Taiwan

Taiwanisches Recht

Geschichtspolitik

Taiwan befindet sich in einer ungewöhnlichen völkerrechtlichen Situation. Daraus ergeben sich einige rechtliche Besonderheiten, die im internationalen Kontext beachtet werden müssen.
Nach dem chinesischen Bürgerkrieg beharrten sowohl die Kommunistische Partei auf dem Festland, als auch die Kuomintang auf Taiwan, darauf, dass es nur ein China gebe. Gleichzeitig etablierten sie unterschiedliche politische Systeme auf dem Festland und Taiwan.
Durch den "Konsens von 1992“ etablierte sich das Verständnis, dass es nur ein China gibt (bestehend aus dem Festland und Taiwan), dieses China aber unter zwei politischen Systemen existiert.
Seit dem Jahr 2008 wurden über 20 Abkommen, wie zur Vermeidung von Doppelbesteuerung (DBA), zur Zollreduktion (Economic Cooperation Framework Agreement - ECFA) und zu Dienstleistungen abgeschlossen. Die meisten Staaten erkennen nur die Volksrepublik auf dem Festland als Vertretung für ganz China an.
Daher unterhält Taiwan nur mit rund 13 Staaten offizielle Beziehungen. Diese Staaten sind:
  • Vatikanstadt (1942)
  • Haiti (1956)
  • Paraguay (1957)
  • Guatemala (1960)
  • Honduras (1965)
  • Eswatini (1968)
  • Tuvalu (1979)
  • St. Vincent und die Grenadinen (1981)
  • St. Kitts und Nevis (1983)
  • Belize (1989)
  • Marshallinseln (1998)
  • Palau (1999)
  • St. Lucia (1984–1997, 2007)
Darüber hinaus hat Taiwan ein Freihandelsabkommen mit Singapur und Neuseeland abgeschlossen und ist ein Mitglied der Asia Pacific Economic Corporation (APEC) und der Asian Development Bank.
In 2022 trat Taiwan der Welthandelsorganisation bei, unter der Bezeichnung "Separate Customs Territory of Taiwan, Penghu, Kinmen and Matsu (Chinese Taipei)". Da die Teilnahme Taiwans durch die ungewöhnliche völkerrechtliche Situation in vielen anderen Bereichen verwehrt ist, werden diese Nachteile oft anders ausgeglichen. Zum Beispiel werden oft analog zu den multilateralen Vereinbarungen Gesetze geschaffen, welche internationale rechtliche Rahmenbedingungen als lokale Normen spiegeln und umsetzen. Beispiele umfassen die Verpflichtungen zur CO2-Reduktion und das internationale Schiedsgerichtsverfahren.
Taiwan ist eine Präsidialdemokratie unter einem semipräsidentiellen Regierungssystem. Nach der Aufhebung des Kriegsrechtes und dem Ende des Ausnahmezustandes im Jahr 1987 erfolgten die ersten freien Wahlen im Jahr 1992 und seitdem haben mehrere Regierungswechsel stattgefunden. Präsidentschaftswahlen sowie auch Parlamentswahlen (Legislativ-Yuan) fanden zuletzt am 13. Januar 2024 statt.
Es gibt einen historisch bedingten Einfluss des deutschen auf das chinesische Recht. Sowohl das Handelsgesetzbuch (HGB), als auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) wurden noch während der späten Qing-Dynastie zurate gezogen und auch 1911 mit Gründung der Republik China verlor dies nicht an Wichtigkeit. Durch die Rückgabe Taiwans von den Japanern an die Republik China nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden diese Rechtseinflüsse auch dort durch die Nationalchinesische Partei etabliert.
Auch zuvor hatte während der japanischen Kolonialzeit schon ein Einfluss aus dem Recht des Deutschen Reiches geherrscht, da auch das japanische Kaiserreich viele Teile davon übernommen hatte. Heute sind fast alle taiwanischen Gesetzestexte auch auf Englisch verfügbar.

Immobilienrecht

Grundprinzip: Gegenseitigkeit

Dies bedeutet: Sofern taiwanische Staatsbürger in einem Land Immobilien erwerben dürfen, dann dürfen auch die Staatsbürger dieses Landes Immobilien oder Grundeigentum in Taiwan erwerben. Dementsprechend ist es deutschen erlaubt, Immobilien in Taiwan zu kaufen.
Einschränkungen: Der Kauf darf nicht zur Gewinnerzielung erfolgen und muss beim Wirtschaftsministerium angezeigt werden.

Arbeitsrecht

Labor Standards Act (LSA): Kernpunkte

  • Regelung von (arbeitgeberfreundlichen) Mindeststandards
  • Festlegung einer Fünf-Tage-Woche
  • Ein flexibler und ein fester Ruhetag pro Arbeitswoche
  • Arbeitswoche zu 40 Arbeitsstunden
  • Arbeitstage zu 8 Stunden
  • Überstunden dürfen inklusive Regelarbeitszeit maximal 12 Stunden pro Tag betragen
  • Pro Monat sollen nicht mehr als 46 Überstunden anfallen

Act for the Recruitment and Employment of Foreign Professionals: Kernpunkte

  • Ziel: Steigerung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit (Artikel 1)
  • Arbeitserlaubnis: Nicht mehr nötig für ausländische Fachkräfte mit einem Permanent-Resident-Status (Artikel 7)
  • Dauerhafte Ansässigkeit: kann von ausländischen Fachkräften (foreign professionals) beantragt werden, sofern diese in 5 aufeinander folgenden Jahren durchschnittlich mindestens 183 Tage pro Jahr in Taiwan verbracht haben, sowie einige weitere Voraussetzungen erfüllen (Artikel 14).

Minimum Wage Act (MWA): Kernpunkte

Taiwan verfügt seit 1. Januar 2024 über ein eigenes Mindestlohngesetz. Seitens des Arbeitsministeriums die neuen Mindestlöhne für das Jahr 2024:
  • seit 1. Januar 2024 mindestens 183 Neue Taiwan-Dollar (NT$) pro Stunde (entspricht ca. 5,30 Euro)
  • 27.470 NT$ (ca. 800 Euro) im Monat.

Civil Code Taiwan (CCT)

  • Orientierung am deutschen BGB
  • Unterteilung in 5 Bücher: Allgemeiner Teil, Schuld-, Sachen- sowie Familien- und Erbrecht
Von besonderem Interesse für internationale Geschäftskontakte ist das taiwanische Kaufrecht:
  • Dessen Rechtsgrundlage sind die Artikel 345 ff. CCT.
  • Die Gewährleistungsregelungen sind dabei weitgehend an die Vorschriften des BGB angelehnt.
Kurz zusammengefasst: Der Verkäufer haftet dafür, dass die von ihm verkaufte Ware frei von Rechten Dritter (Artikel 349 CCT) und von mittlerer Qualität und Güte ist (vergleiche Artikel 354 CCT). Bei Mangelhaftigkeit der Ware können dem Käufer, ähnlich wie in Deutschland, die folgenden Rechte zustehen:
  • Minderung (Artikel 359 CCT),
  • Schadensersatz (Artikel 360 CCT),
  • Vertragsauflösung beziehungsweise Rücktritt (Artikel 362 CCT) und
  • Nacherfüllung (Artikel 364 CCT).
Sofern Mängel vorsätzlich durch den Verkäufer verschwiegen wurden, wird eine Vereinbarung zur Ausschließung der Haftung des Verkäufers für Rechts- oder Sachmängel nichtig (Artikel 366 CCT).
Die Herstellergarantie ist auch im taiwanischen Recht bekannt.