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Die Zukunft der Milchwirtschaft im digitalen Zeitalter
Ein Gastbeitrag von Thomas Kreuzer
Am Fraunhofer FIT wird zurzeit an einem Projekt für die Lebensmittelindustrie gearbeitet: Ein automatisiertes, KI-gestütztes Vorhersagemodell für den Bedarf von verschiedenen Milchprodukten soll helfen, die Planung zu verbessern und Über- oder Unterproduktionen in der Milchindustrie zu vermeiden.
Ob im Kaffee oder Müsli, als Joghurt oder Käse: Der Pro-Kopf-Verbrauch von Konsummilch in Deutschland im Jahr 2022 lag bei ca. 46,1 Kilogramm. Die deutsche Milchwirtschaft erzielte dabei einen Umsatz von rund 35 Milliarden Euro und beschäftigt ca. 40.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ca. zwei Drittel der Milcherzeugungsbetriebe sind genossenschaftlich organisiert.
Eine der größten Herausforderungen ist die Absatzplanung einzelner Molkereien. Primär manuell durchgeführte Planungsprozesse sind aufwändig und fehleranfällig. Die daraus resultierende Über- oder Unterproduktion verursacht jährlichen Schaden in Millionenhöhe. Da das Milchproduktionsvolumen nur langfristig angepasst werden kann, sind die Molkereien darauf angewiesen, den Bedarf nach Milchprodukten möglichst frühzeitig und genau zu kalkulieren. Kurzfristige Konsumveränderungen stellen die Bedarfsplaner dabei vor besondere Hürden. Molkereien und den dahinterstehenden Landwirtschaften fehlen entscheidende Konsumdaten, da der Vertrieb zum Endverbraucher zu großen Teilen über den Lebensmitteleinzelhandel abläuft. Der Austausch von Absatzinformationen zwischen verschiedenen Akteuren der Wertschöpfungskette erfolgt derzeitig sehr eingeschränkt, obschon diese Daten eine entscheidende Hilfestellung für eine genauere Planung bieten könnten.
Der zentrale Mehrwert dieses Modells ist eine verbesserte Bedarfsprognose, die eine übermäßige Über- oder Unterproduktion von Milchprodukten vermeidet.Thomas Kreuzer
Wie also kann die Prognosegüte der Molkereien verbessert werden? Eine vermeintlich naheliegende Antwort wäre, dass die Molkereien und Akteure zusammenarbeiten und ihre Daten untereinander teilen. Dabei könnten sie sich auf ein automatisiertes Verfahren stützen, das große Datenmengen analysiert und die manuelle Fehleranfälligkeit reduziert. Das Teilen von internen Daten ist aber zum einen für die Molkereien selbst nicht attraktiv, würden diese so ihre Produktionsplanung gegenüber der Konkurrenz offenlegen. Zum anderen würde es im Wettbewerbsumfeld marktverzerrend wirken und regulatorisch äußerst kritisch eingestuft werden.
Die Lösung: Split Lernen. Durch ein spezielles Trainingsverfahren legen die einzelnen Molkereien ihre Daten nie offen („die Daten verlassen nie das Unternehmen“). Das Verfahren wirft dadurch keine kartellrechtlichen Bedenken auf (z.B. in Bezug auf Mengen-/Preisabsprachen) und wahrt den Wettbewerb zwischen den Molkereien. Je mehr Molkereien ihre Daten bereitstellen, desto genauer wird die Qualität der Vorhersagen. Konkret beutet dies, dass mehrere Molkereien ein Prognosemodell pflegen, das auf einer lokalen und einer globalen Ebenen arbeitet. Auf der lokalen Ebene, welche bei den Molkereien selbst verortet ist, wird das Prognosemodell mit rein internen Daten gespeist. Auf der globalen Ebene werden Zwischenergebnisse der lokalen Ebene aller teilnehmenden Molkereien zusammengeführt, um gezielter aktuelle Trends abschätzen zu können. Dabei werden jedoch nicht die Daten der Molkereien, sondern nicht rückverfolgbare Ergebnisvektoren der lokalen Modelle für die weitere Kalkulation verwendet. Zusätzlich werden weitere Daten, z.B. zum Wetter oder Konsumenten-Trends, berücksichtigt, um die Prognosegüte weiter zu erhöhen.
Dieses Vorhaben findet im Rahmen des Projekts Fraunhofer Blockchain Center statt und ist Teil einer Forschungsinitiative zur Untersuchung von Mehrwerten technologischer Lösungen im industriellen Rahmen. Wenn Sie Ihr Unternehmen oder Ihren Industriezweig in dem dargestellten Anwendungsfall wiederfinden, sind Sie eingeladen an das Team des Fraunhofer heranzutreten.
Kontakt
IHK für Oberfranken Bayreuth
Bahnhofstraße 25
95444 Bayreuth
Tel.: 0921 886-0
E-Mail: info@bayreuth.ihk.de
Internet: bayreuth.ihk.de
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