Zwei Jahre DSGVO - eine Zwischenbilanz

Auf großes Interesse stieß die BIHK-Veranstaltung "Zwei Jahre DSGVO - eine Zwischenbilanz". Kooperationspartner waren das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration und die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).


DSGVO – Fazit der BIHK-Veranstaltung: “Wir sind in einem Lernprozess”
BIHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Manfred Gößl begrüßte die Harmonisierung des Datenschutzrechts auf EU-Ebene. Diese sei ein Meilenstein auf dem Weg in die Digitalisierung. Er forderte jedoch mehr Rechtssicherheit und bürokratische Entlastung für Unternehmen. Datenschutzrecht müsse im gegenseitigen Dialog weiterentwickelt werden, um so Fragen der digitalen Welt zu lösen. Keinesfalls dürfe sich die Evaluierung auf das Pflichtprogramm des Art. 97 Abs. 2 DSGVO beschränken. Er begrüßte den Antrag Bayerns zur Evaluierung der DSGVO im Bundesrat, welchen dieser mit Beschluss vom 29.11.2019 (BR-DS. 570/19) angenommen hat. Die in diesem Antrag enthaltenen Anregungen sind in die Stellungnahme der Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission eigeflossen. Ferner werden diese im EU-Rat unter kroatischer Präsidentschaft behandelt.

Bayerns Innen- und Datenschutzminister Joachim Herrmann zog folgende Zwischenbilanz: "Die Datenschutz-Grundverordnung, die seit zwei Jahren gilt, hat dafür gesorgt, dass Datenschutz plötzlich in aller Munde ist. Enorme gemeinsame Anstrengungen von Verbänden, Aufsichtsbehörden und Politik haben stark dazu beigetragen, die anfängliche Aufregung aufzufangen." Trotz umfangreicher Aufklärungsangebote und Hilfestellungen gebe es bei den Unternehmen noch immer zahlreiche Fragen und Unsicherheiten. Mit Blick auf die anstehende Evaluierung der DSGVO durch die Europäische Kommission betonte er: "Im Interesse der Effektivität und der Verhältnismäßigkeit sollten diese frühzeitig analysiert und bewertet werden". Vertreter aus Wirtschaft, Exekutive und Legislative sollten ihre wertvollen Praxiserfahrungen in die Evaluierung einbringen. "Heute machen wir dazu einen wichtigen Schritt! Lassen Sie uns auch in Zukunft daran arbeiten, dass die EU-Datenschutzreform ein Erfolg für unsere Bürgerinnen und Bürger, unsere Unternehmen und unsere Behörden ist".

Angelika Sery-Froschauer, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich, betonte: "Datenschutz muss Innovation gewährleisten und nicht behindern. Der Europäische Datenschutz soll zum Qualitätsmerkmal für EU-Unternehmen werden und darf nicht zur Ein- oder Ausgrenzung dieser am internationalen Markt führen." Insbesondere die Übereinstimmung mit der ePrivacy muss gewährleistet werden. Sie berichtete, Innovationen hätten österreichische Unternehmen auch in Sachen DSGVO "nach vorne gebracht". Denn gegenüber Kunden sei es unerlässlich, datenschutzkonform aufzutreten. Eine zunehmend wichtige Rolle spiele in Österreich das neue Instrument des Code of Conduct . Mittlerweile gebe es von der Österreichischen Datenschutzaufsicht acht genehmigte Code of Conducts. Diese trügen zur Klärung von Rechtsunsicherheit bei.

Stephan Mayer, Parlamentarischer Staatssekretär im BMI, forderte einen intensiven Dialog mit allen Akteuren. Die Harmonisierung des Datenschutzrechts sei eine geschäftsleitende Grundlage für die deutsche Wirtschaft. Im Zuge der Evaluierung sei es für die Bundesregierung wichtig, diese voran zu bringen. Erkannter Verbesserungsbedarf müsste zeitnah in die Evaluierung einbezogen werden.

“Zwei Jahre DSGVO”: Bayerns Politik, Verwaltung und Wirtschaft wollen bewährtes Teamwork fortsetzen

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann lobte den „bayerischen Weg“ – beraten statt bestrafen. Dr. Axel Keßler, Datenschutzbeauftragter der Siemens AG, formulierte es so: „Damit können wir leben.“
Bürokratiehürde Nummer 1
Der Event hatte politische Brisanz. Die Ergebnisse der Diskussion fließen ein in die im Mai anstehende Evaluierung der DSGVO. BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl und BIHK- Datenschutzbeauftragte Rita Bottler nutzten daher die Chance, Politik und Verwaltung auf das hinzuweisen, was in der Praxis Probleme macht.
Demnach sehen Bayerns Unternehmer im Datenschutz die Bürokratiebürde Nr. 1. Für Unsicherheit sorgen hoher Bußgeldrahmen und Auslegungsspielräume. WKÖ- Vizepräsidentin Angelika Sery- Froschauer klagte, die DSGVO belaste das Tagesgeschäft und erschwere es, Firmenkunden zu gewinnen.
Als Gewinner auf dem Podium durfte sich Michael Will fühlen. Der neue Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht geht mit viel Vorschusslorbeeren an den Start. Herrmann lobte, die unternehmensfreundliche Arbeit der bayerischen Politik und Behörden habe die Aufregung um die DSGVO deutlich beruhigt. Nachjustieren will aber auch er. Herrmann sagte, es sei zu prüfen, ob für Vereine und kleine Firmen jede DSGVO-Vorschrift Sinn mache. Aus erster Hand berichtete Dr. Horst Heberlein, Datenschutz-Experte der EU-Kommission. Heberlein zeigte sich offen für die Anliegen der Wirtschaft. „Wir stecken alle mitten in einem Lernprozess“, versicherte er. Heberlein hält die jetzige Verunsicherung der Unternehmen für verständlich.
Rechtssicherheit werden wir erst dann haben, wenn die ersten Urteile auf dem Tisch liegen.
Dr. Horst Heberlein, Datenschutz-Experte der EU-Kommission

DSGVO als Goldstandard

So weit soll es laut Bayerns Chef- Datenschützer Will aber nur im Extremfall kommen. Will versicherte, er werde die pragmatische Linie seines Vorgängers fortsetzen. Er setze auf Kooperation.

Die Diskussion machte überdies deutlich, dass die Konfliktlinien an ganz anderer Stelle verlaufen. Unternehmer, Datenschützer und Politiker stehen etwas ratlos vor der Frage, wie sie Social Media und sonstige große Plattformen datenschutzkonform nutzen können. Gerade deshalb nannten Herrmann und Bundesinnenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) die DSGVO als Erfolg.

Die EU, sagte Herrmann, habe damit einen internationalen „Goldstandard“ geschaffen. Mayer erklärte, die DSGVO werde auch schlecht geredet. Die vorhergesagte Abmahnwelle etwa sei ausgeblieben. BIHK-Expertin Bottler war sich mit Michael Will einig in der Einsicht, dort einzugreifen, wo die tatsächlichen Risiken liegen. In der abschließenden Expertenrunde herrschte Konsens: Ein Zurück in die Zeiten vor der DSGVO darf es nicht geben.