Brücken im Rheinland

Risikofaktor Brücken: Mehr Tempo bei Planung, Sanierung und Bau

Vertreter der IHK-Initiative Rheinland haben am Mittwochnachmittag eine Studie über den Zustand der Brücken im Rheinland vorgestellt. Das Fazit ist alarmierend: Der Zustand der Brücken ist derart kritisch, dass dem Wirtschaftsstandort Rheinland eine Deindustrialisierung droht. Die Studie ist in Zusammenarbeit mit dem Institut für Straßenwesen (ISAC) der RWTH Aachen entstanden und wertet die verfügbaren Daten der Brücken von Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen aus.
“Die jetzt akuten Probleme der A544 in Aachen sind sehenden Auges über Jahre nicht gelöst worden“, sagt Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Aachen: “Leider steht die Haarbachtalbrücke damit stellvertretend für viele weitere marode Brückenbauwerke im Rheinland, die wegen mangelnder Tragfähigkeit früher oder später aus dem Verkehr gezogen werden müssen.“ Die Haarbachtalbrücke ist Teil eines systemrelevanten Autobahnstücks, über das täglich rund 50.000 Fahrzeuge in die Aachener Innenstadt fahren. Sie wird spätestens Anfang 2024 für 22 Monate gesperrt. Besonders bitter ist das für Unternehmen in der Region, für die eine mangelnde Erreichbarkeit existenzbedrohend sein kann. “Leistungsfähige Brücken sind nicht nur die Grundvoraussetzung für effiziente Mobilität. Ohne funktionsfähige Infrastruktur meistern wir den Strukturwandel im Rheinischen Revier nicht“, betont Bayer.
Die Studie liefert wertvolle Hinweise wie Planung und Bau von Brücken optimiert werden können, zum Beispiel durch kürzere Planungsprozesse. Zusätzlich sorgen laut IHK-Initiative Rheinland starre, lange Verfahren sowie fehlende Personalkapazitäten für Verzögerungen von Instandhaltungsmaßnahmen, die sich sowohl auf die für die Wirtschaft relevanten Lkw-Verkehre als auch auf Pendlerinnen und Pendler negativ auswirken. Die daraus resultierenden unternehmerischen und volkswirtschaftlichen Kosten und Umweltschäden gelte es zu vermeiden, um die Zukunftsfähigkeit der Region langfristig erhalten zu können.
“Wir brauchen endlich einen Paradigmenwechsel bei Planung und Bau von Verkehrsprojekten im Sinne eines Aufbruchs hin zu mehr Schnelligkeit und Effizienz. Es wäre beispielsweise schon ein Fortschritt, wenn Bedenken zur Umweltverträglichkeit nur dann vor Gericht behandelt werden, wenn sie bereits im Planverfahren vorgebracht wurden. Der Preis, den die Region für die komplexen Genehmigungs- und Planungsverfahren zahlt, ist eindeutig zu hoch“, macht Bayer deutlich.

Maßnahmen zur Standardisierung und Beschleunigung

Die Empfehlungen der IHKs beinhalten Maßnahmen, mit denen Prozesse standardisiert und beschleunigt werden können. Digitale Potenziale sollten so ausgeschöpft werden, dass sich mit ihnen standardisierte Verfahren umsetzen lassen und Daten in einheitlicher Form und jederzeit für alle Verfahrensbeteiligten zugänglich sind. Zudem sei das kritische Prüfen von Fristen wichtig, um Planungen zu beschleunigen. Die IHK-Initiative plädiert deshalb für die Einführung einer verwaltungsinternen Termin- und Projektsteuerung, die insbesondere klare Bearbeitungsfristen festschreibt.

Personelle Voraussetzungen schaffen

Die Initiative Rheinland adressiert auch das Thema des Fachkräftemangels im Planungsbereich. Vielerorts fehle es an qualifizierten Fachplanerinnen und Fachplanern, so dass freie Stellen oftmals für längere Zeit unbesetzt blieben. “Wir müssen das Berufsfeld für Bauingenieurinnen und Bauingenieure in der Infrastrukturplanung stärker bewerben“, fordert Bayer. Eine Kontinuität in der Belegschaft sei eine weitere Grundvoraussetzung für flüssige Verfahren. Von der Politik wünsche man sich außerdem ein starkes Commitment, beispielsweise durch ein Sondervermögen Rheinbrücken.
Über die Studie:
Die Studie ist in Zusammenarbeit mit dem Institut für Straßenwesen (ISAC) der RWTH Aachen entstanden. Im Ergebnis werden 663 Brücken im Rheinland dem Traglastindex IV und 343 Brücken dem Traglastindex V zugeordnet (Stand 202). Der Index bewertet in einem Soll-Ist-Vergleich die baulichen Eigenschaften einer Brücke, die maßgeblichen Einfluss auf ihre Leistungsfähigkeit und Lebensdauer haben. Die Abstufung geht von I (sehr gut) bis Stufe V (sehr schlecht). Index V bedeutet, bei den Brücken besteht akut erheblicher Instandhaltungsbedarf.
IHK-Initiative Rheinland GbR:
In Auftrag gegeben wurde die Studie von der IHK-Initiative Rheinland GbR, deren Ziel die Weiterentwicklung des Rheinlands zu einem der attraktivsten Standorte Europas ist. Die Initiative ist ein Bündnis der sieben Industrie- und Handelskammern Aachen, Bergische Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid, Bonn/Rhein-Sieg, Düsseldorf, Köln, Mittlerer Niederrhein und Niederrheinische IHK Duisburg.
IHK-Presseinformation vom 17. Mai 2023