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Kristalle made in Forchheim
Siemens Healthineers investiert 80 Millionen Euro in neue Halbleiter-Fabrik
Kleine hübsche Kristalle funkeln in der Vitrine im Foyer von Siemens Healthineers – von den Mitarbeitenden gezüchtet, die prächtigsten Exponate wurden bei einem Wettbewerb ausgezeichnet. Um Kristalle dreht sich vieles am Standort des Unternehmens in Forchheim – doch geht es dabei um solche, die nicht (nur) schön ausschauen, sondern ein neues Kapitel in der Computertomographie eingeläutet haben.
Die Rede ist von Cadmiumtellurid-Kristallen. Um diese zu züchten, braucht es viel. Erstens: hohe Temperaturen, Cadmium und Tellur verschmelzen erst bei rund 1100 Grad Celsius dauerhaft miteinander. Zweitens: Geduld. Rund zehn Wochen dauert es, bis aus der Cadmium-Tellur-Verbindung der eigentliche Kristall erwächst, feinsäuberlich Schicht um Schicht: ein Tellur-Atom neben einem Cadmium-Atom, daneben wieder Tellur, Cadmium, und so weiter. Drittens: Feingefühl. Denn bei der Kristallzucht hat man es mit Sensibelchen zu tun, schon eine einzige starke Erschütterung, eine einzige Verunreinigung kann das Ergebnis zunichtemachen.
„Die Kristalle zu züchten ist komplex und aufwendig, der Prozess beinhaltet viele Einzelschritte“, sagt Uwe Rückl, Head of Detectors & Crystals, Vice President Computed Tomography bei Siemens Healthineers. Wozu also der Aufwand? Cadmiumtellurid-Kristalle sind als Halbleitermaterial ein wesentlicher Bestandteil der neuartigen, sogenannten quantenzählenden Computertomographen (CT). Aus dem Halbleitermaterial werden die Detektoren gefertigt. Mit ihrer Hilfe können Röntgenstrahlen direkt in vollständig elektrische Signale umgewandelt werden. Anders bisherige Detektoren, die in zwei Schritten die eintreffenden Strahlen erst in sichtbares Licht umwandeln und dann in elektrische Signale konvertieren, wobei Informationen verlorengehen. Eine geringere Strahlendosis für die Patienten und hochaufgelöste, kontrastreiche Bilder sind die Vorteile der neuen Technologie, erklärt Uwe Rückl: „4k HDR statt DVD-Qualität.“ Mit dem NAEOTOM Alpha hat Siemens Healthineers den ersten klinischen photonenzählenden Computertomographen auf den Markt gebracht und wurde dafür 2021 für den Deutschen Zukunftspreis nominiert.
Im 2020 eröffneten „Crystal Center“ in Forchheim verantwortet und optimiert Dr. Paul Heimann die Kristallherstellung. Der sensible Prozess soll robust gemacht werden: Zukünftig soll er in Forchheim nicht mehr nur unter Laborbedingungen stattfinden, wo jeder Kristall die individuelle Aufmerksamkeit von „Chefalchimist“ Heimann bekommt, sondern im industriellen Maßstab. Für 80 Millionen Euro baut das DAX-notierte Unternehmen am Standort Forchheim zurzeit eine neue Fabrik zur Züchtung von Kristallen für die Halbleiterproduktion. Dort sollen 100 neue Arbeitsplätze entstehen. Die riesige Baugrube ist von der A73 aus zu sehen, 2026 soll die Fabrik mit einer Nutzfläche von über 9.000 Quadratmetern in Betrieb gehen. Die Arbeiten liegen im Zeitplan, berichtet Uwe Rückl. Das Fundament ist gelegt, Ende des Jahres soll der Rohbau fertig sein.
Mit dem „Crystal Center“ und der neuen Fabrik werden Forschung und Entwicklung sowie Produktion an einem Standort gebündelt und parallel aufgebaut. „Beides in der Nähe zu haben, hat mehrere Vorteile“, sagt Uwe Rückl. „Die Wege sind kurz und so kann etwas bereits in einer Art und Weise entwickelt werden, dass es später im großen Maßstab besser gefertigt werden kann.“ In Forchheim werden die gezüchteten Kristalle auch millimetergenau geschnitten, poliert und in der CT-Fertigung in die Detektoren eingebaut.
Wir wollen uns auf der neuen Technologie nicht ausruhen.Uwe Rückl
Die bisherige Produktionsanlage für Halbleiterkristalle in Japan stößt an ihre Kapazitätsgrenzen, „und wir wollen keine Ein-Standort-Strategie in Japan verfolgen, sondern auch hier in Forchheim in der Lage sein, im industriellen Maßstab Kristalle zu fertigen“, betont Uwe Rückl, der in den Halbleiterkristallen als Detektormaterial „die Technologie der nächsten 20 Jahre“ sieht. „Deswegen haben wir hier die Kompetenzen vor Ort und ein super Team aufgebaut.“
Am Standort Forchheim schätzt Siemens Healthineers die enge Einbindung ins Innovations-Ökosystem. Das Medical Valley ist nur einen kurzen Spaziergang entfernt, die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut ist eng und Talente finden ein gutes Netzwerk vor. Auch die Beziehung zur Verwaltung ist gut, berichtet Uwe Rückl nicht nur in Zusammenhang mit der neuesten Investition in den Standort: „Die Stadt Forchheim hat uns bei der Entwicklung des Standortes sehr unterstützt. Wir sprechen frühzeitig miteinander, wollen hier langfristig etwas aufbauen – so kommt man zu einem guten Verhältnis und einer akzeptablen Planungsgeschwindigkeit. Gleiches gilt auch für unseren Unternehmenssitz in Erlangen.“
Manchmal würde Uwe Rückl sich noch mehr Schnelligkeit wünschen, ist er doch nach sechseinhalb Jahren als Entwicklungsleiter für Siemens in China von dort ein anderes Tempo gewohnt. Die Investition in Forchheim sei jedoch ein gutes Beispiel dafür, dass man auch in Deutschland etwas voranbringen kann, dass Innovationen hierzulande möglich sind – der angespannten Wirtschaftslage und herausfordernden Rahmenbedingungen zum Trotz. „Wir wollen uns auf der neuen Technologie nicht ausruhen“, sagt Uwe Rückl daher auch konsequent, „sondern sie weiter verbessern“. Das Ziel des Unternehmens: Innerhalb der nächsten Dekaden will Siemens Healthineers seine photonenzählenden Computertomographen einer Milliarde Menschen zugänglich machen.
Die Siemens Healthineers AG ist ein börsennotierter Hersteller von Medizintechnik und weltweit einer der größten Anbieter im Gesundheitswesen. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in Erlangen. Im Geschäftsjahr 2023, das am 30. September 2023 endete, hatte Siemens Healthineers rund 71.000 Beschäftigte weltweit und erzielte einen Umsatz von rund 21,7 Milliarden Euro. Am Standort in Forchheim arbeiten rund 4000 Mitarbeitende.
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Bahnhofstraße 25
95444 Bayreuth
Tel.: 0921 886-0
E-Mail: info@bayreuth.ihk.de
Internet: bayreuth.ihk.de
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