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Azubis erzählen: Moudud wird Elektroniker

Moudud Nezami stammt aus Afghanistan und ist vor vier Jahren nach Deutschland gekommen. Schon als Kind wollte er mit Strom arbeiten – aber erst hier konnte er diesen Traum verwirklichen. Dank der Unterstützung der IHK Ulm durch das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus geförderte Projekt „Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Zugewanderte“ konnte der 23-Jährige vor drei Monaten seine Ausbildung als Elektroniker für Betriebstechnik bei der Firma Rampf Formen GmbH in Allmendingen beginnen. Hier erzählt er, wie es dazu gekommen ist und welche Schwierigkeiten er hatte – aber auch, was ihm hilft, diese Schwierigkeiten zu meistern.
„Eigentlich wollte ich schon als Kind in Afghanistan Elektroniker werden, aber leider gab es dort nicht die Möglichkeit dazu. Ich wohnte in einem Dorf, in dem wir keinen Strom hatten. Ein- oder zweimal im Monat sind wir drei Stunden auf einem Esel zum Einkaufen in die Stadt geritten. Da habe ich Strom gesehen, die Lichter, und das hat mich dort schon fasziniert. Irgendwann bin ich dann in den Iran gekommen, dort habe ich Fernseher und Computer gesehen – das hat mich interessiert, aber ich hatte immer noch nicht die Möglichkeit, das zu lernen.
Als ich dann vor fast vier Jahren nach Deutschland gekommen bin, habe ich im ersten Jahr keine Schule besucht und wusste gar nicht, was ich hier anfangen kann. Ich wusste nicht, dass man einen Beruf erst lernen muss. Aber in diesem ersten Jahr habe ich viel mitbekommen, auch, dass man hier in Deutschland viel tun muss. In meinem Heimatland war ich nie in der Schule, darum war ich dann zuerst im Alphabetisierungskurs, ich konnte nämlich weder lesen noch schreiben. Dort wurde ich oft gefragt: ‚Was willst Du werden?‘ – und meine Antwort war immer Elektroniker. Aber die Lehrer dort haben gesagt, dass ich das ohne Vorbildung nicht schaffe. Und trotzdem wollte ich auf jeden Fall Elektroniker werden. Dann hat sich das entwickelt, ich bin in die Schule gegangen und konnte meinen Abschluss machen - und es gab tatsächlich die Möglichkeit, dass ich Elektroniker werde.
Als ich die Zusage bekommen habe, dass ich meine Ausbildung anfangen kann… In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen, das war für mich wie eine andere Welt. Diese Nacht werde ich nie vergessen und ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Das war unvorstellbar, ich habe mich so gefreut. Die ersten Monate waren sogar noch besser, als ich mir vorgestellt habe. Ich fahre jeden Morgen 30 Minuten mit dem Fahrrad in die Arbeit – egal bei welchem Wetter, diesen Weg nehme ich gerne auf mich. Wenn ich in der Firma bin, und es zum Beispiel heißt, wir bauen Schalter an oder ab, dann bekomme ich irgendwie noch mehr Motivation und will mein Bestes geben. Das macht mir einfach richtig Spaß. Ich bin schon ein kleiner Schwabe geworden: Ich möchte mehr Zeit in der Arbeit bleiben als zuhause. Durch die Ausbildung fühle ich mich auf jeden Fall noch heimischer in Deutschland.
In der Ausbildung bei der Firma Rampf Formen GmbH in Allmendingen habe ich auch so viele nette Menschen kennengelernt, meine Kollegen, meinen Chef, das ist wunderbar. Sie unterstützen mich auch nach der Arbeit hundertprozentig. Und ich möchte ihnen zeigen, dass ich diesen Beruf wirklich haben möchte und froh bin über diese Chance. Ich arbeite gerne auch länger und bin nie der Erste, der nach Hause geht. Es ist schon nach zwei Monaten so gewesen, dass ich mich nicht mehr fremd fühlte. Das finde ich überraschend, wie schnell Freundschaften entstanden sind.
Viermal in der Woche gehe ich nach der Arbeit noch zur Nachhilfe. Die Berufsschule ist schwierig und echt nicht so einfach gerade, muss ich sagen. Auch am Wochenende bin ich richtig beschäftigt.
Zweimal gehe ich zu einem Nachhilfekurs, in dem noch acht andere Asylbewerber sind und wir unsere Fragen stellen können. Da wir aber so viele sind, habe ich manchmal nicht so viel Zeit, um alle meine Fragen stellen zu können. Deshalb bin ich gerade noch am überlegen, wie viel Geld mir übrigbleibt, um jemanden privat für ein paar Stunden die Woche zu bezahlen, damit ich noch ein bisschen weiterkomme. Das erste Jahr ist so wichtig, die Grundlage muss im Kopf sein, die muss ich richtig beherrschen: Das ist das A und O. Deshalb würde ich auf jeden Fall allen die Nachhilfe empfehlen. Es geht in der Berufsschule nicht allein. Andere, die die Wege bereits gegangen sind, können Sachen viel besser erklären und dann versteht man es auch viel schneller, als wenn man ein YouTube Video schaut oder allein lernt. Wenn ich allein bin, dauert es drei Stunden – wenn ich Hilfe habe, dann ist die Sache in zwanzig Minuten in meinem Kopf und das Thema für mich klar.
Außerdem habe ich noch andere Nachhilfekurse für Deutsch, aber die kriege ich zum Glück umsonst. Und auch bei der IHK gibt es nette Leute, die ich immer um Hilfe fragen kann.
Mein Tipp an andere Zugewanderte ist also, dass man wirklich durchhalten muss, wenn man ein Ziel hat. Ich habe von sechs Uhr morgens bis Mitternacht gelernt, als ich den Hauptschulabschluss gemacht habe. Und auch wenn die Berufsschule nicht einfach ist, habe ich gemerkt, dass es nicht mehr so schwer ist wie am Anfang. Es wird besser: Am Anfang habe ich Lesen und Schreiben gelernt, jetzt habe ich nur noch manchmal Probleme mit der Sprache. Aber ich bin mir sicher, dass diese Schwierigkeiten irgendwann auch aufhören, wenn ich jetzt durchhalte! Und das will ich auf jeden Fall, um weiter in meinem Traumberuf arbeiten zu können.“