Höhere Berufsbildung

Besondere Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zur "Strahlenschutzfachkraft“

Die Industrie- und Handelskammer Aachen erlässt aufgrund des Beschlusses des Berufsbildungsausschusses vom 30. Juni 2011 als zuständige Stelle nach § 54 in Verbindung mit § 79 Abs. 4 Berufsbildungsgesetz (BBiG) vom 23. März 2005 (BGBl. I, Seite 931), zuletzt geändert durch Artikel 15 Absatz 90 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I, Seite 160), folgende besondere Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zur Strahlenschutzfachkraft.

§ 1 Ziel der Prüfung und Bezeichnung des Abschlusses

(1) Zum Nachweis von Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen, die durch die berufliche Fortbildung zur Strahlenschutzfachkraft erworben worden sind, führt die Industrie- und Handelskammer Aachen Prüfungen nach den §§ 2 bis 8 durch.
(2) Durch die Prüfung ist festzustellen, ob der Prüfungsteilnehmer die notwendigen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen sowie die persönliche und fachliche Überzeugungsfähigkeit besitzt, folgende Aufgaben einer Strahlenschutzfachkraft im Strahlenschutz von kerntechnischen Anlagen wahrzunehmen:
  1. Überwachung der Einhaltung und Durchführung der gesetzlichen Strahlenschutzvorschriften und der betrieblichen Strahlenschutzanweisungen.
  2. Einleitung und Durchführung der festgelegten Strahlenschutzmaßnahmen beim Arbeits- und Verfahrensablauf, Überwachung der Einhaltung der Strahlenschutzmaßnahmen.
  3. Mitwirkung bei der Detailfestlegung und evtl. Änderung der Arbeitsabläufe vor Ort.
  4. Überprüfung der Betriebs- und Einsatzbereitschaft der Arbeitsmittel für den Strahlenschutz.
  5. Zusammenarbeit mit dem zu überwachenden Personal.
  6. Mitwirkung bei der Unterrichtung des Personenkreises, der in Strahlenschutzbereichen Arbeiten durchführt.
(3) Die erfolgreich abgelegte Prüfung führt zum anerkannten Abschluss “Strahlenschutzfachkraft“.

§ 2 Zulassungsvoraussetzungen

(1) Zur Prüfung “Strahlenschutzfachkraft“ ist zuzulassen, wer
  1. eine mit Erfolg abgelegte Abschlussprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf und danach eine weitere mindestens zweijährige Berufspraxis, von der mindestens ein Jahr als einschlägige Tätigkeit im Strahlenschutz in kerntechnischen Anlagen abgeleistet worden sein muss, oder
  2. eine mindestens fünfjährige Berufspraxis, von der mindestens ein Jahr als einschlägige Tätigkeit im Strahlenschutz in kerntechnischen Anlagen abgeleistet worden sein muss, nachweist.
(2) Zur Prüfung als Strahlenschutzfachkraft kann auch zugelassen werden, wer durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft macht, dass er Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erworben hat, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen.

§ 3 Gliederung und Durchführung der Prüfung

(1) Die Prüfung gliedert sich in folgende Prüfungsbereiche:
  1. Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen des praktischen Strahlenschutzes
  2. Kerntechnik
  3. Strahlenschutzbestimmungen
  4. Messtechnik im Strahlenschutz
  5. Grundlagen des praktischen Strahlenschutzes
  6. Arbeitssicherheit
  7. Praktischer Strahlenschutz
(2) Die Prüfung wird schriftlich, mündlich und in Form einer praktischen Übung durchgeführt.
(3) Die Prüfung in den Bereichen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 5 ist schriftlich durchzuführen.
(4) Die Bearbeitungsdauer für die schriftlichen Aufgabenstellungen soll in den Prüfungsbereichen “Kerntechnik“, “Strahlenschutzbestimmungen“ und „Messtechnik im Strahlenschutz“ in der Regel je 45 Minuten, im Prüfungsbereich „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen des praktischen Strahlenschutzes“ in der Regel 60 Minuten und im Prüfungsbereich “Grundlagen des praktischen Strahlenschutzes“ in der Regel 90 Minuten betragen.
(5) Wurden in nicht mehr als zwei schriftlichen Prüfungsbereichen mangelhafte Leistungen erbracht, ist darin eine mündliche Ergänzungsprüfung anzubieten. Bei einer oder mehreren ungenügenden Leistungen besteht diese Möglichkeit nicht. Die Ergänzungsprüfung soll in der Regel nicht länger als 10 Minuten pro Prüfungsbereich dauern. Die Bewertung der schriftlichen und der mündlichen Prüfungsleistung wird zu einer Note zusammengefasst. Dabei werden die Bewertungen der schriftlichen und der mündlichen Prüfungsleistungen gleich gewichtet.
(6) Die Prüfung im Prüfungsbereich nach Absatz 1 Nr. 6 ist mündlich durchzuführen. Die mündliche Prüfung wird in Form eines freien Prüfungsgespräches durchgeführt. Sie soll in der Regel nicht länger als 20 Minuten dauern.
(7) Die Prüfung im Prüfungsbereich nach Absatz 1 Nr. 7 ist praktisch durchzuführen. Die Prüfungsdauer beträgt 30 Minuten. Dem Prüfungsteilnehmer ist eine Vorbereitungszeit von in der Regel 10 Minuten einzuräumen.

§ 4 Inhalt der Prüfung

(1) Im Prüfungsbereich “Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen des praktischen Strahlenschutzes“ soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, grundlegende mathematische Formeln und Begriffe anwenden zu können und Zusammenhänge und ihre Bedeutung für die betriebliche Praxis im Strahlenschutz zu kennen. In diesem Rahmen können geprüft werden:
1.1 Mathematische Grundlagen
1.2 Naturwissenschaftliche Grundlagen
1.2.1) Physikalische Grundlagen
1.2.2) Chemische Grundlagen
1.2.3) Atomphysikalische Grundlagen
1.2.4) Wechselwirkung zwischen Strahlung und Materie
1.2.5) Dosimetrie
1.2.6) Biologische Wirkung der Strahlung
1.2.7) Abschirmung
1.3 Reaktorphysikalische Grundlagen
(2) Im Prüfungsbereich “Kerntechnik“ soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, Aufbau und Funktion der Kernreaktoren, deren Stilllegung und Rückbau und die damit zusammenhängenden Fragen der Reaktorsicherheit zu beschreiben. Die grundlegenden Schritte des Brennstoffkreislaufs und die Entsorgung radioaktiver Stoffe müssen verstanden werden.
In diesem Rahmen können geprüft werden:
2.1 Kernreaktoren
2.2 Brennstoffkreislauf
2.3 Entsorgung radioaktiver Stoffe
2.4 Stilllegung und Rückbau
(3) Im Prüfungsbereich “Strahlenschutzbestimmungen“ soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, grundlegende gesetzliche Vorschriften wiedergeben zu können und auf das Themengebiet des praktischen Strahlenschutzes anwenden und umsetzen zu können.
In diesem Rahmen können geprüft werden:
3.1 Inhalte des Atomgesetzes und der Strahlenschutzverordnung
3.2 Sonstige Regelungen zum Strahlenschutz
(4) Im Prüfungsbereich “Messtechnik im Strahlenschutz“ soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, Messgeräte und Messverfahren im praktischen Strahlenschutz zu beherrschen. Insbesondere müssen die Grundlagen der Messtechnik ionisierender Strahlung, die Wirkungsweise, der Aufbau und die Handhabung der gängigsten Messgeräte verstanden sein.
In diesem Rahmen können geprüft werden:
4.1 Messprinzipien, Wechselwirkung
4.2 Strahlendetektoren
4.3 Messverfahren
4.4 Strahlenmessinstrumente
4.5 Bewertung von Messergebnissen
4.6 Eichung und Kalibrierung
4.7 Spektrometrie
(5) Im Prüfungsbereich “Grundlagen des praktischen Strahlenschutzes“ soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, sämtliche Aufgaben der Strahlenschutzüberwachung in Strahlenschutzbereichen zu kennen. Insbesondere müssen ausführliche Kenntnisse über Strahlenschutzmaßnahmen und -techniken, die in der Praxis zum Schutz von Personal, Sachgütern und der Umwelt eingesetzt werden, vorhanden sein.
In diesem Rahmen können geprüft werden:
5.1 Strahlenschutzbereiche
5.2 Personendosimetrie
5.3 Schutzmaßnahmen gegen äußere Bestrahlung
5.4 Schutzmaßnahmen gegen Kontamination
5.5 Schutzmaßnahmen gegen Inkorporation
5.6 Dekontamination
5.7 Radioaktive Abfälle
5.8 Materialabgabe aus Strahlenschutzbereichen
5.9 Strahlenschutzplanung
5.10 Strahlenschutzgerechtes Verhalten
(6) Im Prüfungsbereich “Arbeitssicherheit“ sollen die Kenntnis der einschlägigen Vorschriften sowie die Fähigkeit, Unfallgefahren zu erkennen und notwendige Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen oder einzuleiten, nachgewiesen werden.
In diesem Zusammenhang können geprüft werden:
6.1 Arbeitsschutzvorschriften und allgemeine Arbeitsschutzbestimmungen
6.2 Institutionen
6.3 Vorsorge und Maßnahmen
6.4 Kennzeichnung
6.5 Erkennen von Unfallgefahren
6.6 Verhalten bei Unfällen
(7) Im Prüfungsbereich “Praktischer Strahlenschutz“ soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, Aufgabenstellungen der Arbeitsplatzüberwachung in Strahlenschutzbereichen und deren Abläufe praktisch durchzuführen.
In diesem Zusammenhang können geprüft werden:
7.1 Anforderungsgerechter Einsatz von Strahlenschutzmessgeräten
7.2 Festlegen und Durchführen von Personenschutzmaßnahmen, Formulieren von Kriterien zur Überwachung
7.3 Raum- und Anlagenüberwachung
7.4 Erstellen von Planungsunterlagen zur Vorbereitung von Tätigkeiten in Strahlenschutzbereichen
7.5 Durchführung der Strahlenschutzüberwachung am Arbeitsplatz
7.6 Messungen zur Abgabe radioaktiver Stoffe und Bewerten der Ergebnisse zum Abtransport aus Strahlenschutzbereichen
7.7 Durchführen und Bewerten von Entscheidungsmessungen für die Materialausgabe aus Strahlenschutzbereichen zur weiteren nicht überwachungspflichtigen Verwendung
7.8 Abschließende Dokumentation aller Ergebnisse, Entscheidungen und angeordneter Maßnahmen mit Erläuterung vor dem Prüfungsausschuss

§ 5 Bestehen der Prüfung

(1) Die Prüfung ist insgesamt bestanden, wenn der Prüfungsteilnehmer in allen Prüfungsbereichen mindestens ausreichende Leistungen erbracht hat.
(2) Über das Bestehen der Prüfung ist ein Zeugnis auszustellen, aus dem die in den einzelnen Prüfungsbereichen erzielten Punkte und Noten hervorgehen müssen.

§ 6 Wiederholung der Prüfung

(1) Die Prüfung kann zweimal wiederholt werden.
(2) In der Wiederholungsprüfung ist der Teilnehmer auf Antrag von der Prüfung in einzelnen Prüfungsbereichen zu befreien, wenn seine Leistungen darin in einer vorangegangenen Prüfung ausgereicht haben und er sich innerhalb von zwei Jahren, gerechnet vom Tage der Beendigung des nicht bestandenen Prüfungsbereichs an, zu Wiederholungsprüfung anmeldet.

§ 7 Übergangsvorschrift

Die bis zum Inkrafttreten dieser Verordnung begonnenen Prüfungsverfahren können noch nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt werden.

§ 8 Inkrafttreten

Die Besonderen Rechtsvorschriften treten einen Tag nach Veröffentlichung in den Wirtschaftlichen Nachrichten am 2. November 2011 in Kraft.