Rechtsinformation
GmbH-Geschäftsführer: Pflichten und Haftungsrisiken
Im Innenverhältnis obliegt der Geschäftsführung die Leitung der Gesellschaft. Damit verbunden ist die treuhänderische Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen und die Sorge für einen reibungslosen, effizienten und gewinnorientierten Betriebsablauf. Hierbei hat die Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. Grundsätzlich ist die Geschäftsführungsbefugnis für gewöhnliche Rechtsgeschäfte umfassend, kann aber durch Satzung, Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung und Beschlüsse des Aufsichtsrats bzw. Beirates –sofern ein solcher durch Satzung oder Gesetz vorgeschrieben ist- beschränkt werden (§ 37 I GmbHG). Weiterhin ist die Geschäftsführung für die Vertretung nach außen verantwortlich (§ 35 I GmbH-Gesetz (GmbHG)). Gegenüber Dritten ist die Vertretungsmacht der Geschäftsführung inhaltlich unbeschränkt (§ 37 II Satz 1 GmbHG). Besteht Gesamtvertretung, steht der Geschäftsführung, anders als bei der Einzelvertretung, die Vertretungsbefugnis nur zusammen mit anderen, wie zum Beispiel einem weiteren Geschäftsführer oder Prokuristen, zu.
Die Bestellung zum Geschäftsführer erfolgt durch körperschaftlichen Organisationsakt und ist jederzeit widerruflich. Davon unabhängig wird zwischen GmbH und Geschäftsführung ein nach Schuldrecht zu beurteilender Dienstvertrag geschlossen. Dort oder in der Satzung kann die Haftung der Geschäftsführung gegenüber der Gesellschaft auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden, nicht jedoch gegenüber Gläubigern. Verletzt ein Geschäftsführer seine Pflichten, so haftet er der Gesellschaft gegenüber, gegebenenfalls gesamtschuldnerisch mit seinen Mitgeschäftsführern für den entstandenen Schaden (§ 43 II GmbHG).
Vertrauenshaftung
Aus der besonderen Vertrauensstellung der Geschäftsführung kann eine Haftung nach § 43 I, II GmbHG gegenüber der Gesellschaft entstehen. Diese verpflichtet zum Schadensersatz insbesondere in Fällen von Spekulationsgeschäften seitens der Geschäftsführung, etwa wenn hierbei die bewusst eingegangenen Risiken in keiner vernünftigen Relation zur Eigenkapitalausstattung stehen. Die Grenze des erlaubten Risikos ist dabei regelmäßig dann überschritten, wenn der Bestand des Unternehmens durch riskante Geschäfte gefährdet und “alles auf eine Karte” gesetzt wird. Es besteht eine Informationspflicht gegenüber Mitgeschäftsführern und unter gesteigerten Voraussetzungen gegenüber den Gesellschaftern. Die Vertrauensstellung gebietet die Geschäfte uneigennützig zu führen, nicht zur privaten Bereicherung zu missbrauchen, als auch nicht unmittelbar in Wettbewerb mit der GmbH zu treten.
Haftung bei der Vertretung der GmbH
Eine persönliche Haftung kommt in Betracht, wenn die das Handelsregister eingetragene Vertretungsbeschränkung überschritten wird. Zudem ist eine Haftung möglich, wenn unzureichend kenntlich gemacht wird, dass die Geschäftsführung für eine GmbH handelt oder er selbst als Vertragspartner auftritt.
Haftung im Bereich Steuern/Buchführung
Eine der wichtigen Aufgaben der Geschäftsführung ist die ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung gemäß §§ 41 fortfolgende GmbHG. Auch einem Steuerberater darf die Geschäftsführung nicht blind vertrauen.
Bei Pflichtverletzung kommt eine persönliche Haftung nach § 43 II GmbHG gegenüber der Gesellschaft beziehungsweise nach § 826 BGB gegenüber den Gläubigern in Betracht.
Die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht umfasst unter anderem die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes nach § 264 I 1 und 2 Handelsgesetzbuch (HGB) in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres.
Ist eine entsprechende Pflichtverletzung Ursache für eine nicht rechtzeitige oder nicht vollständige Steuerentrichtung, kann dies ebenfalls eine Haftung nach § 69 Abgabenordnung (AO) zur Folge haben. Strafrechtliche Konsequenzen sind gemäß § 283 b Strafgesetzbuch (StGB) möglich.
Zudem übernimmt die Geschäftsführung einer GmbH die Aufgaben eines Arbeitgebers. In dieser Funktion hat die Geschäftsführung insbesondere dafür zu sorgen, dass die monatlichen Lohnsteuervoranmeldungen abgegeben werden sowie die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird (§§ 38 III, Satz 1, 41 a I und II, Einkommensteuergesetz (EstG)). Die Pflicht zur Voranmeldung und Abführung gilt auch für die Umsatzsteuer (§§ 16 fortfolgende Umsatzsteuergesetz (UstG)). Werden diese Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, drohen sowohl eine persönliche Haftung nach §§ 69 fortfolgende AO als auch strafrechtliche Konsequenzen nach § 370 I AO oder § 378 I AO.
Pflichten und Haftung im Sozialversicherungsrecht
Die Geschäftsführung der GmbH hat dafür zu sorgen, dass die GmbH ihren Pflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern nachkommt. Die bei der GmbH beschäftigten Arbeitnehmer sind bei dem Krankenversicherungsträger – wie zum Beispiel AOK – anzumelden (§ 28 a Sozialgesetzbuch (SGB) IV). Im Folgenden sind die einbehaltenen Beiträge zur Krankenversicherung, zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung bei der Krankenkasse einzuzahlen, die von dieser weitergeleitet werden. Die Geschäftsführung haftet für einbehaltene und nicht abgeführte Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge deliktisch und strafrechtlich nach § 823 II BGB in Verbindung mit § 266 a StGB.
Werden Mitarbeiter beschäftigt, sind diese bei der zuständigen Berufsgenossenschaft, dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, anzumelden und deren Entgelte nachzuweisen (§§ 165, 166 SGB VII). Die Geschäftsführung ist für die Abführung der Beiträge an die Berufsgenossenschaft verantwortlich.
Aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für seine Arbeitnehmer heraus ist die Geschäftsführung verpflichtet umfangreiche Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen am Arbeitsplatz zu treffen (§§ 618 BGB, 62 HGB, 21 I SGB VII, 104 I, III SGB VII). Bei einem Verstoß gegen einzelne Unfallverhütungsvorschriften kommt eine Geldbuße nach § 209 SGB VII in Betracht.
Haftung in der Insolvenz
Im Falle eines Insolvenzgrundes (Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit) hat die Geschäftsführung die Verpflichtung, fristgerecht Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen (§ 43 II GmbHG in Verbindung mit § 15a I Insolvenzordnung (InsO)). Wird die rechtzeitige Anmeldung der Insolvenz unterlassen, drohen strafrechtliche Konsequenzen nach § 15 a InsO. Tätigt die Geschäftsführung nach Insolvenzreife des Unternehmens weiterhin Zahlungen, so haftet sie der Gesellschaft für diese Zahlungen persönlich nach 15b InsO. Das gleiche gilt für Zahlungen an die Gesellschafter, wenn dadurch die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eintritt (§ 15b InsO). Werden trotz Insolvenzreife weiterhin Geschäfte mit Dritten abgeschlossen, die nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers entsprechen, so kommt eine persönliche Haftung nach § 823 II BGB, sowie eine strafrechtliche Haftung nach §§ 263, 264 a StGB in Betracht. Darüber hinaus ist ein Verstoß gegen die Betrugs- und Insolvenzstraftatbestände möglich (§§ 263 fortfolgende beziehungsweise §§ 283-283 d, 14 StGB).
Weitere Haftungstatbestände
Weitere Haftungsrisiken ergeben sich aus § 43 III GmbHG. Danach haftet die Geschäftsführung persönlich bei Auszahlungen an die Gesellschafter, welche das Stammkapital der Gesellschaft angreifen (§§ 43 III in Verbindung mit § 30 GmbHG). Eine Ausnahme besteht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages erfolgen, oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen die Gesellschafter gedeckt sind, oder bei Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Eine Haftung entsteht nach § 43 III GmbHG in Verbindung mit § 33 GmbHG bei der Mitwirkung der Geschäftsführung beim Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft. Nach § 49 III in Verbindung mit § 43 II GmbHG wird gehaftet bei unterlassener Einberufung der Gesellschafterversammlung im Falle des Verlusts der Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft. Außerdem darf die Geschäftsführung in öffentlichen Mitteilungen die Vermögenslage der GmbH nicht unwahr darstellen oder verschleiern (§ 82 II Nummer 2 GmbHG).
Bei der Führung eines Betriebes ist eine Haftung aus unerlaubter Handlung nach §§ 823 I, 823 II BGB in Verbindung mit §§ 266, 266a, 263 StGB, 826 BGB unter anderem bei der Nichtbeachtung von Eigentumsvorbehalten oder dem Versäumnis, fehlerhafte Produkte rechtzeitig aus dem Verkehr zu nehmen, möglich.
Nach § 40 I 1 Satz 1 GmbHG ist die Geschäftsführung verpflichtet, jede Änderung in der Person der Gesellschafter, zum Beispiel Adresswechsel, oder des Umfangs ihrer Beteiligung unverzüglich dem Handelsregister mitzuteilen durch Übersendung einer neuen vollständigen und von ihnen unterschriebenen Gesellschafterliste. Kommt die Geschäftsführung ihrer Verpflichtung nicht nach, haftet sie den Gläubigern der Gesellschaft für den daraus entstandenen Schaden, gegebenenfalls gesamtschuldnerisch (§ 40 III GmbH-Gesetz).
Wenn die Gesellschaft Werbemaßnahmen durchführt, die einen Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften begründen (etwa gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb), kann neben der Haftung der Gesellschaft auch eine persönliche Haftung der GmbH-Geschäftsführung in Betracht kommen.
Gleiches gilt bei einem Verstoß der Geschäftsführung gegen ihre Sachwalterpflichten, indem er etwa fremde sicherungsübereignete Ware oder unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Ware, ohne dazu berechtigt zu sein, weiterveräußert. Er macht sich dadurch dem Eigentümer gegenüber zivilrechtlich schadensersatzpflichtig. Im Übrigen drohen bei Verwirklichung des Tatbestands der Unterschlagung nach § 246 StGB auch strafrechtliche Konsequenzen.
D&O-Versicherung
Aufgrund der zahlreichen Haftungsrisiken für die GmbH-Geschäftsführung empfiehlt es sich unbedingt eine D&O-Versicherung (directors and officers liability insurance) abzuschließen.
ACHTUNG! Fehlende rechtliche Kenntnisse wirken nicht haftungsbefreiend. Ebenfalls verbleibt bei der Delegation der Aufgaben an nachgeordnete Angestellte eine Überprüfungspflicht der Geschäftsführung.
Stand: Juli 2023
Haftung
Diese Kurzinformation soll – als Service Ihrer Kammer – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl diese Kurzinformation mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann keine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit übernommen werden.
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