Konjunkturbericht Herbst 2024
Kein Ende der Konjunkturflaute in Sicht
Im Herbst trübt sich das Konjunkturklima am Bayerischen Untermain ein, demnach ist in der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Aschaffenburg kein Ende der Konjunkturflaute in Sicht. 29 Prozent der regionalen Unternehmen bewerten die laufenden Geschäfte noch mit gut, 47 Prozent mit befriedigend und 24 Prozent mit schlecht.
- Geschäftslage trübt sich ein
- Industrie und Handel im Stimmungstief
- Auftragsflaute verfestigt sich
- Personalpläne verschlechtern sich
- Ausblick deutet nicht auf Aufschwung hin
Im Branchenvergleich hat die Industrie derzeit die rote Laterne, infolge eines massiven Auftragsmangels fällt die Lageeinschätzung auf einen Tiefpunkt. Die Sorge um die weitere konjunkturelle Entwicklung verunsichert aber auch zunehmend die Verbraucher und lässt das Konsumklima einbrechen, wodurch sich auch die Geschäfte der Händler spürbar verschlechtern. Auch das Baugewerbe ist mit einem sinkenden Auftragsvolumen konfrontiert und so wird der leichte Stimmungsaufschwung des Frühjahrs aktuell wieder zurückgenommen. Hingegen bleiben die Geschäfte im Dienstleistungssektor weitgehend stabil und die Stimmung der Branche bleibt über dem Durchschnitt. Gegen den allgemeinen Abwärtstrend stemmt sich derzeit auch der Tourismussektor, das gesunkene Konsumklima schlägt hier noch nicht so stark zu Buche. Ungeachtet der gestiegenen Kosten sorgt eine leichte Zunahme der Auslastung für eine etwas bessere Lagebewertung der Touristikunternehmen.
„Trotz dieses kleinen Lichtblicks ist in der Gesamtbetrachtung die Auftragsflaute unübersehbar. 52 Prozent der regionalen Unternehmen berichten von einem gesunkenen Auftragsvolumen aus dem Inland und 40 Prozent sind mit einem gesunkenen Auftragsvolumen im Auslandsgeschäft konfrontiert“, so Dr. Andreas Freundt, Hauptgeschäftsführer der IHK Aschaffenburg. Für 35 Prozent der Befragten hemmt die fehlende Nachfrage damit erheblich die eigene Geschäftstätigkeit und bei 30 Prozent ist dies teilweise der Fall. Folglich steht auch mit Blick auf die Geschäftsrisiken die Inlandsnachfrage an erster Stelle der Sorgentreiber, dicht gefolgt von den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und den Energie- und Rohstoffpreisen.
Die Investitionsbereitschaft verbleibt auf sehr niedrigem Niveau. Die Konjunkturflaute kommt zunehmend auch auf dem Arbeitsmarkt an. Die Beschäftigungspläne trüben sich spürbar ein, 22 Prozent der Unternehmen wollen Personal abbauen, mit zusätzlichem Personal planen hingegen nur 10 Prozent der Betriebe. Schlechter waren die Beschäftigungsabsichten zuletzt im Frühjahr 2020 während des ersten Corona-Lockdowns.
„Die Sorge vor dem Fachkräftemangel geht folglich weiter zurück, dennoch verschwindet sie nicht. Die Hälfte der Unternehmen sieht den Fachkräftemangel auch weiterhin als Geschäftsrisiko“, sagt IHK-Konjunkturexperte Andreas Elsner. Dabei erstreckt sich der Arbeitskräftemangel über alle Qualifikationsebenen. 46 Prozent der Unternehmen suchen ohne Erfolg nach Schulabgängern bzw. Azubis, 43 Prozent nach Arbeitskräften mit abgeschlossener dualer Berufsausbildung, 33 Prozent nach ungelernten Arbeitskräften, 32 Prozent nach Fachwirten bzw. Meistern und 23 Prozent nach Hochschulabsolventen. Um dem Mangel entgegenzuwirken, wollen die Unternehmen insbesondere ihre Arbeitgeberattraktivität steigern, Arbeitskräfte aus dem Ausland einstellen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern.
Analog zum Frühjahr ist mit moderaten Preisanstiegen zu rechnen, eine Anhebung der Verkaufspreise wird von einem Drittel der Befragten geplant, hingegen wollen 9 Prozent der Befragten die Preise senken. Der Ausblick trübt sich ein, während 29 Prozent der Unternehmen in den nächsten Monaten mit einer Verschlechterung der Geschäftslage rechnen, hoffen nur 13 Prozent auf eine Verbesserung.
Der Konjunkturklimaindikator, welcher sich aus der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage und der künftigen Geschäftserwartung zusammensetzt, fällt von zuletzt 104,3 Punkten auf aktuell 94 Punkte. An der Umfrage haben sich 234 Unternehmen unterschiedlichster Wirtschaftszweige und Größenordnungen aus der Region Bayerischer Untermain beteiligt.
Die Wirtschaftszweige im Detail
„Deutschland ist aktuell das Schlusslicht im europäischen Vergleich der Wirtschaftsleistung. Das merken wir auch in der Kaufzurückhaltung unserer Endkunden im Erstausrüstungsgeschäft – den Speditionen und Flottenbetreibern. Gleichzeitig ist unser Ersatzteilgeschäft robust und wir stellen sicher, dass die Fahrzeuge unserer Kunden weiter rollen.“
Alexander Geis, Geschäftsführer, SAF-Holland SE, Bessenbach
Alexander Geis, Geschäftsführer, SAF-Holland SE, Bessenbach
Industrie
Die Geschäftslage der regionalen Industriebetriebe bricht ein. Nur noch 20 Prozent der Industrieunternehmen sprechen von einer guten Lage, mit einer schlechten Lage sehen sich hingegen 33 Prozent konfrontiert. Eine schlechtere Einschätzung der aktuellen Geschäftslage gab es in der Industrie am Bayerischen Untermain zuletzt zum Jahresbeginn 2010. Seinerzeit hatte die Industrie noch mit den Nachwirkungen der vorangegangenen weltweiten Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise zu kämpfen. Im Branchenvergleich schneidet die Industrie derzeit am schlechtesten ab und kämpft mit einem massiven Auftragsproblem. 71 Prozent der Betriebe berichten von einem gesunkenen Auftragsvolumen aus dem Inland, das Auftragsvolumen aus dem Ausland ist bei 40 Prozent der Befragten zurückgegangen. Der Auftragsmangel manifestiert sich inzwischen auch in der Kapazitätsauslastung. 42 Prozent der Industrieunternehmen sind nicht mehr ausreichend ausgelastet. Folglich sehen auch 75 Prozent der Unternehmen in der Inlandsnachfrage ein Geschäftsrisiko, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden von 63 Prozent der Befragten als Risiko genannt, gefolgt von den Energie- und Rohstoffpreisen mit 59 Prozent. Die Investitionsbereitschaft verbleibt auf niedrigem Niveau. Bei den Investitionsmotiven gibt es einen spürbaren Anstieg bei Investitionsmaßnahmen in Rationalisierungsmaßnahmen, welche von 37 Prozent der Befragten als Hauptmotiv für Investitionen genannt werden. Die Personalpläne sind in Summe negativ, 10 Prozent der Unternehmen wollen die Beschäftigtenzahlen steigern, gegenteiliges ist bei 22 Prozent der Unternehmen der Fall. Die Geschäftserwartungen trüben sich weiter ein, 11 Prozent hoffen auf eine Verbesserung, mit einer Verschlechterung rechnen 28 Prozent der Unternehmen.
„Unsere Auftragslage war in 2024 außerordentlich gut und wird es voraussichtlich noch bis mindestens Frühjahr 2025 bleiben. Die instabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bieten den Unternehmen jedoch keinerlei Planungssicherheit. Das führt zu Verschiebungen oder gar Streichungen der nötigen Investitionen, was in der Folge die komplette Baubranche betrifft. Hier brauchen wir seitens der Politik einen klaren Fahrplan, um die wichtigen und richtigen Entscheidungen für die Zukunft treffen zu können.“
Alexander Berberich, Geschäftsführer, RUF Gebäudetechnik GmbH, Kleinheubach
Alexander Berberich, Geschäftsführer, RUF Gebäudetechnik GmbH, Kleinheubach
Bau
Im Baugewerbe wird der leichte Stimmungsaufschwung aus dem Frühjahr in der aktuellen Konjunkturumfrage wieder zurückgenommen. 35 Prozent der Unternehmen bewerten die laufenden Geschäfte noch mit gut, 22 Prozent hingegen mit schlecht und 43 Prozent mit befriedigend. Das Volumen der Bauaufträge ist insgesamt zurückgegangen, der Wohnungsbau bleibt auch weiterhin ein großer Sorgentreiber. Ein Drittel der Befragten gab an, dass der Auftragsbestand zur Zeit kleiner als saisonal üblich ist und auch die Kapazitätsauslastung ist bereits etwas zurückgegangen. Die Sorge vor dem Fachkräftemangel geht zwar etwas zurück, bleibt mit 61 Prozent aber noch an erster Stelle, dicht gefolgt von der Sorge um die ungünstigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Inzwischen berichten auch 41 Prozent der Bauunternehmen, dass eine allgemein fehlende Nachfrage die Geschäftstätigkeit erheblich hemmt, bei weiteren 27 Prozent ist dies teilweise der Fall. Die Investitionsbereitschaft ist noch schwächer als in den übrigen Branchen ausgeprägt, bei den Investitionsmotiven werden praktisch ausschließlich Ersatzbeschaffungen genannt. Beim Ausblick auf die nächsten Monate erwarten 5 Prozent eine Verbesserung, 20 Prozent eine Verschlechterung und die Übrigen keine Veränderung. Die Personalpläne verschlechtern sich etwas, 5 Prozent wollen Personal aufbauen, mit sinkenden Beschäftigenzahlen rechnen hingegen 18 Prozent.
Dienstleistungen
Auch in der Herbstumfrage bleibt der Dienstleistungssektor ein Stabilitätsanker. Gegenüber dem Frühjahr ist die Beurteilung der laufenden Geschäfte auch im Herbst nahezu unverändert und die Stimmung ist deutlich positiver als in den übrigen Branchen. 41 Prozent der Dienstleister bewerten die aktuelle Geschäftslage mit gut, 48 Prozent mit befriedigend und nur 11 Prozent mit schlecht. Die Umsätze sind per Saldo zwar leicht zurückgegangen, 87 Prozent waren mit der Auslastung der vergangenen Monate aber noch zufrieden. Die Investitionsbereitschaft verbessert sich leicht, immerhin ein Viertel der Befragten will seine Investitionsbudgets in den kommenden Monaten ausweiten. In der Rangfolge der Investitionsmotive wird nach den üblichen Ersatzinvestitionen an zweiter Stelle von 31 Prozent der Befragten Produktinnovationen genannt, gefolgt von 27 Prozent für Rationalisierungsinvestitionen. Trotz der vergleichsweise guten Lageeinschätzung wird auch im Dienstleistungssektor der Spielraum für Preiserhöhungen geringer und per Saldo wird in den nächsten Monaten auch mit einer etwas geringeren Auslastung gerechnet. Die Geschäftserwartungen gehen gegenüber dem Frühjahr spürbar zurück, sind aber noch optimistischer als im Branchendurchschnitt. 13 Prozent der Dienstleister erwarten eine Verbesserung der Geschäftslage, 19 Prozent eine Verschlechterung und die Übrigen keine Veränderung. Die Beschäftigungspläne sind im Branchenvergleich ebenfalls überdurchschnittlich, 14 Prozent wollen noch Personal aufbauen, gegenteiliges ist bei 18 Prozent der Fall.
„Das Frühjahr 2024 verlief für unser Unternehmen besser als erwartet, jedoch waren Korrekturmaßnahmen erforderlich. Dank der eingeleiteten Schritte konnte die Auslastung im Laufe des Jahres gesteigert werden, während jedoch Steuer- und Abgabenerhöhungen die Ertragssituation belasteten, was zu einer Investitionszurückhaltung führte. Für das Frühjahr 2025 sind unsere Erwartungen verhalten, doch wir möchten unseren Personalstand halten und hoffen seitens der Politik auf faire steuerliche Rahmenbedingungen im Euroraum.“
Peter Schwab, Geschäftsführer, Hotel Lamm Betriebs GmbH, Heimbuchenthal
Peter Schwab, Geschäftsführer, Hotel Lamm Betriebs GmbH, Heimbuchenthal
Tourismus
Im Tourismussektor setzt sich der vorsichtige Erholungskurs aus dem Frühjahr auch in der Herbstumfrage fort. Derzeit bewerten 31 Prozent der Hotel- und Gaststättenbetriebe, sowie der Reisebüros und Reiseveranstalter die aktuelle Geschäftslage mit gut, 22 Prozent bewerten diese hingegen mit schlecht. Gegenüber dem Frühjahr haben sich die Umsätze mit Geschäftsreisenden sowie mit Urlaubsreisenden und Tagestouristen gebessert. Von vollen Häusern kann vielfach zwar noch nicht die Rede sein, dennoch hat sich die Auslastung zuletzt verbessert. Nur noch 5 Prozent der Umfrageteilnehmer bewerten ihre Auslastung als nicht ausreichend, im Frühjahr war dies noch bei 44 Prozent der Fall. Größter Risikofaktor sind für drei Viertel der Befragten unverändert die Energie- und Rohstoffpreise, über die Hälfte der Betriebe nennt auch die Arbeitskosten, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sowie den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko. Der Kostendruck bringt auch die Preisspirale wieder in Gang. 58 Prozent der Betriebe planen mit höheren Verkaufspreisen, während im Frühjahr noch mit einem stabilen Preisniveau gerechnet wurde. Die Investitionsbereitschaft verbleibt unverändert auf niedrigem Niveau, allerdings macht sich der Kostendruck auch bei den Investitionsmotiven bemerkbar. 36 Prozent der Befragten wollen verstärkt Rationalisierungsinvestitionen tätigen. Der Ausblick auf die kommenden Monate ist erneut etwas weniger pessimistisch als zuletzt, 22 Prozent erwarten eine Verbesserung, 28 Prozent eine Verschlechterung. Die Personalpläne bleiben negativ, mit einer steigenden Beschäftigtenzahl rechnen 13 Prozent der Betriebe, mit einem Rückgang 21 Prozent.
Handel
Das schlechte konjunkturelle Umfeld kommt zunehmend bei den Verbrauchern an, die Zukunftsängste steigen und bremsen das Konsumverhalten kräftig. 42 Prozent der regionalen Händler berichten, dass ausbleibende Kunden die Geschäftstätigkeit bereits erheblich hemmen, 29 Prozent sehen sich dadurch teilweise beeinträchtigt. In der Folge bricht auch die Stimmung der Händler ein und fällt auf ein Niveau, das zuletzt auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie unterschritten wurde. 20 Prozent der Händler bewerten die laufenden Geschäfte mit gut, 48 Prozent mit befriedigend und 32 Prozent mit schlecht. Schlechter wurden die laufenden Geschäfte zuletzt nur im Frühjahr 2020 unmittelbar nach dem ersten Corona-Lockdown bewertet. Mit Abstand größter Sorgentreiber ist für drei Viertel der Händler folglich die Inlandsnachfrage. Dabei blicken der Großhandel und die Handelsvermittlung noch pessimistischer auf die aktuelle Lage als der Einzelhandel. Die Investitionsbereitschaft fällt auf einen Tiefpunkt. Die Personalpläne sind schlechter als in den übrigen Branchen, 4 Prozent wollen die Beschäftigtenzahlen steigern und 28 Prozent rechnen mit sinkenden Zahlen. Der Ausblick ist ebenfalls nicht von Optimismus geprägt, 46 Prozent erwarten eine weitere Verschlechterung der Geschäftslage, hingegen erwarten nur 10 Prozent eine Verbesserung in den nächsten Monaten.