstieg. Dieser Befund mag bei der aktuell schlechten Lagebeurteilung in der Industrie und im Großhandel verwunderlich sein. Vermutlich nutzen Unternehmen jedoch die problematische Lage als Anlass für eine Modernisierung oder Umorientierung, welche mit Investitionen einhergehen.
Unternehmen, welche Investitionen planen, geben als Hauptmotive für Investitionen im Inland neben Ersatzbeschaffungen vor allem Umweltschutz und Rationalisierung zu Protokoll, für Investitionen im Ausland Kapazitätserweiterungen und Produktinnovation. Dieses Ergebnis macht deutlich, dass der Standort Deutschland an Attraktivität verliert. Findet Innovation und Fortschritt vorwiegend im Ausland statt, besteht zunehmend die Gefahr als Standort abgehängt zu werden.

Wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf

Wie die Wettbewerbsfähigkeit am Standort aus Sicht der Unternehmen wieder erhöht werden kann, darüber geben Ergebnisse aus einer Zusatzfrage zur Europawahl Aufschluss. Unternehmen wurden dabei gebeten anzugeben, welche drei wirtschaftspolitischen Themen nach der Wahl auf EU-Ebene vor allem angegangen werden sollen. Auf Platz eins steht das große und allgegenwärtige Thema Bürokratie. 87 Prozent, und damit die deutliche Mehrheit der Befragten, geben an, dass EU-Regulierungen und Bürokratie abgebaut beziehungsweise verhindert werden sollen. Neben der Stärkung des Europäischen Energiemarktes, welche von 45 Prozent der Unternehmen als besonders wichtig benannt wird, hebt sich der Schutz vor digitalen und analogen Angriffen als eher neues Thema hervor. 40 Prozent der befragten Unternehmen plädieren dafür, dass dieses Thema zukünftig von der Politik prioritärer angegangen werden soll.