Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Künstlersozialversicherung umstrukturieren

Positionen:
  • Unternehmen sollten nicht zur sozialen Absicherung für andere Unternehmer herangezogen werden. Der „Künstlerkatalog“ sollte daher unbedingt soweit ausgedünnt werden, bis er wieder dem bei der Entstehung des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) maßgeblichen Motiv entspricht. Während viele echte Künstler, wie Schauspieler, Theaterregisseure, Maler, Musiker, etc. sehr froh über die Existenz der Künstlersozialkasse sind, passt das System nicht für unternehmerisch tätige Webdesigner, Werbeagenturen, usw.

  • Die Pflicht zur Abgabezahlung für nicht versicherte Personen sollte abgeschafft werden; jeder der als „Künstler“ im Sinne des Gesetzes eine Zahlungspflicht an die Künstlersozialversicherung auslöst, muss auch als „Künstler“ anerkannt sein, wenn es um die Leistungen der Künstlersozialkasse geht.

  • Wenn der Gesetzgeber Unternehmen die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet, muss er die Voraussetzungen durch Definitionen aller relevanten Begriffe wie „Künstler“, „nicht nur gelegentliche Auftragsvergabe, „Verwerter“ verständlich und nachvollziehbar ausgestalten.

  • Eine regelmäßig anzupassende Bagatellgrenze für die Honorarsumme an Künstler und Publizisten, z.B. eine Honorargrenze von 300 Euro p.a. (d.h. derzeit maximal ca. 12 Euro Abgabe p.a.) sollte eingeführt werden.

  • Um kumulierte Belastungen zu verhindern, sollte die Abgabe nur auf den jeweiligen „Erstauftrag“ gezahlt werden, nicht auf jeder Stufe bei einer Kette von Unteraufträgen.

  • Die Versicherten sollten die Abgabe selbst einziehen und abführen.

  • Der Auftragnehmer und damit nach dem Gesetz Begünstigte sollte verpflichtet werden, auf die Abgabepflicht hinzuweisen.


Hintergrund:

Die Künstlersozialversicherung unterscheidet sich gravierend von anderen Sozialversicherungen. Typischerweise bietet die Arbeitgeberfunktion als soziale Klammer die Rechtfertigung für die Arbeitgeberbeiträge der Unternehmen, die sie in die Sozialversicherung einzahlen und die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unmittelbar zugute kommen. Bei der Künstlersozialversicherung reicht es in vielen Fällen schon aus, wenn selbständige Publizisten und Künstler mit Leistungen für das Unternehmen beauftragt werden. Bedauerlicherweise spielt es auch keine Rolle, ob der "Künstler" bei der Künstlersozialkasse versichert ist, d. h. es sind auch Beiträge für nicht versicherte Personen zu entrichten. Ob im konkreten Fall eine Pflicht zur Künstlersozialabgabe besteht, ist wegen der komplizierten Gesetzesformulierung und den zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen für Unternehmen nur schwer zu bestimmen. Darüber hinaus ist der Vollzug der gesetzlichen Pflichten für die Unternehmen mit hohem bürokratischem Aufwand und beträchtlichen Kosten verbunden.
Insbesondere bei Webdesignern, Werbefachleuten etc., die in Konkurrenz zu Gesellschaften wie GmbHs stehen, die identische Leistungen anbieten, wirkt sich die Künstlersozialversicherung als Wettbewerbsnachteil aus. Wird eine GmbH beauftragt, entstehen die Kosten für die Künstlersozialversicherung nicht.
Der mit dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht in Einklang stehende „Künstlerbegriff“ hat ein hohes Risiko gerade für kleine und mittlere Unternehmen zur Folge, die aus ihrer Sicht völlig überraschende gesetzliche Pflicht zu übersehen. KMUs gehen relevante Verträge in aller Regel nur selten ein und können sich spezialisierten Rechtsrat für nicht naheliegende gesetzliche Pflichten schon aus Kostengründen in der Regel nicht vorhalten.